Darum wurden Me 261 und 264 nicht gebaut!

Diskutiere Darum wurden Me 261 und 264 nicht gebaut! im WK I & WK II Forum im Bereich Geschichte der Fliegerei; Moin! Um die Bewertung bezüglich der Startstrecke einordnen zu können ... hat denn die Me 264 in der 4motorigen Version mal so etwas wie...
HoHun

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Moin!

Ein Ausschnitt aus der GL-Besprechung vom 24. April 1943:

Um die Bewertung bezüglich der Startstrecke einordnen zu können ... hat denn die Me 264 in der 4motorigen Version mal so etwas wie festgelegte Eigenschaften hat?

Ich habe mal ein bißchen im Internet gesucht, und es scheint da zwischen dem 38,8-m-Flügel, dem 43-m-Flügel und der 6motorigen Version mit 175-m^2-Flügel immer lustig durcheinanderzugehen. (Für die 43-m-Flügel habe ich eine Angabe von 127,7 m^2 gefunden, der 38,8-m-Flügel hatte wohl 124,1 m^2, was oft auf 125 m^2 aufgerundet wurde.)

Die V-1 ist wohl mit dem 38,8-m-Flügel gebaut worden und war mit Jumo 211 motorisiert.

Für die (hypothetische?) Version mit DB 603 habe ich eine Gewichtsaufstellung gefunden:

18089 kg Leergewicht
2240 kg Crew und feste Bewaffnungsanteile (Bordwaffen, Bombenschlösser)
1000 kg Bordwaffenmunition
14000 kg Bombenlast
14071 kg Treibstoff
800 kg Öl
50200 kg Abfluggewicht

Die Reichweite mit 14 t Bombenlast sollte nach dem gleichen Übersichtsblatt, das keine Primärquelle, sondern ein Scan aus irgendeinem englischsprachigen Buch ist, 8150 km betragen haben. Die Startstrecke wäre demnach 2050 m ohne Starthilfe, 1320 m mit 4 x "1000 kg" Starthilferaketen. Mit 8 t Bombenlast wäre die Reichweite 11500 km.

Aus dem Fragment eines anderen englischsprachigen Dokuments (wohl ein zeitgenössischer Aufklärungsbericht) geht hervor, daß die Version mit 4 x BMW 801 TM 6080 Gallonen Treibstoff an Bord und eine Reihweite von 6210 km haben sollte. (Ob US oder Imperial Gallons ist unklar ... 14 t B4-Treibstoff wären etwa 5000 US Gallons oder 4150 Imperial Gallons.)

Insgesamt alles ziemlich unübersichtlich. Ich frage mich wirklich, wo die Leute alle ihre Zahlen herhaben - die passen teils wirklich schlecht zusammen oder lassen Fragen offen, z. B. ob bei 8 t Bombenlast die zu den maximal möglichen 14 t fehlenden 6 t dann bei gleichbleibenden Abfluggewicht in Form von zusätzlichen Treibstoff mitgenommen werden können, oder ob die Tanks mit 14 t dann schon voll sind.

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
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Deutschland hatte nun mal keine strategische Bomberwaffe, wenn man mal von den wenigen He 177 absieht.
Was hätten da ein paar Me 264 geändert ? Mal abgesehen von Pearl Harbour ist in den USA keine Fensterscheibe kaputt gegangen.
 
dhc-4

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Mal abgesehen von Pearl Harbour ist in den USA keine Fensterscheibe kaputt gegangen.
naja , ganz so wars auch wieder nicht.

 
Bleiente

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.... Mal abgesehen von Pearl Harbour ist in den USA keine Fensterscheibe kaputt gegangen.
Das ist mal so ganz im allgemeinen gesagt durchaus richtig, im Verhältnis zu dem Bombenkrieg der an anderen Stellen passierte.
Die Fu-Go Ballon wurden ja schon genannt Ballonbombe – Wikipedia und was Japan durchaus gelang war die Besetzung von US-Amerikanischen Territoriums auf dem nordamerikanischen Kontinent. Wenn auch hier trefflich zu streiten wäre ob deren Auswirkungen und Bedeutungen.
 
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40 Stunden Flug nach New York, um 3 Tonnen Bomben abzuladen - wer denkt sich sowas aus ??
Da ist noch nicht mal gegnerische Jagdfliegerabwehr kalkuliert.

