Ein neuer Monat mit neuen literarischen Ergüssen! Klingt diesesmal zwar eher wie das Wort zum Sonntag, aber das darf ja auch mal sein! Nächstes Mal wird's dann wieder "lustiger"...
PR ist alles – oder was man sagt und was man tut
Modellbau – es gibt wohl wenige andere Hobbybegriffe, die unter einem Wort so viel Verschiedenes verstehen lassen. Egal ob Modellbahn, RC-Modellbau oder unser Plastikmodellbau, alles gehört dazu! Aber was ist Modellbau für die Allgemeinheit, für die Öffentlichkeit aus der der Nachwuchs und Zufluss kommen soll? Niemand wird sich dagegen aussprechen können, die Modellbahn als das PR-Zugpferd des Modellbaus schlechthin zu bezeichnen.
Die Modellbahn ist kinder- und erwachsenenfreundlich zugleich. Da bewegt sich was und das Aufbauen einer Anlage ist wie geschaffen für regelrechtes Familienteamwork bei dem jeder mitmachen kann; sogar die Verwandtschaft ist beim alljährlichen Weihnachtsbesuch darauf gespannt, die Fortschritte eines Jahres auf dem Dachboden oder im Keller begutachten zu können.
Ähnlich der RC-Modellbau. Hier ist Action angesagt, und egal ob Rennwagen, Trucks, Schiffe oder Flugzeuge und Hubschrauber, für jeden Geschmack und vor allem jeden Geldbeutel ist etwas dabei.
Und der Plastikmodellbau? Klein, ganz klein sitzen sie eingekesselt zwischen blinkenden Fernlenktrucks und schnaufenden Dampflokomotiven, die Handvoll Plastikjünger, die auf der lokalen Modellbaumesse die Fahne von Revell & Co hochhalten. Hin und wieder bleibt ein Vater mit seinem Sohn vor der kunstvoll arrangierten Kriegsmaschinerie stehen. Er mit einem 300 EUR H0-Dampflokschnäppchen und sein Sohn mit einem 10 EUR teuren Alibi-Bausatz in der Tüte. „Also so sieht das aus, wenn ich das fertige habe.“ denkt sich Letzterer da noch und schaut stolz auf die noch ungeöffnete blaue Pappschachtel bevor er von seinem alten Herrn an der Hand weitergezogen wird.
Klingt böse? Ist aber so! Der Plastikmodellbau steht und stand schon immer im Schatten der öffentlichkeitswirksameren Modellbausparten. Teils nicht ernst genommen und als Spielzeug für Zehn- bis Sechzehnjährige abgestempelt, teils mit weitaus schwerwiegenderen Vorurteilen belastet sollte der Plastikmodellbau jede sich ihm bietende Gelegenheit nutzen, diesem Plakatismus „freundlich aber bestimmt“ entgegenzutreten. Damit ist allerdings weder Konfrontation noch „Verständniswerbung“ gemeint, da besonders letzteres schnell auf bloße Toleranz hinauslaufen würde.
Immer häufiger sieht man so z.B. (Militär) Modellbauer, die auf Ausstellungen rein prophylaktisch Hinweisschilder aufstellen, auf denen sie in 10 Schritten erklären, dass sie keine Militaristen, sondern nur harmlose geschichts- und technikinteressierte Modellbauer sind, die auch ihre Daseinsberechtigung haben. Solche und andere „Existenz-Entschuldigungen“ sprechen leider nicht gerade für ein gesundes Selbstverständnis der Plastikmodellbauszene, welches aber unbedingt von Nöten ist, um sich in der Öffentlichkeit positiv präsentieren zu können.
Andererseits muss aber auch die Frage erlaubt sein, ob es gerade im Sinne des Modellbaus nicht manchmal vorteilhafter wäre, auf das letzte Quäntchen Authentizität in Form von z.B. Hakenkreuzen zu verzichten, anstatt öffentliche Missverständnisse mit höchstrichterlichen Urteilssprüchen begegnen zu wollen. Unklare Gesetzeslagen mögen dadurch beseitigt werden, die breite öffentliche Stellungnahme zu diesem Thema wird sich dadurch aber kaum ändern lassen. Letztendlich wird wohl kein engagierter Modellbauer ein top gebautes Modell nur deswegen verreißen, weil die Sonderzeichen absichtlich „vergessen“ worden sind um Komplikationen mit einem unbedarften Publikum zu vermeiden.
Aktionen wie z.B. der jüngste FFMC-Gruppenbau zum Thema „Zivile Sport- und Reiseflugzeuge“ können hingegen helfen, ein etwaiges Negativ-Image langfristig abzubauen bzw. erst gar nicht aufkommen zu lassen. Schon ein paar wenige zivile Objekte lassen eine eigentlich rein militärisch (egal ob Fahrzeug, Schiff oder Flugzeug) ausgerichtete Sammlung für den unbedarften Besucher in einem ganz anderen Licht erscheinen, als wenn diese auch noch mit Weltkriegsorden und Flaggen garniert ist.
Zugegeben, aus historischer Sicht macht dies wenig Sinn, aber die wenigsten Nicht-Modellbauer werden eine Plastikmodellbauausstellung mit dieser wohlbekannten „Museums-Einsstellung“ betreten, die viel zum Ver- oder eben Missverständnis des Gezeigten beiträgt.
Wie unlängst bravourös unter Beweis gestellt sind Messen und Ausstellungen aber nur ein Teil der zu leistenden Öffentlichkeitsarbeit. Anfang des letzten Monats schenkte der TV-Sender Kabel 1 unserem Hobby quasi 15 Minuten Werbezeit in der fachlich und ohne die von manchem befürchteten ironischen Seitenhiebe der „andere“ aus dem Kinderzimmer entwachsene Plastikmodellbau vorgestellt wurde. Dass manchem das dort gegebene Anti-Massenvernichtungswaffen-Statement bitter aufstieß erscheint aus modellbautechnischer Sicht verständlich, gerade da ein paar Bilder später das Modell eines B-58 Atombombers ganz ohne Kommentar gezeigt wurde. Und ob Enola Gay oder A-10 Thunderbolt, beide wurden zum Töten konstruiert. Allein die Dimension scheint Letztere moralisch „erträglicher“ zu machen. Es geht also nicht darum, was wir bauen, sonder warum wir es bauen! Nur dies einem durch alle Bevölkerungsschichten gehenden Kabel 1 Publikum kurz vor dem Schlafengehen klar zu machen, dafür bedürfte es wohl mehr als 15 Minuten. Aus PR-Gesichtspunkten war dieses Statement daher die einzig vernünftige Reaktion auf die unvermeidliche Frage nach dem Zusammenhang zwischen Modellbau und Militarismus.
Ein gewisses öffentliches Interesse scheint somit gegeben, ansonsten wäre in meiner 50.000 Seelen-Stadt wohl kaum ein VHS-Kurs zum Thema Plastikmodellbau zustande gekommen.
Es bewegt sich also etwas, und das nicht nur bei Modellbahn und RC-Fliegern. Und dass das so bleibt sollte im Interesse eines Jeden liegen...
Bernd Korte