HolgerXX
Fluglehrer
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Tja, so wird man reingelegt, siehe anderes Posting von heute, ich zumindest. Aber was, wenn Akteure des Zweiten Weltkriegs Behauptungen aufstellen, die mit einiger Sicherheit jenseits der Grenze des praktisch Möglichen angesiedelt sind?
Legen wir los mit einem "Geheimprojekt", dass es aber tatsächlich gegeben haben muss. Heinkel muss einen 90-Tonnen-Langstreckenbomber vorgeschlagen haben. Eine Bezeichnung ist nicht angegeben. Vor einiger Zeit habe ich mir endlich mal Werner Baumbachs "Zu spät?" besorgt. Die Seite 158 beginnt folgendermaßen: "Im Mai 1942 wurden folgende Projekte vorgelegt. Heinkel: 90 Tonnen Fluggewicht, 11000 km Flugstrecke, 5 t Nutzlast, 4,3 Tonnen Bewaffnung und Panzerung."
Bei Manfred Griehl, Luftwaffe over America, findet sich ein entsprechender Heinkel-Entwurf auf den Seiten 29 und 49, wobei Griehl wahrscheinlich von Baumbach abgepinnt hat.
Das Bundesarchiv bietet mit der Besprechung beim Generalluftzeugmeister vom 19.05.1942, RL 3/14, S. 528, die Aussage des Teilnehmers Friebel: "..., in direktem Flug die 15 000 km-Strecke nicht geschafft wird [gemeint sind andere Projekte], ebensowenig wie von Heinkel, die nur 10 bis 11,7 tkm schaffen." Ich denke, dass es sich hierbei um dasselbe Projekt handelt. Am ehesten käme noch eine Landflugzeugversion der He 220 in Frage. Oder das Flugboot selbst?
Im Buch von Joachim Fest: Der Untergang. Hitler und das Ende des Dritten Reichs, äußert Hitlers persönlicher Pilot Hans Baur auf Seite 116: "..., es stünden einsatzfähige Maschinen mit einer Reichweite von elftausend Kilometern bereit, um ihn [AH] in eines der arabischen Länder, Südamerika oder Japan zu fliegen." "Elftausend Kilometer" erinnern zum einen an das Heinkel-Projekt oben, zum anderen gab es eine, höchstens zwei Maschinen (Bauer redet von einer Mehrzahl), die eine solche Strecke vielleicht geschafft hätten, nämlich die Junkers Ju 390 V-1 und V-2, wobei nicht sicher ist, ob letztere überhaupt fertiggestellt wurde.
Laut Baumbachs Buch wurde er selbst vor kurz vor Kriegsende zu Himmler zitiert, der mit den Alliierten Verhandlungen führen will und meint, dafür Flugzeuge zu brauchen. Baumbach, damals Kommodore des KG 200, bescheidet ihm (S. 292): "Ich habe Flugzeuge und Flugboote ausgerüstet, um zu jedem Punkt der Erde zu fliegen."
ZU JEDEM PUNKT DER ERDE? Soweit Baumbach nicht eine Staffette von Maschinen auf geheimen, bis heute unbekannten Luftwaffenstützpunkten zur Verfügung hatte, was noch unwahrscheinlicher ist, bedeutet das, er hat (auch mehrere) Flugzeuge (verschiedener Bauart), die eine Strecke von 20.000 und mehr km schafften!
Die wahrscheinlichste Möglichkeit ist für mich die, dass Baur und Baumbach schlicht Unsinn erzählt haben. Baur hat eigene Memoiren vorgelegt. die sollte ich vielleicht mal lesen. Baumbach hatte wohl ein paar ungewöhnliche, weil von den Aliierten stammende, Maschinen in seinem berüchtigten KG. Aber sicher nichts, was seine Behauptung rechtfertigen würde. Warum setzt es dann so etwas in ein Nachkriegsbuch? Wollten Baur und Baumbach Hitler und Himmler aus ihren Schlupflöchern locken, und wenn ja, warum?
Vermutlich habt Ihr auch keine Antworten auf diese Fragen. Dennoch wäre ich für ein paar Kommentare dankbar.
Nebenbei, weiß jemand, warum die Lancaster mit Baumbach an Bord 1953 in den Rio de la Plata gecrasht ist? Ich meine irgendwo gelesen zu haben, Baumbach war nicht am Steuer gesessen, aber ich weiß nicht mehr, wo.