Das schafft eine B-26 von England nach Deutschland auch.
 

Ta152

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Die Grundidee einige Luftangriffe gegen die USA zu fliegen war schon gut. Man muß sich nur anschauen welche eine Panik man in den USA 1941/42 hatte, siehe z.B. hier: Battle of Los Angeles. Bei abwägung der verfügbaren Recourcen war aber klar das das ganze nicht wirklich sinvoll war.

Interessant ist ja das die USA in der gleichen Zeit auch einen Bomber mit der gleichen Aufgabe entwickelt haben. Die B-36. Mit der wollte man Deutschland Bombardieren wenn Großbritannien von Deutschland erobert wird. Wenn man B-36 mit der Me 264 vergleicht sieht man aber schon die Unterschiede.
 
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Panik ist schon richtig. Aber nicht ein einziges japanisches Flugzeug ist über L.A. gewesen.
 

Ta152

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Panik ist schon richtig. Aber nicht ein einziges japanisches Flugzeug ist über L.A. gewesen.
Ja ich weiß. Gerade deswegen, was wäre erst los gewesen wenn wirklich feindliche Flugzeuge über Amerikanischen Städten gewesen wären. Die Panik hätte dafür das einige 100 wenn nicht 1000 Jäger nicht mehr in Europa oder dem Pazifik stationiert gewesen wären sondern in den USA. Aber spätestens zu dem Zeitpunkt wäre auch schluß den Angriffen gewesen...
 
HoHun

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Moin!

Hier eine vernichtende Stellungnahme zur 264, verfasst vom KdE bzw. der E-Stelle Rechlin, für mich eine der letzten vernünftig agierenden Einrichtungen in der nun von NS-Rüstungsbürokraten beherrschten Luftrüstung:

Hier mal ein Vergleich der Me 264 mit der B-29:

B-29​
Me 264​
Einheit
Maximales Startgewicht
63504​
50000​
kg
Spannweite
43,04​
38,8​
m
Streckung
11,5​
12,0​
[1]
Tragflächeninhalt
161,3​
125​
m^2
Flächenbelastung
394​
400​
kg/m^2
Startleistung
8800​
7400​
PS
Leistungsbelastung
7,2​
6,8​
kg/PS
Treibstoffkapazität
21088​
21840​
kg
Treibstoffanteil
33%​
44%​
[1]
Bombenlast
4536​
???​
kg
Einsatzradius
3180​
???​
km
Startrollstrecke (Meereshöhe)
1594​
???​
m

Die Daten für die B-29A stammen aus dem Standard Aircraft Characteristics Sheet der USAF, Stand 11.6.1952. Für die Me 264 habe ich mir die Daten etwas spekulativ aus dem Netz zusammengesammelt und die Motorisierung mit BMW 801D angenommen. Nicht perfekt, aber wahrscheinlich nahe dran. Die 50 t Startgewicht sind vielleicht nicht streng "maximal", aber sicher schon ein hoher Wert, der sich zum Vergleich mit der B-29A gut eignet.

Die Me 264 ist zwar etwa 20 % kleiner und leichter als die B-29, liegt aber bei den von mir aufgelisteten üblichen Kennzahlen dicht bei ihrem amerikanischen Gegenstück. Bei ziemlich ähnlicher Flächen- und Leistungsbelastung und ähnlicher Auftriebshilfe sollte die Me 264 etwa die gleichen Startstrecken benötigen wie die B-29. (Die Leistungsbelastung ist bei der Me 264 sogar etwas niedriger, dafür sind aber die Propeller auch etwas kleiner, was einen etwas niedrigeren Propellerwirkungsgrad bei niedrigen Geschwindigkeiten mit sich bringt.)

Der einzige nennenswerte Unterschied in dieser Gegenüberstellung ist der um ein Drittel größere Treibstoffanteil der Me 264, der einen Reichweitenvorteil in ähnlicher Größenordnung bedeuten könnte. Allerdings kenne ich die Bombenlast der Me 264 bei voller Treibstoffzuladung nicht. (Die 4500 kg der B-29A sind mit vollen Tanks möglich, bei weniger Treibstoff geht noch mehr.) Als Hintergrund: Der R-3350 ist zumindest im Vergleich mit anderen amerikanischen Motoren wie z. B. dem R-2800 ein relativ sparsamer Motor - dafür hat der BMW 801 eine Direkteinspritzung, die ihn ebenfalls zu einem relativ sparsamen Motor macht, ich habe noch nicht geprüft, wie das im Reiseflug aussieht, der ja die Reichweite bestimmt.

