F-4 Phantom II Storys

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Thone

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Ich krieg mich kaum noch ein.... Super!
 
Roonster

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@Wiesener

Eigentlich wollte ich mich, vollkommen frustriert von diesem Tag, ins Bett begeben aber Dank der Geschichte konnte ich wirklich herzhaft lachen! Vielen Dank dafür! Laune ist wieder top! :TD:
 

recce

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Azorenflug

Die Azoren sind bekanntermaßen eine Gruppe von Atlantikinseln, die etwa 1500 km westlich vom europäischen Festland liegen. Gerade den dort gelegenen Militärflugplatz Lajes hatten sich in den 70er Jahren zwei unerschrockene Aufklärerbesatzungen zum Ziel ihres Überlandfluges auserwählt. Rein aus militärisch taktischen Gründen, versteht sich.

Auch der Kommandeur war angeblich einverstanden; die genauen Umstände, wie und warum seine Unterschrift auf den Flugauftrag kam, lassen sich nicht mehr feststellen.
Es sollte ein einmaliges fliegerisches Erlebnis für die alten Haudegen werden, das mit der gebotenen professionellen Erfahrung angegangen werden mußte. Was gab es nicht alles zu bedenken; schliesslich war es auch ein langer Weg über Wasser, Frankenstein war Pflicht, eine Einweisung in die Rettungsmittel, das kleine Portugiesischlexikon, genug Escudos für den Portwein, Kopfwehtabletten und die Sorge, ob man so kleine Inselchen auch findet mitten in der Wasserwüste.

Die RF4E war damals ein topmodernes Waffensystem, ausgerüstet unter anderem mit einem Navigationsradar und Trägheitsnavigationssystem (Trägheit klingt schon mal gar nicht gut). Ob das Glumpp auch was taugte? Die Amis waren hatten zwar den Mond nicht verfehlt, aber der war ja auch riesengroß.
Arbeitsteilung war angesagt. Der WSO, den man früher noch Navigator nannte, fing mit dem an, was er am besten konnte und besorgte erstmal die nötigen Luftfahrerkarten im Maßstab 1:500.000. Mehrere Karten waren zusammenzukleben zu einem Gesamtwerk. Ein Strich für den geplanten Flugweg von Beja nach Lajes. Was sagte noch der alte Fluglehrer in Fürsty? The basic means of navigation is time and heading. Jawoll! Fertig. Das war schon mal die halbe Miete. Da dieses Navigationsmittel so doch eher die unhandliche Größe eines Bettvorlegers hatte, reichte es ja auch, wenn man den geplanten Flugweg mit einem Korridor, sagen wir von 10 Meilen rechts und links ausschneidet. Und weil doch viel „nur blau“ auf der Karte ist, weil man ja über Wasser fliegt, wo es eh nichts zu sehen gibt kann man das ja auch etwas wegschnippeln, weil so viel Platz ist im Cockpit ja auch nicht. Daß er sich damit einen guten Teil seines geplanten Flugweges absäbelte, war dem Künstler nicht bewußt. Kurzum, die Karten waren im Endzustand in einem handlichen, angenehm in der Hand liegenden Format und die Entferung Beja-Lajes somit auf wundersame Weise auf von 1500 auf 800 km geschrumpft.

Die folgende Spritberechnung anhand der Karte oblag hoheitsgemäß dem Flugzeugführer, dokumentierte er doch mit seiner Unterschrift die Richtigkeit der gemachten Angaben. Dieser hatte allerdings von den Aktivitäten seines WSO nichts mitbekommen hatte; waren dies doch niedere Arbeiten, als ehemaliger 104 Jockey hatte man halt seine Leute dafür. Sprit reicht, Reserve satt.
„Beja tower mission 0815 ready for take off, destination Lajes“
Die Anspannung wuchs ins Unermeßliche, als man vermeintlich soweit gekommen war, daß die Inseln auf dem 80 Meilen Scope des Radars auftauchen mußten. Feintuning war angesagt. Der Navigator hatte Schweissperlen auf der Stirn und so ein Gefühl im Bauch.
Die erwartete Inselgruppe war nicht zu sehen, beim besten Willen nicht. ARE WE LOST?
Die diversen Möglichkeiten und Optionen wurden in einem max endurance holding in Flugfäche 350 eher lautstark diskutiert.
Schon vorbeigeflogen? Radar kaputt? Fataler Fehler in der Kompassanlage? Vulkanausbruch vielleicht, Insel im Meer versunken! Reicht der Sprit noch zurück nach Beja?
Irgendwann dämmerte es den Strategen, warum man die Inseln noch nicht auf dem Radar hatte und der Flug wurde fortgesetzt. Nachdem man sich ausgetauscht hatte, was man jeweils von dem anderen hielt, war die weitere Unterhaltung doch recht einsilbig. Man erreichte den Bestimmungsflugplatz selbstverständlich mit der vorgeschriebenen Restkraftstoffmenge.
Das Wochenende war okay, die Kopfwehtabletten kamen zum Einsatz, der Rückflug war ohne Zwischenfälle.
Unverständlicherweise bekam die höhere Luftwaffenführung Wind von der Geschichte und seitdem war Lajes für die RF4E eine Zeitlang „off limits“.
 
