Bodenresonanz

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Gelöschtes Mitglied 7691

Guest
Bodenresonanz und RC-Heli.. au ja, da hab ich auch so meine Erfahrungen

Wer damals einen guten alten Logo30 gescheucht hat, der kannte das.... nur um Himmels Willen niemals von befestigtem Untergrund starten - das Ding konnte man damit reproduzierbar vernichten (schütteln bis zum Tailstrike).
Richtig übel hats mich dann damit mal erwischt, als wir versucht haben, hier drin mal ein paar Messungen der Blattdynamik mittels Moirée-Technik zu machen, und den Heli etwas blauäugig festgespaxt hatten. Das ging haarscharf am Personenschaden vorbei. Heutzutage könnte ich mich für diese Naivität ohrfeigen, aber ich war jung und brauchte das Geld ääääh die Messergebnisse.
Das Problem war das unglaublich weiche Landewerk mit dem schmalen Plastikchassis. Man MUSSTE beim hochfahren mit mehreren Anregern (Drehfrequenz, Blattpassagefrequenz, Schwenkeigenfrequenz) durch die "roll"-Eigenfrequenz des Chassis durch.
Der Vorteil am RC-Heli-tpyischen Zweiblattrotor ist, dass es nur eine mögliche Eigenform der für die Bodenresonanz entscheidenden Schwenkbewegung gibt.

Leider lässt sich das Schwenkgelenksprinzip der Bell-Zweiblattrotoren (sprich: das Weglassen des Schwenkgelenks) nicht aufs Modell übernehmen, ohne gleich das besch... Flugverhalten mitzunehmen ;)
Im Zeitalter der Flybarless-Elektronik ist zudem ein niedriges VIbrationsniveau bei gleichzeitig möglichst schlagsteifem Rotorsystem von zunehmender Bedeutung, damit die 3D-Zappelei noch extremer werden kann.
Die Schwenkdämpfung ist beim üblichen Blattanschluss-Prinzip (einfache mechanische Reibung infolge der Flächenpressung im Blattgriff) ein echtes Lottospiel.
In Anbetracht dieser Defizite ist es verwunderlich, dass man nicht mehr allzu viel von Bodenresonanz-Problemen bei RC-helis mitbekommt.

Meine ersten Gedanken dazu waren aus physikalischer Sicht, Resonanzerscheinungen sind meist sehr schmalbandig, d.h. rigoros raus aus diesem recht engen Drehzahlband.
Das sind sie, aber nur solange die Amplitude recht klein ist. Überschreitet man mal eine Mindestamplitude (am Rotor), so wird der Vorgang stark nichtlinear und holt sich seine Anregung aus fast beliebigen Frequenzen - sieht man auch im Video deutlich, trotz einbrechender Drehzahl wachsen die Amplituden. Dazu kommt noch, dass die Zell- und Landewerkseigenfrequenzen mit zunehmender Schädigung auch abnehmen (sofern man einem Haufen Schrott noch Eigenfrequenzen zusprechen kann), da die Schrottstruktur weicher ist als die intakte. Das korreliert dann noch mit den abnehmenden Drehzahlen, und schüttelt schön weiter bis nichts mehr übrig ist.

Am cleversten ist als Gegenmaßnahme eine Änderung der "Einspannungs-Randbedingung" - sprich: Bodenkontakt ändern. Bei den "großen" bleibt dafür eigentlich nur das Abheben. Bei RC-Helis hat man auch die Option, den Heli mit reichlich Negaitvpitch auf den Boden zu pressen und damit die Landewerks-Eigenfrequenz anzuheben und etwas mehr Erdreich zur Dämpfung hinzuzuziehen. Aber vorsicht, es gibt durchaus Modelle mit genug Leistung um das Landewerk im Stand plattzudrücken.

Knüllerjournalismus am Rande: auf enigen Seiten (u.A. Web.de) haben die Experten das Video nachvertont... mit nem schönen UH-1-Rotorgeräusch. Reschbeggd!


gruß
a.p.
 
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mariob

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Hallo,
und danke für die weiteren Erklärungen Acanthurus, ergänzend sollte ich noch erwähnen, das ich, als ich das mit dem Drehzahlband schrieb den Begriff Bodenresonanz völlig anders interpretierte.
Ich war der irrigen Annahme, das es eine Wechselwirkung der mit den Blättern umlaufenden Druckwelle und dem Boden gibt, die soetwas anregt.

