Tigerfan
inaktiv
Von der Luftwaffe beim Kiffen erwischt
Man hört sie nicht und sieht sie selten: Unbemannte Flugzeuge der Schweizer Armee machen Tag und Nacht Luftaufnahmen. Für die eidgenössischen Datenschützer ist das problematisch.
Die beiden Männer fuhren mit ihren Autos extra in den Wald. Zudem wurde es an jenem Abend früh dunkel. Doch weder die Dunkelheit noch der Wald boten den Männern Schutz; die hochempfindliche Wärmebildkamera an Bord des kleinen Flugzeuges sah sie trotzdem. Mehr als 30 Kilometer entfernt konnten die Operateure auf dem Militärflugplatz Emmen die Bewegungen der zwei Männer auf dem Bildschirm live mitverfolgen. Und weil den Militärs das nächtliche Stelldichein im Wald verdächtig vorkam, alarmierten sie die Polizei. Wenig später wurden die zwei Verdächtigen von einer Streife der Kantonspolizei Luzern gestellt.
Das war am 6. Januar 2004 kurz vor 20 Uhr in der Gemeinde Altbüron. Die Geschichte demonstriert erstens die Leistungsfähigkeit der Aufklärungsdrohne ADS 95, eines der neusten technischen Gadgets der Schweizer Armee. Zweitens belegt der Vorfall, dass die Armee mit diesen Kleinflugzeugen wahllos Zivilpersonen filmt.
Keine Rechtsgrundlage
Pro Tag absolviert die Luftwaffe gemäss eigenen Angaben mit den ferngesteuerten Drohnen ein bis vier Trainingsflüge. Tagsüber verfolgen die Flugzeuge ihre Ziele mit einer Videokamera. Nachts zeichnet eine Infrarotkamera die Motoren- bzw. Körperwärme von Autos oder Lebewesen auf. Die Bilder werden laut Luftwaffensprecher Jürg Nussbaum bis sechs Monate lang aufbewahrt. Um die Kameraführung zu trainieren, sei es «am besten, wenn man ein Objekt anvisiert und dann mit der Kamera dran bleibt», erläutert Nussbaum. Bei 80 Prozent der Zielobjekte handle es sich um Fahrzeuge, der Rest seien Gebäude, Statisten oder ahnungslose Zivilpersonen. In einer Flughöhe von rund 1500 Metern ist eine Drohne praktisch nicht hörbar.
An jenem Dreikönigstag verfolgte eine Drohne ein Auto, das bei Altbüron in den Wald steuerte. Dass man dessen Fahrer wenig später mit einem anderen Mann bei «verdächtigem Verhalten» beobachten konnte, sei «reiner Zufall», sagt Nussbaum. Um das Verhalten «verdächtig» erscheinen zu lassen, genügte offenbar, dass sich zwei Männer um 20 Uhr im Wald aufhielten.
Die von den Drohnen gemachten Aufnahmen seien «problematisch», sagt Daniel Menna, Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Sobald Personen bestimmbar sind, fallen Videoaufnahmen unter das Kapitel «Bearbeitung von Personendaten». Solche Daten dürfen von Bundesorganen nur mit einer gesetzlichen Grundlage bearbeitet werden.
Eine solche gibt es für die Drohnen- Flüge nicht und ist nach Ansicht der Luftwaffe auch nicht nötig. Es sei unmöglich, einen Menschen zu erkennen oder eine Autonummer zu entziffern, erklärt Nussbaum und versichert: «Wir schauen niemandem in die Intimsphäre.» Dies befriedigt die Datenschützer nicht. «Damit eine Person bestimmbar ist, muss sie nicht erkennbar sein», sagt Menna. Eine Identifikation könne sich auch aus den Umständen ergeben, etwa aus dem Fahrziel.
Harte Auflagen für Polizei
Noch vor zwei Jahren erkannte das Verteidigungsdepartement VBS selber ein Datenschutzproblem. Als die Stadtpolizei Zürich im Jahre 2002 die 1.-Mai- Demonstration mit einer Drohne überwachen wollte, machte das VBS strenge Auflagen. So verpflichtete es die Polizei, den Persönlichkeitsschutz der gefilmten Menschen zu gewährleisten und die Veranstalter der Kundgebung zu informieren. Schliesslich verzichtete die Polizei auf den Einsatz.
An Kurzsichtigkeit leiden die fliegenden Augen, wie die Drohnen genannt werden, jedenfalls nicht. Bei Vorführungen in Emmen wird Interessierten jeweils mit Stolz erklärt, Drohnen könnten aus 1500 Metern Höhe zirka 30 Zentimeter grosse Schriften lesen. Und am 6. Januar sah die Kamera genug, damit die Operateure die Polizei einschalteten. Die zwei Männer im Wald sind damit wohl die Ersten in der Schweiz, die von einem Flugzeug auf frischer Tat ertappt wurden. Als die Polizei die beiden wenig später festhielt, stellte sich heraus, dass sie tatsächlich gegen das Gesetz verstossen hatten: Sie hatten Joints geraucht.