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Target Fixation

Nach den lustigen Ereignissen zurück zu den eher banalen Vorgängen, und was dabei rauskommt wenn man was falsch macht.

Ich hatte ja schon über die Funktionalität und Notwendigkeit des Bombenvisiers der RF-4E berichtet. Die RF-4E hatte ein reines Bombenvisier, die F-4F eine Visiereinrichtung die im Luftkampfmodus auch einen Vorhaltewinkel berechnete und zur Anzeige brachte. Im Bombenmodus ist die Funktion so gut wie identisch. Wozu brauch man so ein Visier und wie funktioniert ein Bombenabwurf?

Es gibt Smart bombs (gelenkte Bomben) und dumb bombs (ballistische Bomben). Zu meiner Zeit standen uns nur letztere zur Verfügung. Einmal vom Flugzeug losgelöst fliegt die Bombe in der Flugrichtung weiter, ist dabei den Kräften der Natur (Luftwiederstand und Gravitation) ausgesetzt und folgt der daraus entstehenden ballistischen Kurve bis zum Aufschlag am Boden. Damit es nicht ganz so einfach wird, gab es noch zwei Sorten dieser dumb bombs, welche mit hohem Luftwiderstand (retarded) und welche mit niedrigem Luftwiderstand (slick). Bei Übungsflügen hatte man immer beide in Form von Übungsbomben geladen, sonst wird es ja langweilig.

Aufgrund der balistischen Eigenschaften wurden die Bomben unterschiedlich eingesetzt, die retarded im Tiefflug geradeaus (Skip) oder mit 10° Sinkflug , die slick mit 10° bis 30° Sinkflug. Das ganze erfolgt aus einem sogenannten Range-Pattern (kann man sich wie eine Platzrunde vorstellen), wobei die Flughöhe über Grund abhängig vom geplanten Bombenwurf ist. Beim Einkurven auf den Endanflug verläßt man diese Platzrundenhöhe, nimmt die erforderliche Endanfluggeschwindigkeit (in der Regel waren das 450 KIAS) und gleichzeitig den erforderlichen Gleitwinkel (Level, 10°, 20° oder 30°) ein, und fliegt jetzt so, daß der Flugweg dabei über das Ziel führt. Neuere Flieger haben jetzt selbst für dumb bombs einen Rechner drin, der die Bombe dann vom Träger abfallen läßt, wenn alle Parameter zusammen einen Treffer ergeben. Zu unserer Zeit war das nicht eingebaut, man mußte folglich einen weiteren Parameter treffen, nämlich die korrekte Höhe über Grund beim Auslösen der Bombe. Da es nie windstill war, mußte auch der Einfluß des Windes kompensiert werden.

Zusammenfassend für 10° Dive-Bombing:
- Genaue Geschwindigkeit 450 KIAS
- Genau 10° Sinkwinkel
- Flugweg stabil über das Ziel führend (Visiereinrichtung)
- Korrektur für Wind
- Auslösen auf exakter Flughöhe über Grund




Was passiert wenn (bei der Annahme Visierpunkt korrekt auf dem Ziel)
- Höhere Fluggeschwindigkeit = Bombe fällt lang
- Niedrigere Fluggeschwindigkeit = Bombe fällt kurz
- Sinkflugwinkel zu niedrig = Bombe fällt kurz
- Sinkflugwinkel zu hoch = Bombe fällt lang
- Auslösungshöhe zu hoch = Bombe fällt kurz
- Auslösungshöhe zu niedrig= Bombe fällt lang

Kombinationen von Fehlern können sich kompensieren oder addieren.

Nun zur Visiereinrichtung: Mit Hilfe einer Optik wird ein rotes Zielkreuz (RF-4E) oder roter Zielkreis (F-4F) auf eine Glasscheibe gespiegelt, durch die das Ziel anvisiert wird. Diese Zielmarkierung kann durch ein Drehrädchen in der Höhe verstellt werden, um die richtige Visierlinie für den geplanten Bombeneinsatz (Retarded oder Slick, Level oder Sinkflug 10°, 20°, 30°) vor zu wählen. Dafür gibt es einen dicken Wälzer mit Tabellen, in dem man die richtige Tabelle raussucht und sich den Wert notiert. Plant man auf verschiedene Abwurfverfahren, so muss man sich tunlichst alle Werte aufschreiben. Im Flugzeug wird nun der Wert durch einen Drehknopf in das Visier eingegeben. Spätestens beim Anflug auf den Schießplatz bekommt man den Wert des Bodenwindes mitgeteilt. Mit Kopfrechen kann man jetzt den Wind in seine Komponenten zerlegen, die Querwindkomponente muß man durch bewußtes Zielen (Vorhalt) ausgleichen, die Windkomponente von Vorne oder Hinten kann man durch Drehen am Knöpfchen in die Visiereinrichtung eingeben. Da der Wind aber selten stabil ist, habe ich meistens darauf verzichtet und diese Komponente ebenfalls durch Vorhalt ausgeglichen.