Nehmen wir einfach mal einen Einsatzradius von 4000 km an (1/3 mehr als die ca. 3000 km der B-29A) ... Bordeaux-Merignac nach New York JFK wären ca. 5800 km, das würde also nicht annähernd für einen interkontinentalen Einsatz reichen. Keine Überraschung, auch die B-29 war ja kein Interkontinentalbomber.

Die Frage ist jetzt: Was hätte Rechlin zu einer B-29 gesagt? Mal abgesehen von der "viel zu geringen Bewaffnung", die man der B-29 nicht hätte vorwerfen können und die vielleicht den geringeren Treibstoffanteil gegenüber die Me 264 erklärt, hätten die Rechliner Kritikpunkte genauso für die B-29 gegolten, wenn Messerschmitt mit deren Plänen und einem Prototypen aufgewartet hätte. Und von der B-29 wissen wir, daß sie ein sehr erfolgreiche Konstruktion war :-)

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
Junkers-Peter

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Hast du dir ja viel Mühe gegeben mit dem Vergleich. Sehr interessant und natürlich auch sehr spekulativ. Grundsätzlich wäre ich aber bei Leistungsangaben von Messerschmitt eher zurückhaltend. Kenne mich mit der B-29 nicht aus, aber Holger Lorenz vergleicht die irgendwo mit der Ju 288 und da kommt die Boing nicht allzu gut weg. Fazit was in der Art: Viel zu viel Material und Aufwand für zu wenig Bombenlast.

Wie man dem Titel des Rechliner Dokuments entnehmen kann, ist es eine Einschätzung "auf Grund der derzeitigen Erprobungslage". Was Mitte 1944 bei Messerschmitt geflogen ist, war eine fliegende Attrappe, die noch sehr weit vom Serienflugzeug entfernt war. Und es darf stark bezweifelt werden, ob sie jemals diesen Serienstand erreicht hätte und wenn, wäre der Einsatz durch die langen Startstrecken stark eingeschränkt gewesen. Nicht zu reden von den vollkommen ungelösten Serienbaufragen.

Messerschmitt war aber mit der Me 264 nicht zufrieden, sondern plante für die Zukunft einen "Schleppzug" aus zwei Me 264 zur Reichweitensteigerung. Eine 264 war das Reichweitenflugzeug und die andere der Tanker. Bombenlast etwa 5 t, Reichweite 28000 km. (Beim Schleppzug aus zwei P 1075/5 36000 km Reichweite. Quasi: Einmal um die gahanze Welt. :biggrin: ) Auch wurde eine 264 mit vier BMW 801 und zwei BMW 018-Strahltriebwerken untersucht, ebenso DB 603 und Jumo 222, und ein weiteres Bomberprojekt P 1075/5 war mit sechs DB 614 und einem Startgewicht von 97 t geplant.
(Quelle: Mtt./Projektbüro: Verfahren zur Reichweitensteigerung von Flugzeugen - durchgeführt an Me 264 und P 1075/5)
 
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Hallo,

die von Junkers-Peter eingestellten Dokumente interpretiere ich so: In jedem der Texte findet sich der Hinweis auf "Überlastung der Firma Messerschmitt", "Jägerwerk", "Konstrukteur-Forderungen nicht gedeckt", "Vordringliche Fertigung Me 262". Die gegen die Maschine selbst vorgebrachten Einwände wirken da irgendwie etwas künstlich, da man ja durch geänderte Motorisierung oder Fächenvergrößerung das Teil hätte weiterentwickeln können - schließlich handelte es sich um einen Prototypen. Wenn man dann noch bedenkt, dass ja die Ta 400 wie die He 274 auch nur in Frankreich - das heißt nachrangig - entwickelt wurde, würde ich schlussfolgern, dass das Milch die Fernbomber eigentlich abtöten wollte. Er hat die Aussichtslosigkeit, im Krieg gegen den industriell überlegenen Gegner strategische Bomber herauszubringen, völlig eingesehen, musste sich aber gegen Göring und Hitler irgendwie durchlavieren. Also hat er die dicken Dinger sozusagen aus politische Gründen im Programm gelassen - seht her, wir entwickeln Fernbomber - in Wahrheit aber nur das absolute Minimum an Kapazität bereitgestellt. Der Hinweis auf die Me 262 ist hier entscheidend.

