Blindflug nach Rotterdam

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Dimona-Jockey

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An einen speziellen Flug nach Rotterdam und zurück in den Sechzigerjahren erinnere ich mich immer wieder gerne. Damals flog ich auch u.a. auf dem Flughafen Köln-Bonn, seinerzeit noch nicht auf dem heutigen Stand ausgebaut und ziemlich provinziell, aber mit einer fast familiären Atmosphäre.
Eines Tages schlenderte ich an einem Samstag bei sehr mässigem Wetter durch das kleine Abfertigungsgebäude, um noch einen Kaffee zu trinken.
Da kam mir zufällig ein Kollege aus unserer Flugsportgruppe entgegen. Er war neben seiner Haupttätigkeit als Controller bei der Flugsicherung auch IFR-Fluglehrer und besass sogar die Typenberechtigung für das zweistrahlige Verkehrsflugzeug "Caravelle".
Nach der üblichen halli-hallo Begrüssung kam er zur Sache. Er müsse gleich einen IFR-Prüfungsflug nach Rotterdam abnehmen und ich könne in der Cessna 172 mitkommen, wenn ich nichts anderes vorhätte. Natürlich hatte ich nichts anderes vor und der geplante Kaffee war sofort gecancelt.
Mit einem jüngeren Flugschüler und Berufspiloten-Anwärter auf dem linken Sitz, ich auf dem Rücksitz, nahmen wir in der Cessna Platz und rollten an den Start. Nach dem Abheben zog mein Kollege die Blindflughaube vor das Gesicht des Aspiranten, der nun nach Instrumenten zu fliegen hatte. Als wir kurz darauf in die Wolken eintauchten, wurde die Haube wieder hochgeschoben.
Wir stiegen in der undurchdringlichen Suppe auf Reisehöhe und gingen auf Kurs nach den Niederlanden. Arno auf dem rechten Sitz war der Prototyp eines Fluglehrers, wie man ihn sich wünscht: Bereits im gesetzteren Alter, ruhig, ja fast gemütlich, sehr kompetent und äusserst umgänglich. Er motzte nicht, wenn der Schüler einmal nicht wie erwartet reagierte sondern korrigierte ihn kollegial. Trotzdem bildeten sich nach einiger Zeit Schweisstropfen am Nacken des Aspiranten, was ich von hinten natürlich gut beobachten konnte.
Dann begannen wir schliesslich den Sinkflug auf Rotterdam. Die "Suppe", grau in grau, reichte fast bis nach unten. Da wurde es plötzlich heller und wir erkannten die hell beleuchtete Piste, allerdings links versetzt statt direkt vor uns. Prompt kam die Anweisung "go around". Volle Startleistung und kurz darauf verschwanden wir im Fehlanflugverfahren wieder in den Wolken. Nochmals etwa zehn Minuten grau in grau, durchstossen und da lag die Landebahn genau vor uns. Aufsetzen, abrollen zum Abstellplatz, dann einige Formalitäten erledigen und bald sassen wir vor dem Abfertigungsgebäude beim im Köln-Bonn gecancelten Kaffee. Irgendwie befiel mich ein fast peinliches Gefühl. Im zweiten Weltkrieg hatten unsere Heinkel-Bomber Rotterdam übel mitgespielt und die Stadt praktisch platt gemacht. Meine Generation hatte das allerdings nicht zu verantworten - aber trotzdem. Die Leute dort waren jedoch sehr freundlich und zuvorkommend - so lange lag das damals nun auch wieder nicht zurück............
Der Rückflug nach Köln-Bonn erfolgte bei einbrechender Dämmerung und bald umgab uns Dunkelheit. Durch die dünne Bewölkung konnten wir den rötlichen Schein der Hochofenfeuer über dem Ruhrgebiet beobachten. Nur jetzt kein Motorschaden, dachte ich.
Anflug auf Köln-Bonn. Ein beeindruckendes Lichtermeer überzog das Flughafengelände. Weisse, grüne, rote und blaue Lichter, so weit das Auge reichte. Mit unserem Schüler trainierten wir noch zwei Nachtlandungen mit anschliessendem Durchstarten. Dann rollten wir zum Abstellplatz und Fluglehrer Arno erteilte dem angehenden Berufspiloten den Segen der bestandenen Prüfung. Anschliessend Entspannung im Flughafenrestaurant bei Getränken und einem Gesicht des Schülers, das mehr als zufrieden wirkte.
 
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