Nun, man kriegt kein kostenloses Mittagessen. Es wäre ja nicht so, dass man da was vergessen hätte. "Anstellwinkelfähigkeit" muss ich mir teuer erkaufen. Und so ein Zufall, die Flugzeuge mit sehr guten Fähigkeiten kommen irgendwie nicht so leichtfüßig durch die Mauer. Dass man von TKF über Jäger 90 hin zu EF2000 das Design an Erkenntnisse angepasst hat spricht doch für den Entwurf!
Schubvektorsteuerung und irgendwelche Knickflügel kosten halt Gewicht und Drag Counts.
In den entscheidenden taktischen Bereichen spielt die Anstellwinkelfähigkeit nur eine untergeordnete Rolle.
Und eigentlich legt niemand mehr ein Flugzeug primär darauf aus. Daher die Frage: Sind die alle doof und Du Inhaber der Erkenntnis?
Hallo Schorsch,
wer sich mit der Entwicklungsgeschichte des EF und mit der Konzeption seiner Auslegung und den zugrunde liegenden Annahmen beschäftig und darüber hinaus auch gewisse Forderung der Luftwaffen diesbezüglich kennt, kommt eben zu dem Schluss zu dem ich komme.
Die Luftkampfstudien die MBB in den 1970er Jahren durchführte um eine Grundlage für die Entwurfsauslegung zu schaffen charakterisierten den "künftigen" Luftnahkampf mit der Dominanz von Frontalmaneuvern und somit hohen instationären Wenderaten und auch Poststall. Der "Rate Fight" auf Grundlage der EM Theorie von Col. Boyd basierte ja auf der Annahme sich hinter einem Gegner positionieren zu müssen um seine Waffen zum Einsatz zu bringen. In den 70ern war abzusehen, dass künftige Lenkwaffen unabhängig vom Ziellagewinkel und fernab der Flugrichtung abgefeuert werden könnten, wofür ein schnelles Ausrichten der Nase von Vorteil ist. Dass dies natürlich immer auch vom Szenario selbst abhängt und es wenig Sinn macht alle Energie zu veschwenden wenn man es mit mehreren Gegnern zu tun hat ist klar.
Die Einlauflage des EF wurde bewusst mit Hinblick auf Poststallfähigkeit gewählt, wofür man einen höheren induzierten Widerstand in Kauf nahm. Die Schubvektortheorie von Prof. Wolfgang Herbst zielte genau hierauf ab und führte eben auch zur Entwicklung der X-31.
Als man 1977 die Grundkonfiguration des EF, damals TKF festgelegt hatte wies diese ein einzelnes Leitwerk und einen Deltaflügel mit durchgängiger 57° Pfeilung auf.
Nach umfassenden Windkanalversuchen hatte man das Design dahingehend geändert einen Knickflügel zur Flügelstreckung zu verwenden und ein V-Leitwerk eingeführt. Weitergehende Studien zeigten, dass das Doppelleitwerk keinen Widerstandsnachteil bis Mach 2 bringen und darüber hinaus die Richtungsstabilität im höheren AoA-Bereich verbessern würde. Wie es sich diesbezüglich mit dem Knickdelta verhält vermag ich an dieser Stelle nicht zu beurteilen.
Wenn ich sage, dass ich gerne diese optimierte TKF-Konfiguration gesehen hätte, dann bezieht sich das primär auf "es wäre interessant gewesen das Leistungsvermögen im Vergleich zur aktuellen Konfiguration zu sehen".
Ob die letztlich gewählte Konfiguration, die ja eigentlich einer Rückkehr zum ersten Wurf darstellte nun tatsächlich eine Optimierung darstellte oder doch eher einen Kompromiss sei mal dahin gestellt. Das Doppelleitwerk wurde aus Strukturgewichtsgründen geopfert, der Knickdelta, so habe ich es zumindest aus einigen Aussagen entnommen, wurde aus fertigungstechnischen Gründen und möglicherweise auch aufgrund von RCS-Erwägungen aufgegeben.
Fakt ist jedenfalls, dass die aktuelle EF Konfiguration nicht die spezifizierte Anstellwinkelleistung erbringt und der aktuelle AoA unter dem maximalen Auftriebswert liegt. Dies führt zu einer Minderleistung im Bereich instationärer Wenderaten und das ist eben ein Defizit. Mit der Phase 4 FCS Software sollte ursprünglich ein AoA-Limit von 27° eingeführt werden, Flugteste Anfang 2006 förderten jedoch Probleme zu Tage die eine Rückkehr zum vorhergehenden Wert von 24° und eine Reduktion der Rollrate im höheren AoA-Bereich führten. Das ist auch der Grund warum wir heute nicht mehr die spektakulären HAVV-Rollen sehen, wie siehe von den DAs auf diversen Flugshows gezeigt wurden.
Das Projekt EFEM war letztlich der Versuch diese Defizite zu beheben und führte in letzter Instanz zum AMK.
Ich denke wir sind uns einig darüber, dass jedes Design ein Kompromiss darstellt und man an der einen oder anderen Stelle Leistungspunkte abgeben muss, um an anderer Stelle welche dazu zu gewinnen. Es ist aber eine Tatsache, dass der EF im Bereich AoA und Sofortwenderaten nicht die gestellten Anforderungen erfüllt, was eben kein Designkompromiss, sondern ein Designdefizit ist, was nicht zuletzt der asymetrischen Tragflächenkonfiguration und dem Einzelleitwerk geschuldet ist.
Das AMK ist aus meiner Sicht eine gute Lösung, da es nicht nur die o.g. Probleme behebt, sondern auch in vielen anderen Bereichen Vorteile bietet. Bewaffnungsflexibilität ist hier das Primärargument, aber eben auch bessere Leistungen in diversen Bereichen, natürlich auch mit ein paar Minuspunkten