Rainer
 
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Aber bitte die Zeitschiene beachten. Zum Zeitpunkt des Rechliner Berichtes gab es keinen Milch mehr in der Luftrüstung. Da hatte der Rüstungsstab und das RMfRuK von Speer übernommen. Und auch in der Zeit des Rüstungsstabes ab Frühjahr 1944 war die Me 264 nicht gestrichen worden. Noch am 30.08.44 schreibt der Rüstungsstab: "Me 264 ist mit aller Beschleunigung und Dringlichkeit (I SS 4940) unter Ansatz wirklich aktiver industrieller Kräfte zu bauen." SS war glaube ich sogar der höchste Dringlichkeitsgrad, und "für termingerechte Ausbringung Me 264 werden 200 Vorrichtungsbauer sofort benötigt" (02.09.44), um am 06.09.44 zu schreiben: "Me 264 zu 100% gestrichen", aber am 18.09. kann man lesen: "Führerentscheid V1, A 4 und Me 264 dringend", anscheinend war die Dringlichkeit nur kurz, denn beim 25.09. kann man lesen: "Hitler ist damit einverstanden, dass im Zuge der Konzentration aller Kräfte auf die vordringlichsten Aufgaben die Arbeiten an den Mustern Me 264 und Ju 287 einschließlich aller Versuchsflugzeuge eingestellt werden."

Henschel sollte einige Teile für die 264 konstruieren, Vorrichtungen bauen und herstellen. Dort liest sich das dann im Oktober 1944 so: "Me 264: die mit großem Nachdruck begonnenen Arbeiten wurden nach siebenmaligem Ändern der Stückzahlen Anfang Oktober auf Anordnung des Rüstungsstabes abgebrochen."

Ich halte die Stellungsnahme des KdE für absolut glaubwürdig und unbeeinflußt von Machtkämpfen, auch wenn man sich die Meinung zu den anderen Flugzeugen ansieht. Es gibt mehrere offene und anklangende Denkschriften aus Rechlin zu Lage der Luftrüstung 1944. Und es gibt auch eine Stellungnahme von Saur zum KdE-Bericht, in dem er von einem "sehr unerfreulichen" Dokument spricht. Jetzt sei es zu spät für Änderungen und das Programm werde so umgesetzt. KdE erwidert daraufhin, dass man erst zu spät von der Studie erfahren hätte. Wahrscheinlich war das kein Zufall.

Ansonsten stimme ich zu, dass Milch in Sachen Fernbomber eher gebremst hat, da er die industrielle Basis kannte. Aber Milch bremste ab 1943 allgemein bei allen Neuentwicklungen, die die alten Maschinen in Serie ablösen sollten.
 
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Ta152

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< snip >Kenne mich mit der B-29 nicht aus, aber Holger Lorenz vergleicht die irgendwo mit der Ju 288 und da kommt die Boing nicht allzu gut weg. Fazit was in der Art: Viel zu viel Material und Aufwand für zu wenig Bombenlast.
< snip >
Aber sind die überhaupt vergleichbar? Die B-29 hat rund das dreifache Gewicht der Ju 288 (und auch dreifache Bombenlast).
 
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Aber bitte die Zeitschiene beachten.
Korrekt, aber in Anbetracht der Entwicklungsgeschichte der 264 muss man doch sagen, dass es Milch war, der sie verhindert hat. Die Geschichte erinnert sehr an die 219.

Rainer
 
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Meiner Meinung nach zurecht verhindert. Messerschmitt dilletierte in vielen Bereichen, in denen er sich nur bedingt gut auskannte. Siehe Entwicklung einer eigenen Verstell-Luftschraube. Und ich erinnere auch daran, dass Mtt ein eigenes Einheitstriebwerk für den DB 603 entwickelte und dieses DB aufdrücken wollte. Das Einheitstriebwerk von Mtt hatte einen kleineren Kühler mit geringerem Durchmesser. DB konnte rechnerisch beweisen, dass die Kühlleistung nicht ausreichen würde. Mtt bestand aber auf dem Triebwerk und das RLM verhinderte nicht die Entwicklung. Letztendlich stellte sich bei Flugversuchen in der Me 410 heraus, dass die Kühlleistung der Mtt-Entwicklung nicht ausreichte...
 
