Druckkabinen bei aufgeladenen Kolbenmotoren

Diskutiere Druckkabinen bei aufgeladenen Kolbenmotoren im Luftfahrzeugtechnik u. Ausrüstung Forum im Bereich Grundlagen, Navigation u. Technik; Hallo zusammen, wird da eigentlich Ladeluft abgezapft und in die Kabine geleitet, oder verwendet man dafür einen extra Kompressor? Ich kann...
Doppelnik

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Hallo zusammen,

wird da eigentlich Ladeluft abgezapft und in die Kabine geleitet, oder verwendet man dafür einen extra Kompressor? Ich kann schlecht einschätzen ob die Turbolader hinreichend ölfreie Luft liefern (wenigstens stinkt Motoröl nicht so wie Turbinenöl..)

Grüße
Dominik
 
Cardinal Jockey

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Servus Dominik, ja die Turbolader sorgen für die Kabinenbedruckung. Gibt je nach Flugzeug entsprechende mindest Ladedruckwerte bis zu denen die Druckkabine ausreichend Zapfluft enthält. Werden diese unterschritten "bricht die Druckkabine zusammen", sprich merkt man dann an einem Ansteigen der Kabinenhöhe.
 
HoHun

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Moin!

wird da eigentlich Ladeluft abgezapft und in die Kabine geleitet, oder verwendet man dafür einen extra Kompressor?
Im 2. Weltkrieg gab es z. B. bei der Spitfire und der Mosquito dafür eigene Motorvarianten mit Kabinendruckkompressor. Da der Vergaser vor dem Lader angeordnet war, hätte man nur ein zündfähiges Luft-Benzingemisch für die Kabine abzapfen können ... :-)

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
Doppelnik

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Danke Euch,

die Engländer habe lieber Gemisch verdichtet, weil die Verdampfung als innere Kühlung den Verdichtungsprozess effektiver macht, außerdem ist die Verdichtungsendtemperatur hierbei niedriger und damit die Klopfgefahr geringer. Nachteilig ist die ungleichmäßige Gemischverteilung und sicher auch die Spülverluste während der Ventilüberschneidung, in dieser Hinsicht war die Direkteinspritzung bei den deutschen Motoren deutlich besser.

Zurück zum Thema, ich vermute, dass bei Druckkabinen immer ein Sauerstoffvorrat mitgeführt werden muss falls der Motor mal ausfällt. Hat jemand eine ungefähre Vorstellung davon wieviel Luft man pro Person pro Zeiteinheit zuführen muss? Ich würde gerne wissen ob dies für die Turboladerauslegung relevant ist oder eher nicht,

Grüße
Dominik
 
lutz_manne

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Zurück zum Thema, ich vermute, dass bei Druckkabinen immer ein Sauerstoffvorrat mitgeführt werden muss falls der Motor mal ausfällt. Hat jemand eine ungefähre Vorstellung davon wieviel Luft man pro Person pro Zeiteinheit zuführen muss? Ich würde gerne wissen ob dies für die Turboladerauslegung relevant ist oder eher nicht,
Aus dem Handbuch der Bf 109 G-3 geht hervor:
 
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HoHun

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Moin!

die Engländer habe lieber Gemisch verdichtet, weil die Verdampfung als innere Kühlung den Verdichtungsprozess effektiver macht, außerdem ist die Verdichtungsendtemperatur hierbei niedriger und damit die Klopfgefahr geringer. Nachteilig ist die ungleichmäßige Gemischverteilung und sicher auch die Spülverluste während der Ventilüberschneidung, in dieser Hinsicht war die Direkteinspritzung bei den deutschen Motoren deutlich besser.
Die Wirkung der verdampfungsbedingten Gemischkühlung wird zwar oft gelobt, aber während der Wirkungsgrad des Laders steigt, muss er zugleich einen größeren Massestrom verdichten, was dann auch mehr Leistung kostet. Dafür benötigt die Einspritzpumpe beim Einspritzer wieder etwas von der Wellenleistung ... eine Summenbilanz habe ich noch nie gesehen.

Energetisch betrachtet solle es für das verdichtete Gemisch auch relativ egal sein, wann das Benzin verdampft ist - ganz zu Anfang oder erst kurz vor der Zündung -, insofern bin ich etwas skeptisch gegenüber dem erwarteten Vorteil des Vergasermotors.

Bei hoher Leistung hat der Merlin auch deutlich höhere spezifische Verbräuche als die deutschen Einspritzmotoren. Auch das vergrößert den Massenstrom und fordert daher eine höhere Laderantriebsleistung.

Komplexes Thema, aber sehr spannend :-)

Zur Druckkabine: Bei den militärischen Typen war es meines Wissens so, daß der Pilot weiterhin Sauerstoff-Luft-Gemisch aus der Maske geatmet hat, wie bei einen Flugzeug ohne Druckkabine. Die Flußrate hing dabei vom Kabinendruck ab. Daher wird es keinen eigenen Notvorrat gegeben haben.