Gruß
Mario
 

Gelöschtes Mitglied 7691

Guest
Ich war der irrigen Annahme, das es eine Wechselwirkung der mit den Blättern umlaufenden Druckwelle und dem Boden gibt, die soetwas anregt.
Ganz stark vereinfacht:
Es ist eine Resonanzerscheinung zwischen der Schwenkbewegung der Rotorblätter (d.h. Auslenkung in der Rotorebene) und dem "Rest" des Hubschraubers.
Die "Wahrheit" sieht etwas komplexer aus (und das ist auch der Grund, warum man Bodenresonanz nicht 100% zuverlässig bei der Konstruktion kategorisch wegdesignen kann)
- Es gibt am Rotorsystem IMMER Kopplungen zwischen den einzelnen Freiheitsgraden (Sieht man auch im Video, da ist neben der Schwenkbewegung auch ein seltsames Schlagverhalten sichtbar)
- Je nach Anzahl der Rotorblätter gibt es unterschiedliche Eigenformen (Verformungsbilder) der relativen Rotorblattpositionen. Diese können ggf. auch unterschiedliche Eigenfrequenzen haben
- Die Struktureigenschaften des "mitschwingenden Gegenstücks", der Zelle sind nicht konstant. Ihre Bewegungsform hängt von der "Einspannrandbedingung" ab, dem Bodenkontakt - deswegen heißt das Bodenresonanz - kann aber auch seltener in der Luft passieren und heißt dann, richtig, Luftresonanz, auch Mischformen sind möglich, sieht dann z.b. aus wie wechselseitiges Tippeln auf den Kufen, bevor der Hubschrauber richtig auf dem Boden ist. Darüber hinaus ist die Zelle ein Feder-Masse-Schwinger. Die Masse variiert je nach Beladungs- und Betankungszustand, und somit ist auch die Zelleigenfrequenz (oder: die Eigenfrequenzen) nicht konstant / reein konstruktiv festgelegt.
Von der Designseite ist man angehalten, möglichst viel (und passend) Schwenkdämpfung einzubauen (bei gelenkigen Rotorsystemen fast immer über "richtige" Dämpfer). Zu viel Dämpfung ist aber auch wieder nix, weil dadurch das allgemeine Vibrationsniveau des Hubschraubers höher wird.
-Auch die Aerodynamik darf man nicht vergessen. Im Bodeneffekt ändert sich die spannweitige Auftriebsverteilung des Rotorblattes, und damit grundsätzlich auch die Interaktion der Strömung mit der Rotorstruktur, aber auch der Blattstruktur. Wie der Amtmann sauber beschreibt... oder wie's mal ein Kutscher mir gegenüber über die AS350 formuliert hat: "Im Bodeneffekt ist sie eine Sau".

Fazit (wie immer wenns um Hubschrauber geht): Es bleibt schwierig.

gruß
andi
 
1qay

1qay

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Hobart TAS-AU
23.06.2008 | Agusta A109K2, HB-XWJ | Samedan CH | Landeunfall Bodenresonanz

.
Hier noch ein Beispiel eines gerade eben veröffentlichten Unfallberichtes über die Agusta A109K2, HB-XWJ, 23. Juni 2008, der auch von der Bodenresonanz auf einem Spital-Dachlandeplatz überrascht wurde.


_ Flugverlauf Seite 9 [ Kapitel 1.1.3 ]
Schlussbericht Nr. 2122 der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle SUST schrieb:
Flugverlauf
Um 19:58 Uhr startete der Pilot mit dem Helikopter in Begleitung von zwei weiteren
Besatzungsmitgliedern, eines Rettungssanitäters und einer Ärztin, auf dem
Flugplatz Samedan in Richtung Helikopterlandeplatz des Spitals Samedan. Er
leitete nach dem Kontrollturm eine Linkskurve ein, folgte der Piste 03 und drehte
nach etwa 1,5 km nach Nordosten, um in einer weiten Linkskurve den Helikopterlandeplatz
des Spitals Samedan aus Richtung Nord zu erreichen. Der Pilot flog
den Landeplatz mit einem Anflugwinkel von 4 bis 5° an, baute die Geschwindigkeit
kontinuierlich ab und setzte dann um ca. 20:00 Uhr zur Landung an.
Der Pilot führte die Landung auf der Heliplattform mit Unterstützung des Stabilisierungssystems
(automatic flight control system – AFCS) durch.
Die Radbremsen waren bereits vor dem Start blockiert worden. Gemäss den
Aussagen des Piloten berührte der Helikopter die Heliplattform zuerst mit dem
linken und fast gleichzeitig mit dem rechten Hauptfahrwerk. Er liess dann das
Bugfahrwerk auf die Heliplattform nieder. In diesem Moment spürte er eine leichte
Bodenresonanz. Gemäss seinen Aussagen entschied er sich, den „collective“-
Hebel bestimmt, jedoch nicht brüsk, vollständig nach unten zu bewegen, um den
Auftrieb der Rotorblätter abzubauen.
Unverzüglich danach begann sich die Resonanz-Bewegung aufzuschaukeln und
wurde immer stärker. Die Bewegung erfolgte gleichzeitig um die Hochachse
(yaw) und um die Längsachse (roll). Mit Mühe konnte der Pilot beide Leistungshebel,
welche sich in der Mitte der Cockpitdecke über dem Piloten befinden, ergreifen
und zurückziehen, um so die Triebwerke abzustellen. Dann ergriff er wieder
den „collective“. Während der ganzen Phase nach dem Aufsetzen hielt er mit
der rechten Hand den „cyclic“ (Steuerknüppel).