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OT:
Meiner Meinung nach zurecht verhindert.
Richtig. Milch hat sicher auch mal etwas fehlerhafterweise gestrichen/verzögert - Jumo 222 z.B. - aber in der Summe gehörte er zu denen, die das Unglück kommen sahen und sich der Unvernunft entgegenstemmten.

Messerschmitt dilletierte in vielen Bereichen, in denen er sich nur bedingt gut auskannte. Siehe Entwicklung einer eigenen Verstell-Luftschraube. Und ich erinnere auch daran, dass Mtt ein eigenes Einheitstriebwerk für den DB 603 entwickelte und dieses DB aufdrücken wollte. Das Einheitstriebwerk von Mtt hatte einen kleineren Kühler mit geringerem Durchmesser. DB konnte rechnerisch beweisen, dass die Kühlleistung nicht ausreichen würde. Mtt bestand aber auf dem Triebwerk und das RLM verhinderte nicht die Entwicklung. Letztendlich stellte sich bei Flugversuchen in der Me 410 heraus, dass die Kühlleistung der Mtt-Entwicklung nicht ausreichte...
Interessant. An sich wären verrückte Techniker wie Messerschmitt nicht das Problem gewesen, wenn die Luftwaffen-Führung ein Konzept gehabt hätte.

Rainer
 
HoHun

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Hast du dir ja viel Mühe gegeben mit dem Vergleich. Sehr interessant und natürlich auch sehr spekulativ. Grundsätzlich wäre ich aber bei Leistungsangaben von Messerschmitt eher zurückhaltend.
Da ist nicht viel von Messerschmitt eingeflossen, außer den geometrischen Daten und den Gewichten. Die Kennzahlen sind alle im gleichen Rahmen wie bei Boeing, also ist Milchs Kritik an Flächenbelastung und Startstrecken eher unberechtigt - wenn man einen Langstreckenbomber will, dann geht das nicht ohne entsprechend ausgebaute Startplätze, der startet eben nicht von jedem Acker, der für eine Ju 88 noch aussieht wie ein prima Flugplatz :-)

Auch die Frage, ob die grundsätzliche Auslegung der Me 264 für einen extremen Langstreckenbomber geeignet war, ist durch den direkten Vergleich mit der sehr ähnlich ausgelegten B-29 meiner Meinung nach positiv beantwortet.

Ob die Me 264 vergleichbare Leistungen erreicht hätte, hängt vor allem von ihrer Aerodynamik ab. Messerschmitt hat auf ein symmetrisches NACA-Profil im Wurzelbereich sowie auf NACA 230xx-Profile weiter außen gesetzt ... die 230xx-Profile wurden z. B. auch von der Douglas DC-4, DC-6 und DC-7 verwendet, die als Langstreckenflugzeuge ja durchaus tauglich waren. Auch Boeing hat für die B-17 ein symmetrisches NACA-Profil verwendet, die B-29 hatte dann ein Boeing-eigenes Profil, aber wohl auch mit 22 % Profildicke wie bei der Me 264. Also alles mehr oder weniger Industriestandard.

Bleibt als zweite große Baugruppe mit Einfluß auf den Luftwiderstand der Rumpf ... da ist die Me 264 in Bezug auf benetzte Fläche vielleicht sogar ein wenig günstiger als die größere B-29. Von der Formgebung her sind die Ähnlichkeiten beträchtlich. Die Waffenkuppeln der Me 264 waren sicher nicht so strömungsgünstig wie die unbemannten Waffentürme der B-29, aber der ursprüngliche Entwurf war ja erstmal ohne solche Kuppeln entstanden.

Ich sehe jetzt eigentlich keinen Grund, warum die Me 264 aerodynamisch wesentlich schlechter gewesen sein müsste als die B-29. Der Teufel steckt natürlich im Detail, aber mir fehlt da irgendwie der begründete Anfangsverdacht ...