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
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Hi,

ich finde die alten Warbirds sehr spannend, dabei wollte ich eigentlich nur wissen wieviel Luft man da dem Turbo anzwacken muss.... Die Gemischverdichtung ermöglicht halt eine Annäherung an die ideale isotherme Verdichtung, daher ist das rein von der Thermodynamik günstiger. Das die Verdichterräder evtl. unter Errosion leiden steht halt auf einem anderen Blatt. Zweiphasen Gemische verhalten sich auch immer etwas komisch, der Verdichterwirkungsgrad wird wahrscheinlich auch abfallen durch die hohe Aufprallgeschwindigkeit der Tropfen auf die Verdichterschaufeln. Bei Harry Ricardo hab ich aber selber gelesen, dass dies wegen der Kühlwirkung während der Verdichtung gemacht wurde.

Ne Druckkabine wird bei Dogfight auch relativ schnell undicht, kein Wunder dass die immer ne Maske auf hatten...

Dominik
 
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Ja, jedes Flugzeug das in größeren Höhen operiert, benötigt natürlich ein Sauerstoffsystem, egal ob als Primary oder Backup. Es gibt Tabellen die den Sauerstoffverbrauch pro Person angeben und es gibt selbst für ein und den selben Flugzeugtyp unterschiedlich große Notsauerstoffflaschen. Man kann hierüber also keine allumfassende Aussage abgeben.

Kabinenvolumen, Kabinendichtigkeit und gewünschter maximaler Differenzdruck bedingen entsprechend dimensionierte Turbolader da die Kabinenbedruckung ja nur ein Beiwerk für die Turbolader ist: Primär sind sie ja zur Aufladung der Motoren da.
 
Doppelnik

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Ich wüsste halt gerne die Luftmenge pro Person, aber notfalls finde ich bestimmt auch was in der Gebäude/Klimatechnik... Das Kabinenvolumen und die Dichtigkeit sollten eigentlich egal sein, ob die Luft nun gezielt durch ein Ventil rauszischt oder teilweise durch Undichtigkeiten macht keinen Unterschied solange die Luftmasse nicht oberhalb des Sollwerts liegt. Es gibt sicher einen Wert wieviel Luft ein eng sitzender Pax in der Stunde so wegatmet.

Natürlich ist dies nicht die Hauptaufgabe des Turbos, aber für eine Turboladerauslegung (260 kW, max. 6 Personen) kann das schon relevant sein.
 
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Also ich hab Dir mal ne Herstellerangabe, in diesem Fall von Cessna. 76.6 Cubic Foot System. Bei einem Oxygen Pressure von 1000 PSI genügt der Sauerstoff für 1 Person:
  • 9 Stunden bei 10.000 Fuß
  • 6,5 Stunden bei 14.000 Fuß
  • 5,8 Stunden bei 18.000 Fuß
  • 5 Stunden bei 22.000 Fuß
  • 4,5 Stunden bei 26.000 Fuß
  • 4,1 Stunden bei 30.000 Fuß

Ca. Angaben so gut wie man die Tabelle halt ablesen kann ohne rechnerisch zu interpolieren. Auf die Minute wird es aber wohl nicht ankommen.

Der Hersteller geht weiter und sagt, zwischen 10.000 und 22.000 Fuß beträgt der Verbrauch bei orangem Durchflußventil 965 psi/h und bei rotem Durchflußventil zwischen einer Höhe von 22.000 bis 30.000 Fuß 1352 psi/h. Daten aus POH Cessna 340 vom 01.11.1977.
 
Doppelnik

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danke, aber mir geht es um die Versorgungsmenge an komprimierter Außenluft durch den Turbo für 4-6 Personen, nicht um die Sauerstoffmenge im Notsystem
 
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Ich glaube nicht,dass die Auslegung des Turboladers grossartig durch eine Druckkabine beeinflusst wird.
Im Vergleich zu KFZ Turboladern sind die Dinger am Flieger riesig,teilweise kann man die Motore selbst auf Reiseflughöhe noch überladen.Da sollten eigentlich genug Reserven für die Druckkabine vorhanden sein.

Zum Luftverbrach hilft Dir das vielleicht:


Quelle:Isidoro Martinez
 
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Doppelnik

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OK, vielen Dank, das ist was ich gesucht habe. Bei 6 Leuten wären dies 60 L/s entsprechend 78 g/s.

Der angenommene Motor leistet im Reiseflug abgeschätzte 200 kw mit einem Verbrauch von 200 g/kwh (Kolbenmotor mit Kerosin), das ergibt 11 g/s an Kraftstoffmassenstrom. Mit einem stöchiometrischen Luftverhältnis von 1,3 und ein stöchiometrisches Massenverhältnis (AFR) von 14,5 sind dies 209 g/s Luft.

Damit wird klar, dass der Luftstrom für den Turbo durchaus einr Rolle spielt, der Verdichter muss 37 % mehr Luft liefern wenn er die Kabine mit 6 Leuten unter Druck setzen muss. Unter diesen Umständen macht eine Doppelaufladung viel Sinn, denn da kann man die Luft hinter dem Niederdruckverdichter abzweigen und braucht den Hochdruckverdichter nicht zusätzlich zu belasten.
 
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