Quelle: http://www.nzz.ch/2004/05/23/il/page-article9M50A.html
Man hört sie nicht und sieht sie selten: Unbemannte Flugzeuge der Schweizer Armee machen Tag und Nacht Luftaufnahmen. Für die eidgenössischen Datenschützer ist das problematisch.
Die beiden Männer fuhren mit ihren Autos extra in den Wald. Zudem wurde es an jenem Abend früh dunkel. Doch weder die Dunkelheit noch der Wald boten den Männern Schutz; die hochempfindliche Wärmebildkamera an Bord des kleinen Flugzeuges sah sie trotzdem. Mehr als 30 Kilometer entfernt konnten die Operateure auf dem Militärflugplatz Emmen die Bewegungen der zwei Männer auf dem Bildschirm live mitverfolgen. Und weil den Militärs das nächtliche Stelldichein im Wald verdächtig vorkam, alarmierten sie die Polizei. Wenig später wurden die zwei Verdächtigen von einer Streife der Kantonspolizei Luzern gestellt.
Das war am 6. Januar 2004 kurz vor 20 Uhr in der Gemeinde Altbüron. Die Geschichte demonstriert erstens die Leistungsfähigkeit der Aufklärungsdrohne ADS 95, eines der neusten technischen Gadgets der Schweizer Armee. Zweitens belegt der Vorfall, dass die Armee mit diesen Kleinflugzeugen wahllos Zivilpersonen filmt.
Keine Rechtsgrundlage
Pro Tag absolviert die Luftwaffe gemäss eigenen Angaben mit den ferngesteuerten Drohnen ein bis vier Trainingsflüge. Tagsüber verfolgen die Flugzeuge ihre Ziele mit einer Videokamera. Nachts zeichnet eine Infrarotkamera die Motoren- bzw. Körperwärme von Autos oder Lebewesen auf. Die Bilder werden laut Luftwaffensprecher Jürg Nussbaum bis sechs Monate lang aufbewahrt. Um die Kameraführung zu trainieren, sei es «am besten, wenn man ein Objekt anvisiert und dann mit der Kamera dran bleibt», erläutert Nussbaum. Bei 80 Prozent der Zielobjekte handle es sich um Fahrzeuge, der Rest seien Gebäude, Statisten oder ahnungslose Zivilpersonen. In einer Flughöhe von rund 1500 Metern ist eine Drohne praktisch nicht hörbar.
An jenem Dreikönigstag verfolgte eine Drohne ein Auto, das bei Altbüron in den Wald steuerte. Dass man dessen Fahrer wenig später mit einem anderen Mann bei «verdächtigem Verhalten» beobachten konnte, sei «reiner Zufall», sagt Nussbaum. Um das Verhalten «verdächtig» erscheinen zu lassen, genügte offenbar, dass sich zwei Männer um 20 Uhr im Wald aufhielten.
Die von den Drohnen gemachten Aufnahmen seien «problematisch», sagt Daniel Menna, Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Sobald Personen bestimmbar sind, fallen Videoaufnahmen unter das Kapitel «Bearbeitung von Personendaten». Solche Daten dürfen von Bundesorganen nur mit einer gesetzlichen Grundlage bearbeitet werden.
Eine solche gibt es für die Drohnen- Flüge nicht und ist nach Ansicht der Luftwaffe auch nicht nötig. Es sei unmöglich, einen Menschen zu erkennen oder eine Autonummer zu entziffern, erklärt Nussbaum und versichert: «Wir schauen niemandem in die Intimsphäre.» Dies befriedigt die Datenschützer nicht. «Damit eine Person bestimmbar ist, muss sie nicht erkennbar sein», sagt Menna. Eine Identifikation könne sich auch aus den Umständen ergeben, etwa aus dem Fahrziel.
Harte Auflagen für Polizei
Noch vor zwei Jahren erkannte das Verteidigungsdepartement VBS selber ein Datenschutzproblem. Als die Stadtpolizei Zürich im Jahre 2002 die 1.-Mai- Demonstration mit einer Drohne überwachen wollte, machte das VBS strenge Auflagen. So verpflichtete es die Polizei, den Persönlichkeitsschutz der gefilmten Menschen zu gewährleisten und die Veranstalter der Kundgebung zu informieren. Schliesslich verzichtete die Polizei auf den Einsatz.
An Kurzsichtigkeit leiden die fliegenden Augen, wie die Drohnen genannt werden, jedenfalls nicht. Bei Vorführungen in Emmen wird Interessierten jeweils mit Stolz erklärt, Drohnen könnten aus 1500 Metern Höhe zirka 30 Zentimeter grosse Schriften lesen. Und am 6. Januar sah die Kamera genug, damit die Operateure die Polizei einschalteten. Die zwei Männer im Wald sind damit wohl die Ersten in der Schweiz, die von einem Flugzeug auf frischer Tat ertappt wurden. Als die Polizei die beiden wenig später festhielt, stellte sich heraus, dass sie tatsächlich gegen das Gesetz verstossen hatten: Sie hatten Joints geraucht.
Quelle: http://www.nzz.ch/2004/05/23/il/page-article9M50A.html