Ein paar Anmerkungen:
Der wirtschaftliche Werdegang der Concorde sollte auch nicht aus dem historischen Kontext gerissen werden.
Zum Zeitpunkt des Entwicklungsbeginns hatten beide Herstellernationen ursprünglich unterschiedliche Vorstellungen. Die Franzosen wollten eine schnellere Caravelle (zu diesem Zeitpunkt noch Cutting Edge, bevor Andere mit der Tu-134, DC-9 und BAC 1-11 gleichzogen und überholten), während die Briten eher etwas für den Überseemarkt suchten. Das Flugzeug war von Beginn an ein politischer Kompromiss und gewissermaßen (wie auch die Trident oder die Mercure) ein Opfer ihrer Optimierung hin zu den Streckennetzplänen ihrer Launch-Customer. Das waren Air France und B.O.A.C. als jeweilige Flag Carrier.
Als das Flugzeug dann in die Nähe der Marktreife kam*, hatte sich geopolitisch und gesellschaftlich einiges getan. Gesellschaftlich waren die ersten, zarten Entwicklungen der Umweltschutzbewegungen angebrochen und man fragte sich ob der allgemein zunehmende Jet-Lärm wirklich sein musste.
Vergessen wir nicht: Der urstprüngliche straight-pipe Jet-Lärm war auch nicht deutlich besser als ein Nachbrennerstart der Concorde.
Geopolitisch sahen sich die einstigen Kolonialreiche mit zunehmenden Problemen konfrontiert, den Überschalluftverkehr über früherem Kolonialgebiet den jetzt unabhängigen Nationen verkaufen zu können. Die Inder waren beispielsweise von den Streckenplänen der B.O.A.C. not amused und verweigerten frühzeitig den supersonischen Überflug.
Peu a peu setzen sich diese Entwicklungen fort - auch die USA wollten anfangs den Verkehr der Concorde komplett unterbinden. Zu diesem Zeitpunkt waren allerdings die Atlantikrouten mit die letzten Strecken, auf denen die Concorde überhaupt eingesetzt werden konnte - einerseits aufgrund der Geographie mit einem großen Überwassersektor und andererseits aufgrund der maximal verfügbaren Payload-Range Performance. Und das bei relativ marginalen Margen.
Der Ölpreisschock war ein anderer Faktor zugunsten von langsameren Widebodies auf prestigeträchtigen Strecken.
Concorde verballerte beim Taxi-Out auf 15min bereits 1t an Treibstoff. Das subsonische Segment aus LHR bis zum Bristol-Channel kostete annähernd 25% des gesamten Trip-Fuels für die Strecke nach JFK. Die Concorde funktionierte nicht zuletzt aufgrund der geringen Flottengröße: Die höchste Dichte an Concorde-Flugbewegungen fand in JFK statt. Bei der noch überscheubaren Flottengröße konnte bei Ankunft und Abflug Priorisierung gegenüber dem restlichen Verkehr gewährt werden. Man stelle sich JFK bei einer angenommenen Zahl von 50 Concorde-Flugbewegungen gegenüber 3-6 Flugbewegungen vor. Da wäre es eng am Himmel geworden!
Noch ein Wort zum Einsatzspektrum: Ab Line-Number 17 (also dem ersten, nichtmehr gebauten Flugzeug) sollte es eine Reihe von Verbesserungen geben:
Leading Edge Droops für eine deutlich gesteigerte Gleitzahl im Langsamflugbereich, eine etwas erhöhte Treibstoffkapazität und auch ein verbessertes Olympus-Triebwerk mit 25% mehr Trockenschub und einem vollständigen Verzicht auf Nachbrennernutzung. Man versprach sich etwa 500nm mehr reale Reichweite daurch diese Maßnahmen.
Das Flugzeug wurde nie gebaut und der theoretisch erzielbare Erfolg bleibt debattierbar. Schlussendlich war Concorde auch nur ein Prestigeflugzeug, wie es seinerzeit die 747 war: Schnell stieß so manche Airliene die 747 wieder ab und besorgte sich mit DC-10-30 oder der L-1011 passendere Muster für das Streckenportfolio.
Nicht zuletzt Pan Am hat sich mit der 747 ein finanzielles Grab geschaufelt. Aber das ist eine andere Geschichte.
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* Es gibt auf PPRUNE einen über 100-seitigen Thread, in dem Flugtestingenieure und Designingenieure der Concore aus dem Nähkästchen plaudern. Mit etwas Zeit zur Hand äußerst interessant zu lesen: