Die Entwicklung eines Modells

Diskutiere Die Entwicklung eines Modells im Modellbau allgemein Forum im Bereich Modellbau; Hallo Danix, wie versprochen und wie gewohn verspätet, schreibe ich nun ein paar Informationen zum Thema STL oder allgemein Rapid Prototyping...
bolleken96

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Hallo Danix,

wie versprochen und wie gewohn verspätet, schreibe ich nun ein paar Informationen zum Thema STL oder allgemein Rapid Prototyping. Als Beispiel nach den allgemeinen Infos gibt es den Bau einer Rakete.

1. Bekanntlich können mit Hilfe von 3d-Software virtuelle Modelle gebaut werden. Solche Software ist normalerweise (noch) nicht für den Hausgebrauch gedacht, sondern für die Industrie und auch die Filmbranche. Heutige Filmproduktionen kommen ohne Specialeffekts und Modelle, die am Rechner gebaut wurden, nicht mehr aus. Dabei ist die Software von Alias führend bei der Visualisierung. Zur Konstruktion von beispielsweise Fahrzeug- oder Flugzeugteilen wird Software wie Catia oder Unigraphics verwendet. Dann gibt es noch eine Reihe Programme, die von Industriedesignern benutzt werden (Rhino, 3d Studio Max, usw.). Damit solche virtuellen Modelle real werden können, gibt es unterschiedliche Verfahren, um daraus wirkliche Modelle, die man anfassen kann, zu machen. Hierfür wird aus der 3d-Software ein sogenanntes STL-File exportiert. Dieses File kann dann für die unterschiedlichen Reproduktionsverfahren genutzt werden. Ich möchte hier zwei Varianten der Reproduktion vorstellen:

1a) Stereo-Lithografie

Auf einer Basis wird das virtuelle Modell plaziert. Diese Basis steht in einem Tank mit Harz. Wenn die Maschine gestartet wird, beginnt ein Laser, die Bereiche des flüssigen Harzes oberhalb der Basis zu belichten, die zu dem virtuellen Modell gehören. An diesen belichteten Stellen härtet das Harz aus und so wird ein erstes festes Volumen erzeugt. Nach der Belichtung fährt ein Schieber über die Basis, die das überschüssige Harz abstreift. Diese erste Schicht ist teilweise weniger als 0,1 mm hoch. Nachdem dieser erste Prozess abgeschlossen ist, wird die nächste Schicht entsprechend der Geometrie des virtuellen Modells belichtet, bis das Modell fertig ist. Nacharbeit entsteht dann insofern, als dass eine gitterartige Grundstruktur unterhalb des Modells von der Basis entfernt werden muss. Ausserdem muss das Modell noch für eine halbe Stunde in eine Art Sonnenbank, wo das Harz dann unter dem Einfluss von UV-Licht vollständig aushärtet. Weitere Nacharbeit kann entstehen, da sich durch das Schichten des Materials eine Art Treppenbildung in der Oberfläche bildet (vgl. die ersten Nadeldrucker).
Das Modell hat die Transparenz und Farbe von Honig.

1b) Schicht-Laser-Sintern

Die Modelle sehen ähnlich aus wie bei STL. Das Verfahren ist jedoch etwas anders. Ein feines Kunststofpulver befindet sich in einem Tank und wird mit einem Laser schichtweise entsprechend der Geometrie des virtuellen Modells verschmolzen. Das Resultat ist ein schneeweisses Modell, das aber ebenfalls eine Treppenbildung aufweist.

Da solche Reproduktionsverfahren noch am Anfang ihrer Entwicklung stehen, sind dort noch erhebliche Fortschritte zu erwarten (denkt mal an den Fortschritt bei herkömmlichen Druckern). Aber ich würde diesen Prozess dennoch als 3D-Drucken bezeichnen. Hier steckt gerade für Modellbauer erhebliches Potential. Denn im Grunde baut man am Computer ein Mastermodell, das in jedem beliebigen Massstab reproduziert werden kann. Also stellt euch vor, in zehn oder zwanzig Jahren baut ihr eure eigenen Modelle am Computer und entscheidet dann ob es 1:24 oder 1:500 werden soll.

Noch ist allerdings auch die Software sehr teuer, deshalb konnte ich meine Modelle auch nur in der Uni oder bei der Arbeit bauen, da ich privat kein Geld für eine so teure Lizenz habe (fangen je nach Software bei etwa 1000€ an). Die Reproduktionsmaschinen kosten einige 100000€. Wer sich allerdings von Euch daran versuchen will, kann bei Universitäten, Kunststoffirmen oder professionellen Modellbauern anfragen. Dabei wird die Universität noch das günstigste Angebot machen. Realistisch ist aber wahrscheinlich, dass diese Modellbautechnik etwas für die ferne Zukunft ist.

Ach ja, ich hatte einmal Glück, dass eine Firma mit Kunststoffen für dieses Verfahren experimentierte und so dankbar für ein 3D-File war. So konnte ich ein Modell umsonst reproduzieren lassen.

Als nächstes zeige ich euch, wie eine Rakete am Rechner entstehen kann.

Bolleken
 
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Der Bau einer Rakete:

In einer 3D-Software findet man oft eine Vier-Seiten-Ansicht (Top, Front, Right, Perspektive). Das ist wichtig für den Aufbau des Modells.
Die Grundform der Rakete ist rotationssymetrisch. Daher kann man die Aussenkontur inmit einer Kurve bestimmen.
 
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Nach Erstellung der Kurve wird diese um die X-Achse rotiert, woraus sich ein Volumen ergibt. Die Grundform der Rakete ist schon fertig.
 
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Danach werden die offenen Enden verschlossen, denn, dies ist eine Grundregel beim Modellieren fürs Rapid Prototyping, Volumen müssen immer geschlossen sein.
 
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Nachdem der Grundkörper fertig ist, wird dieser mit sogenannten Hilfsflächen getrennt, d.h. in mehrere Stücke zerteilt. Dies ist wichtig, wenn Oberflächenstrukturen und Segmente dargestellt werden soll. So kann später aufwendiges nachgravieren gespart werden.
 
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Würde nun ein STL-Modell erzeugt, könnte man am Ende keine Segmente erkennen, da noch die eigentlichen Blechstösse fehlen. Am einfachsten kann man diese nun erzeugen, in denen man die Segmente wieder mit Hilfsflächen verschliesst (...)
 
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(...) und nun auf die Kanten einen kleinen Radius setzt (beachte die roten Pfeile).
 
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Das folgende Bild zeigt den Raketenrumpf mit seinen Segmenten, die Hilfsflächen wurden gelöscht und so entstand wieder ein Volumen.
 
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In der gleichen Art und Weise, wie der Rumpf aufgebaut wurde, werden auch weitere Details erzeugt: Kurven, dann Flächen, ggf. verschneiden und verrunden. Um ein Ergebnis zu überprüfen, kann das Modell schattiert am Rechner dargestellt werden, in diesem Falle der Triebwerksbereich.
 
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Aus eliptischen Kurven werden nun die Raketenflügel aufgebaut. Danach werden sie so oft reproduziert wie es das Vorbild oder die Vorstellung erfordert und dann mit dem Rumpf verschnitten und verbunden.
 
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Nun ist das Modell fertig und kann exportiert werden als STL-File. Das Programm unterteilt das Modell dann in kleine Dreiecke (Polygone) und es kann produziert werden. Je höher die Anzahl der Dreiecke, desto besser die Oberflächenqualität.
Wie ihr seht, funktioniert das Modellieren am Rechner ganz ähnlich wie das herkömmliche Scratchen. Der Unterschied ist wie erwähnt, dass das vituelle Modell in jedem Massstab reproduziert werden kann.
Ein schönes Bild von der Rakete ohne Vorbild gibt es dann morgen (Ist ein altes Modell aus dem Grundstudium und ich muss die Datei noch suchen...;) ). Vielleicht sollte dieser Bericht auch verschoben werden, wie Danix meinte, aber das müsst ihr entscheiden.
Ich hoffe, ich konnte euch die einzelnen Verfahren näher bringen.
Bolleken
 
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Danix

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Sehr schön - genau das wollte ich sehen :TOP:
Vielen Dank bolleken
 
flogger

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Hallo bolleken96,

was ist denn das für ein Programm?
 
bolleken96

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Hi Flogger,

das Programm damals war Rhino. Und hier kommt das versprochene Bildchen.
 
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flogger

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Ah, ja


Wenn du mir jetzt noch die 3D Daten als iges/vda oder step schickst, kann ich einmal zeigen wie man daraus ein Spritzgußwerkzeug konstruiert:) .
 
Flugi

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Alien
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Das wäre ja nicht schlecht und sicher von großem Interesse. Kann ja bei diesen Modell nicht so kompliziert werden?

Ich muss heute Abend mal sehen, wie ich diesen Thread auseinander bekomme.;)
 
bolleken96

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Die Daten würde ich gerne als iges zu Verfügung stellen, aber das File ist ein wenig gross für mein Modem. Wäre es in Ordnung, wenn ich ein einfacheres Modell (=kleinere Datenmenge) nehmen würde?
 
flogger

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Ist mir egal.
Mir reicht die Oberfläche des Modells. Das Modell kann auch etwas kleiner sein (ca. 120 mm Länge).

Gruß Flogger
 
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