Wie man dem Titel des Rechliner Dokuments entnehmen kann, ist es eine Einschätzung "auf Grund der derzeitigen Erprobungslage". Was Mitte 1944 bei Messerschmitt geflogen ist, war eine fliegende Attrappe, die noch sehr weit vom Serienflugzeug entfernt war. Und es darf stark bezweifelt werden, ob sie jemals diesen Serienstand erreicht hätte und wenn, wäre der Einsatz durch die langen Startstrecken stark eingeschränkt gewesen. Nicht zu reden von den vollkommen ungelösten Serienbaufragen.
Messerschmitt konnte ja nur entwickeln, was das RLM bestellt. Die Boeing B-29 in den USA war das teuerste Projekt, daß die Air Force hatte ... um ein vergleichbares Flugzeug zu kriegen, hätte die Luftwaffe vergleichbare Ressourcen einsetzen müssen. Ich gehe davon aus, daß diese Ressourcen in Deutschland zu keinem Zeitpunkt wirklich verfügbar gewesen wären, ohne andere, wichtigere Projekte dafür aufgeben zu müssen. Vor allem waren eben die Projektlaufzeiten so lang, daß die Luftwaffe sich - wie die USAAF im Fall der B-29 - frühzeitig auf eine solche Entwicklung hätte festlegen und diese konsequent durchziehen müssen. An dieser Konsequenz fehlte es aber in Deutschland.

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
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Auch die Frage, ob die grundsätzliche Auslegung der Me 264 für einen extremen Langstreckenbomber geeignet war, ist durch den direkten Vergleich mit der sehr ähnlich ausgelegten B-29 meiner Meinung nach positiv beantwortet...

Ich gehe davon aus, daß diese Ressourcen in Deutschland zu keinem Zeitpunkt wirklich verfügbar gewesen wären, ohne andere, wichtigere Projekte dafür aufgeben zu müssen...
Ich denke das trifft es genau. Die Fernbomber-Ausschreibung ist von 1941. Rein entwicklungstechnisch hätte man bis 1945 mit der Me 264, Ta 400 oder weiss der Himmel was nach Amerika fliegen können. Trotzdem hätten sich Amerikaner und Russen an der Elbe getroffen. Die kluge Leute in der Luftwaffe wussten das.

Milch hat fast unmittelbar nach dem Kriegseintritt der USA - aus Geheimdienstquellen über die US-Produktionsplanungen informiert - gegenüber Göring und dem Generalstab praktisch eine Verzehnfachung der Jägerfertigung gefordert: "Herr Reichsmarschall, Ihre Gesamtforderung beträgt 360 Jagdflugzeuge pro Monat. Ich verstehe das nicht. Wenn Sie 3600 Jagdflugzeuge gesagt hätten, dann müsste ich erwiedern, dass 3600 zu wenig seien." (Irving, S. 216) Da hat der Jeschonnek gesagt, er wisse nicht, was er mit so vielen Jägern anfangen solle! Auf die Frage, welches der große Fehler der Luftwaffe war, antwortete Milch nach dem Krieg: "140.000 nicht gebaute Jäger." Der Mann hat versucht diese Jäger zu bauen: Das ist der Grund, warum Me 261 und 264 nicht gebaut wurden.

Rainer
 
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Dringlichkeit SS war die sog. Sonderstufe, das Wichtigste vom Wichtigen, dem sich alles(?) andere unterzuordnen hatte...
 

Sens

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Ja ich weiß. Gerade deswegen, was wäre erst los gewesen wenn wirklich feindliche Flugzeuge über Amerikanischen Städten gewesen wären. Die Panik hätte dafür das einige 100 wenn nicht 1000 Jäger nicht mehr in Europa oder dem Pazifik stationiert gewesen wären sondern in den USA. Aber spätestens zu dem Zeitpunkt wäre auch schluß den Angriffen gewesen...
Richtig und schon 1944 hatte die USAAF Probleme die zulaufenden Jäger in Europa sinnvoll zu beschäftigen. Man erwartete sogar noch 1944 das Ende des Krieges in Europa. Als Plan B gab es für 1945 den Atomwaffeneinsatz in Deutschland. Jede Verlängerung des Krieges auch nur von Tagen war sinnfrei.
 
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