...Ich dachte immer, daß Leistung, Oktanzahl und Klopffestigkeit nur bedingt im Verhältniss zueinander stehen. Die Klopfestigkeit wird vielmehr durch die Zusammensetzung ... bestimmt. Das Klopfen kann durch Zugabe von TEL (Blei-Tetra-Ethyl) weiter kontrolliert werden. ...
Deutsche Flugmotoren waren auch nicht für Leistungssteigerung mittels höheroktanigen Benzin hin konstruiert. Es war also nicht möglich oder nötig hoch-oktaniges Benzin (z.B. C3) in einem standard DB601A oder DB605A, der für normal-oktaniges Benzin (z.B. B4) ausgelegt war, zu verwenden. ...
Vielleicht sind für den einen oder anderen die Grundbegriffe interessant, damit man die Zusammenhänge besser verstehen kann.
Oktanzahl
Wenn sich in einem Benzinmotor das Gasgemisch vor dem eigentlichen Zündzeitpunkt entzündet, führt das zu einer unkontrollierten Verbrennung mit einem „unruhigem Motorenlaufgeräusch“ (= Klopfen, Klingeln). Das hört sich nicht nur „nicht gut“ an, sondern führt auch zu hohen Temperaturen und Drücken im Brennraum und höheren Belastungen der Bauteile. Die Selbstentzündung ist also bei Otto-Motoren (im Gegensatz zu Dieselmotoren) unerwünscht.
Die
Oktanzahl ist letztlich
ein Maß, das Auskunft
über die Klopffestigkeit gibt. Sie beschreibt den Widerstand des Kraftstoffes sich selbst zu entzünden. Bestimmt wird sie durch einen
Vergleich mit einer Mischung aus dem sehr klopffesten Isooktan (100 % Isooktan >>> Oktanzahl 100) und dem wenig klopffesten n-Heptan (100 % n-Heptan >>> Oktanzahl 0). Der Vergleich findet mit einem Prüfmotor statt. Je nachdem unter welchen (Motor-)Laufbedingungen gemessen wird, ergeben sich unterschiedliche Oktanzahlen für den gleichen Kraftstoff.
Beprüft wird dabei der
fertige Kraftstoff mit allen Zusätzen, insofern ist die Feststellung im obigen Zitat nicht zutreffend.
Kraftstoff und Leistungssteigerung im Motor
Bei gegeben Rahmenbedingungen (vorhandener Motor/Einbaugröße) gibt es vor allem zwei grundsätzliche Möglichkeiten zur Leistungssteigerung. Da es hier um die Bf 109 geht, ein paar Anmerkungen mit direktem Bezug:
Optimierung
Die eine Seite beschäftigt sich damit, den Verbrennungsvorgang zu optimieren und die Widerstände zu minimieren. Die Einflussmöglichkeiten auf die Verbrennung betreffen z. B. die Brennraumgestaltung (Form des Zylinderkopfes bzw. Kolbens), die Lage, Größe, Form, Öffnungscharakteristik der Ventile, die Lage und das Zerstäubungsverhalten der Einspritzdüsen usw.
Ein sehr wichtiger Aspekt ist auch die Berücksichtigung der Energie, die in den Abgasen steckt.
Wenn man davon ausgeht, dass nur etwa 30 % des Benzin-Energiegehalts tatsächlich an der Motorwelle abgegeben werden, sieht man, dass hier durchaus Potential vorhanden ist.
Höhere Energiezufuhr
Die naheliegende Lösung ist natürlich die Zufuhr von mehr Energie, da damit ja direkt mehr Energie abgegeben wird. Da für eine wirkungsvolle Verbrennung die Mischung aus Kraftstoff und Luft (Sauerstoff) stimmen muss (>> stöchometrisches Verhältnis), ist also ein Plus an Benzin und Luft notwendig.
1. Schritt: Vom Vergasermotor DB 600 auf den Einsprizermotor DB 601. Das Benzin-Luftgemisch kann durch gezielte Einspritz-Menge optimiert werden und die Klopfneigung gesenkt werden.
2. Schritt: Der Füllgrad des Zylinders mit Luft wird durch eine Aufladung (Kompressor) erhöht. Der Ladedruck wird beim DB 601 A bis 4500 m nahezu konstant gehalten. Nachteil des höheren Füllgrades ist der höhere Druck, der zu einer schnelleren Selbstentzündung des Gemisches führt >> Klopfneigung.
3. Schritt: Erhöhung des Hubraumes vom DB 601 (33,9 Liter) zum DB 605 (35,7 Liter). Mehr Hubraum = mehr Gemischfüllung = mehr Energie.
4. Schritt: Weitere Erhöhung der Verdichtung und da ist es wieder, das Klopfproblem.
5. Schritt: Leistungssteigerung durch Zusatzmittel (Lachgas, Methanol/Wasser). Gerade beim Einsatz von MW-30, MW-50 wird das Klopfproblem wieder mehr als deutlich. Das Methanol-Wassergemisch hat durch seine hohe Verdunstungsfähigkeit eine kühlende Wirkgung. Dadurch wird einerseits die erforderliche Verdichtungsarbeit verringert und andererseits dem bei höheren Temperaturen massiv auftretende Klopfprobelem begegnet.
Was sagt uns das nun?
Bei der Leistungssteigerung von Otto-Motoren stößt man immer wieder auf das Problem der vorzeitigen Gemischentzündung (Klopfen). Man kann durchaus konstruktiv am Motor etwas machen, aber eben auch auf der Kraftstoffseite.
Dabei ist es nicht so, dass ein B-Klasse Kraftstoff generell weniger Energiegehalt hatte, als ein C-Klasse Kraftstoff, vielmehr ist es eben die Klopffestigkeit, die den Unterschied macht.
Warum wird dann nicht generell ein Kraftstoff mit höherer Oktanzahl verwendet? Weil er aufwändiger in der Herstellung ist und damit teurer.
Der Motorenbauer muss sich also einerseits Gedanken machen, welcher Kraftstoff verfügbar ist und andererseits welchen er dringend für seine Auslegung braucht.
Den Entwicklern bei DB war durchaus klar, welche Kraftstoffe verfügbar waren und dass es einfacher war einen B4 zu bekommen als einen C3, allerdings waren manche Anforderungen halt anders nicht zu erfüllen.
Und die Leistungssteigerung mit GM und MW war -aufgrund der hohen mechanischen Beanspruchungen - ohnehin nur auf kurze Zeit begrenzt, so dass sie keine wirklichen Alternativen waren.
Übrigens ist der Einsatz von einem höheroktanigem Kraftstoff in einem Motor fast immer möglich, da es im Wesentlichen ja um die Klopffestigkeit geht. So konnte auch 2000 ohne größere Folgen das „Normalbenzin“ verboten werden, da die Motoren auch mit „Super-Benzin“ problemlos funktionieren. Das eigentliche Problem war der Wegfall des Bleizusatzes, der bei älteren Motoren zusätzlich für die Schmierung verwendet wurde...
Tut mir Leid, dass es nun so lang wurde, die Zusammenhänge lassen sich aber auch nicht viel mehr verkürzen.
Grüße, Klaus