Von der Ärztin auf dem hinteren Sitz, welche eine Einsatzerfahrung von mindestens
100 Einsätzen auf dem Helikopter A109K2 aufwies, wurde die Phase des
Unfallgeschehens wie folgt geschildert:
„(…) Ich fühlte, dass die beiden Räder des Hauptfahrwerkes eines nach dem andern
aufsetzten. So habe ich es als normal eingeschätzt. Normalerweise ist es
anschliessend ruhig und das Triebwerk wird abgestellt. In diesem Fall haben
aber kurz nach dem ersten Aufsetzen der Räder ein ungewohntes Geräusch und
eine ungewohnte Bewegung begonnen. Das Geräusch war sehr laut und mit einer
kontinuierlichen Frequenz. Es wurde immer lauter und der Helikopter begann
um die Längsachse zu schaukeln. Ich sah die beiden Crewmembers [Pilot und
Rettungssanitäter, Anmerkung UL] hin und her schaukeln. Anschliessend begann
der Helikopter praktisch zu hopsen (tanzen). Nach einer gewissen Zeit konnte
dann der Pilot langsam die Arme heben und die Triebwerke ausschalten.“
Im Weiteren machte die Ärztin zur Landephase und den Wahrnehmungen nach
dem Aufsetzen folgende Aussagen:
„(…) Nach meiner Meinung hat er zuerst links und dann rechts aufgesetzt. Das
Geräusch beim ersten Kontakt war lauter als normal aber ich fühlte den Kontakt
mit der Plattform überhaupt nicht als ungewöhnlich oder hart. Das Geräusch war
kurz eher dumpf (Bumm). Erst danach begannen die Vibration und der Lärm wie
oben beschrieben. Nachdem das Triebwerk ausgeschaltet war sind wir sofort
ausgestiegen. Dabei stand der Rotor still. Der Rotor stand aus meiner Sicht
schneller still als normal.“
Die Aussagen des Rettungssanitäters decken sich mit denen der Ärztin.
Nach dem Aussteigen stellten der Pilot und die beiden weiteren Besatzungsmitglieder
einen grossen Schaden am Helikopter und Schäden an der Heliplattform
des Helikopterlandeplatzes fest. Augenfällig waren ein zerstörtes Rotorblatt sowie
das stark beschädigte Fahrwerk. Die beiden Hauptfahrwerke waren eingeknickt.
Der Helikopter befand sich am äusseren Rand des Landeplatzes und das
Heck ragte ca. 1 m über die Gebäudefassade hinaus. Die Gitterroste der Heliplattform
waren im Bereich der Landezone teilweise aus ihren Befestigungen
herausgelöst und verschoben.

Ein Augenzeuge (Helikoptermechaniker) beobachtete den Landeanflug und die
anschliessende Landung aus etwa 150 m Entfernung vor seinem Haus. Er beobachtete,
wie der Pilot den Helikopter vor der Landung normal abbremste und
vertikal auf die Plattform, zuerst mit dem Hauptfahrwerk und anschliessend mit
dem Bugfahrwerk, fein absetzte. Als alle drei Räder Bodenkontakt hatten, stellte
er fest, wie der Helikopter sehr schnell und lateral zu schwingen begann. Die laterale
Schwingung war sehr stark und verstärkte sich, bis das Hauptfahrwerk
einbrach. Zu diesem Zeitpunkt hörte der Augenzeuge, wie der Pilot beide Triebwerke
gleichzeitig abstellte und es einen lauten Knall gab. Dabei stellte er auch
fest, wie ein dunkler Gegenstand mit hoher Geschwindigkeit in seine Richtung
geflogen kam. Er hörte ein Zischen, als der Gegenstand vorbei flog. Dieser Gegenstand
war ein Schwenkdämpfer des Unfallhelikopters. Der Schwenkdämpfer
konnte noch am Unfalltag im Dachstock seines Hauses aufgefunden werden.
Die Kantonspolizei Graubünden sowie die Feuerwehr trafen um ca. 20:20 Uhr
am Unfallort ein.
_ Angaben über die Unfallstelle mit einem Bild der Endlage des Helis Seite 23 [ Kapitel 1.12 ]

_ Schlussfolgerungen mit Befunde ab Seite 41 [ Kapitel 3.1 ]

_ Ursache Seite 42 [ Kapitel 3.2 ]:
Ursache
Der Unfall ist auf eine Bodenresonanz bei der Landung des Helikopters auf der
Heliplattform eines Helikopterlandeplatzes zurückzuführen, weil deren Konstruktion
nicht fachgerecht ausgelegt worden war.
Der mangelhafte technische Zustand des Autopilot-Systems könnte zum Unfall
beigetragen haben.
.
 
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