Danke für Antworten!
Grüße, Holger
Legen wir los mit einem "Geheimprojekt", dass es aber tatsächlich gegeben haben muss. Heinkel muss einen 90-Tonnen-Langstreckenbomber vorgeschlagen haben. Eine Bezeichnung ist nicht angegeben. Vor einiger Zeit habe ich mir endlich mal Werner Baumbachs "Zu spät?" besorgt. Die Seite 158 beginnt folgendermaßen: "Im Mai 1942 wurden folgende Projekte vorgelegt. Heinkel: 90 Tonnen Fluggewicht, 11000 km Flugstrecke, 5 t Nutzlast, 4,3 Tonnen Bewaffnung und Panzerung."
Bei Manfred Griehl, Luftwaffe over America, findet sich ein entsprechender Heinkel-Entwurf auf den Seiten 29 und 49, wobei Griehl wahrscheinlich von Baumbach abgepinnt hat.
Das Bundesarchiv bietet mit der Besprechung beim Generalluftzeugmeister vom 19.05.1942, RL 3/14, S. 528, die Aussage des Teilnehmers Friebel: "..., in direktem Flug die 15 000 km-Strecke nicht geschafft wird [gemeint sind andere Projekte], ebensowenig wie von Heinkel, die nur 10 bis 11,7 tkm schaffen." Ich denke, dass es sich hierbei um dasselbe Projekt handelt. Am ehesten käme noch eine Landflugzeugversion der He 220 in Frage. Oder das Flugboot selbst?
Im Buch von Joachim Fest: Der Untergang. Hitler und das Ende des Dritten Reichs, äußert Hitlers persönlicher Pilot Hans Baur auf Seite 116: "..., es stünden einsatzfähige Maschinen mit einer Reichweite von elftausend Kilometern bereit, um ihn [AH] in eines der arabischen Länder, Südamerika oder Japan zu fliegen." "Elftausend Kilometer" erinnern zum einen an das Heinkel-Projekt oben, zum anderen gab es eine, höchstens zwei Maschinen (Bauer redet von einer Mehrzahl), die eine solche Strecke vielleicht geschafft hätten, nämlich die Junkers Ju 390 V-1 und V-2, wobei nicht sicher ist, ob letztere überhaupt fertiggestellt wurde.
Laut Baumbachs Buch wurde er selbst vor kurz vor Kriegsende zu Himmler zitiert, der mit den Alliierten Verhandlungen führen will und meint, dafür Flugzeuge zu brauchen. Baumbach, damals Kommodore des KG 200, bescheidet ihm (S. 292): "Ich habe Flugzeuge und Flugboote ausgerüstet, um zu jedem Punkt der Erde zu fliegen."
ZU JEDEM PUNKT DER ERDE? Soweit Baumbach nicht eine Staffette von Maschinen auf geheimen, bis heute unbekannten Luftwaffenstützpunkten zur Verfügung hatte, was noch unwahrscheinlicher ist, bedeutet das, er hat (auch mehrere) Flugzeuge (verschiedener Bauart), die eine Strecke von 20.000 und mehr km schafften!
Die wahrscheinlichste Möglichkeit ist für mich die, dass Baur und Baumbach schlicht Unsinn erzählt haben. Baur hat eigene Memoiren vorgelegt. die sollte ich vielleicht mal lesen. Baumbach hatte wohl ein paar ungewöhnliche, weil von den Aliierten stammende, Maschinen in seinem berüchtigten KG. Aber sicher nichts, was seine Behauptung rechtfertigen würde. Warum setzt es dann so etwas in ein Nachkriegsbuch? Wollten Baur und Baumbach Hitler und Himmler aus ihren Schlupflöchern locken, und wenn ja, warum?
Vermutlich habt Ihr auch keine Antworten auf diese Fragen. Dennoch wäre ich für ein paar Kommentare dankbar.
Nebenbei, weiß jemand, warum die Lancaster mit Baumbach an Bord 1953 in den Rio de la Plata gecrasht ist? Ich meine irgendwo gelesen zu haben, Baumbach war nicht am Steuer gesessen, aber ich weiß nicht mehr, wo.
Danke für Antworten!
Grüße, Holger