kodak
Space Cadet
weiter gehts...
QUELLE: http://www.intrinet.de/20020322/p3absturz.htmNachtflug in den Tod
Nach dem Absturz: Militär hüllt sich in Schweigen
Von INGO ZWANK, JENNY FALK,
JENS HERTLING und MICHAEL SCHMITZ
LANDSCHEID. Die US-Flaggen in Spangdahlem wehen seit gestern auf Halbmast. Die 5000 kampferprobten Soldaten der Air-Base trauern um ihren Kameraden Luke A. Johnson. Von seinem Übungsflug am Mittwoch Abend ist der 26-jährige begeisterte Flieger nicht mehr zurückgekehrt. Ein etwas merkwürdiges Flugzeuggeräusch gegen 21.20 Uhr, daran erinnert sich Margot Friedrich aus Landscheid. Sie denkt sich zu diesem Zeitpunkt am Mittwoch Abend nichts dabei. Wie viele Anwohner des Flughafens Spangdahlem hat sie sich längst an die startenden und landenden Transporter und Kampfflugzeuge gewöhnt. Bis zu 24000 Flugbewegungen gibt es im Jahr auf der Air-Base – Fluglärm ist Alltag. Um 23.15 Uhr wird der Alltag im Haus Friedrich unterbrochen. Sohn Jan ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, sein Piepser gibt Alarm. Wenige Minuten später ist er mit seinen Kameraden unterwegs in Richtung Hof Hau. 20 Mann rücken in vier Fahrzeugen aus, ein Krankenwagen folgt.
Den Einsatz ausgelöst hat eine Meldung der Air-Base Spangdahlem. Die Amerikaner haben der Polizei am Abend zunächst mitgeteilt, dass zwei Maschinen vom Radar verschwunden sind. Später korrigieren sie: Es wird nur eine Maschine vermisst, die F-16 von Captain Luke A. Johnson. Gegen 21 Uhr ist der Funkkontakt abgebrochen, relativ leicht lässt sich rekonstruieren, dass die Maschine in der Nähe von Landscheid niedergegangen sein muss, da sie im Landeanflug war. Tatsächlich findet sich das Wrack der F-16 gegen 23.40 Uhr im etwas höher gelegenen Waldstück „Auf der Landau“. Die Maschine hat beim Absturz eine Schneise hinterlassen, das Wrack liegt etwa 300 Meter von der Straße entfernt – bis dorthin ist der Qualm zu riechen. Die Polizisten gehen nur kurz zu den verstreut liegenden Wrackteilen. Im Rumpf finden sie den toten Piloten, der offenbar noch verzweifelt versucht hat, den Schleudersitz auszulösen.
Doch dann halten die Polizisten gebührenden Abstand zu den Resten der Maschine: Denn sie wissen von den Amerikanern, dass sich in einem Tank an der Unterseite der F-16 Hydrazin befindet, eine höchst energiereiche und extrem giftige Verbindung, mit der das Notstromaggregat des Kampfjets betrieben wird.
Etwa 40 Amerikaner treffen gegen Mitternacht an der Absturzstelle ein, übernehmen das Kommando, Militärpolizisten sperren die Unfallstelle ab. Eine Stunde später erhalten sie Unterstützung vom Feldjägerbataillon 740 aus Koblenz. Formal ist die Bundeswehr zuständig, wenn eine militärische Maschine auf deutschem Gebiet abstürzt. Tatsächlich aber haben die Amerikaner weitgehend das Sagen. Auch die Untersuchung der Absturzursache übernehmen ihre Experten. Als die Feuerwehrmänner aus Landscheid abrücken, werden bereits starke Scheinwerfer aufgebaut. Doch die Untersuchung des Unfalls beginnt erst im Morgengrauen.
Ein Oberst sagt, dass er nichts sagt
Der Flugverkehr auf der Airbase bleibt eingestellt, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind“, erklärt Oberst Ian O‘Connell am Donnerstag auf einer wenig erhellenden Pressekonferenz. Drei Tage soll es etwa dauern, bis der Flugschreiber ausgewertet ist. Viele neue Informationen wird es vorher nicht geben, die Amerikaner geben sich zugeknöpft. Er wolle nicht spekulieren, sagt Oberst Ian O’Connell zur Unfallursache. Die Medienvertreter tun das um so lieber. CNN meldet später, die Piloten der insgesamt vier Maschinen, die im Einsatz waren, hätten „touch-and-go“ geübt, das kurze Landen und sofortige Durchstarten auf der Landebahn. Eine Bestätigung dafür gibt es nicht.
Nach Informationen des TV werden in Spangdahlem derzeit Head-Up-Displays getestet. Wichtige Cockpit-Daten werden dabei in den Helm direkt vor die Augen des Piloten projiziert. Ob auch die vier Maschinen am Mittwoch Testflüge mit diesem neuen System unternahmen, ist allerdings unklar.
Auch in Landscheid und den umliegenden Ortschaften ist der Absturz Gesprächsthema Nummer Eins. „Das war seit November 1976 wieder der erste Absturz“, sagt Feuerwehrmann Werner Feltes. Damals verbrannten zwei Piloten in einem Kampfflugzeug. „Ein großer Feuerball war in dem Wald zu sehen, als die Maschine aufgeschlagen ist“, erinnert sich Walter Raskop aus Altenhof. Statt großer Angst, ein Kampfflieger könne einmal ein Haus treffen, findet sich in den umliegenden Ortschaften aber nur Gleichmut angesichts der möglichen Gefahr. „Damit müssen wir leben“, meint Walter Raskop.