Man kann die Visiereinrichtung noch für einen weiteren Zweck verwenden. Letztlich fliegt die Bombe nach dem Auslösen eine bestimmte Strecke durch die Luft, bevor Sie am Boden angekommen ist. Diese "Slant-Range" genante Strecke kann man für jede bestimmte Auslösehöhe und Geschwindigkeit ebenfalls in Tabellen nachlesen. Bringt man die bekannte Größe des Zielkreuzes ins Verhältnis zur ebenfalls bekannten Größe des Zielkreises am Boden, dann hat man einen Anhaltspunkt für die korrekte Entfernung zum Ziel. Noch einfacher ist es, wenn man wie in Deci die Klippen als Referenzpunkt nehmen kann.

Sitzt man jetzt schief im Flieger, sitzt man höher oder tiefer, ist das Flugzeug in Schräglage, ändert man die Leistungshebel (was bei der Phantom zu einer Pitchänderung führt) kommen weitere Zielabweichungen und damit Fehlerquellen hinzu.

Wenn man das alles liest, muß man sich nicht wundern, wenn man folgende Sprüche vom Kontrollturm des Schießplatzes hören kann:

Your Bomb was unbelievably long (Deine Bombe fiel unheimlich lang)

We observed your bomb falling over the clip into the water (wir beobachteten dass die Bombe über die Klippe ins Wasser fiel)

You hit Frasca Range (Du hast den Schießplatz getroffen)

You do not attack the range Tower again (greife nicht mehr den Kontrollturm an)

you have a hit on the wrong target (du hast das falsche Ziel getroffen)

Your bomb was a waste of money (deine Bombe war Geldverschwendung)


Weniger harmlos war wenn folgender Spruch kam:

Safe your switches and leave my range immidiately ( Sichern Sie die Waffen und verlassen Sie sofort meinen Schießplatz)

und dazu wieder ein selbst erlebtes Waterloo, das ich und mein WSO glücklicherweise überlebt haben.


Es war auf einem Ausbildungsflug in George AFB 1977, wir waren Crewsolo mit einer 4-Ship auf Cuddeback-Range http://joeidoni.smugmug.com/Aircraft-Crash-Sites/Cuddeback-Lake-Air-Force-Range/4434834_ttUTP

Alles lief gut bis zum 10° Low Angle Glide bombing. Das Pattern war vermurkst, weil der Mann vor mir den Punkt zum Einkurven verpaßt hatte und ich ihn aus den Augen verloren hatte. Dadurch wurde mein Pattern weiter, und um dies zu kompensieren leitete ich den Sinkflug etwas später ein. Vom Gefühl her war alles zunächst normal, ich konnte mich gut auf das Ziel ausrichten, das Ziel marschierte zügig in meinen Zielkreis nur dass der Lastwagen der im Zielpunkt stand einfach zu schnell zu groß wurde. Ich zog instinktiv wie ein Mörder am Stick und gab gleichzeitig volle Leistung (MIL), um diesen LKW aus meinem Frontfenster zu bekommen, was vom Rücksitz mit unartikuliertem Stöhnen quittiert wurde. Darauf hin ich durch die Frontscheibe nur Himmel, aber links und rechts in den Augenwinkeln genügend Landschaft sah, um die Situation richtig einschätzen zu können, es war verdammt eng. Dann ging es gefühlsmäßig endlich nach oben und jetzt spürte ich auch die Menge an G´s, die ich kreiert hatte. Vom Kontrollturm kam zunächst die Frage: Number 4, are you safe? (Nummer 4, alles ok bei Euch?) und auf meine bejahende Antwort dann der oben zitierte Satz mit der roten Karte und damit Verweis vom Schießplatz.

Was war passiert? Aufgrund geringer Routine und dem Abweichen von zuvor eingeübtem Einrollpunkt hatten wir ca. 20° Sinkwinkel eingenommen, und da ich die Triebwerkshebel nach Gefühl auf die 86% für 10° Sinkwinkel zurückgenommen hatte, bauten wir immens an Fahrt auf. Zum Zeitpunkt der Bombenauslösung waren wir auf der richtigen Höhe für 10° und 450 KIAS, hatten aber mehr als 20° Sinkflug und ca. 510 KIAS drauf. Man nennt das auch Target Fixation, denn optisch sah zunächst alles normal für mich aus.

Vom Kontrollturm (dort saßen immer Fluglehrer aus George) sahen sie uns dann hinter dem Ziel in einer riesiegen Staubwolke verschwinden und glaubten auch nicht mehr uns nochmals im Ganzen zu sehen. Mein WSO hatte sich auf den Höhenmesser konzentriert und auch die Höhen ausgerufen, die Abweichung von Geschwindigkeit und Gleitwinkel aber nicht bemerkt. Er wurde von meinem Manöver sehr übberrascht, Die 7,8 G´s brachten ihm eine Woche Rückenschmerzen ein und mir einen Riesen Rüffel vom Wingkommander (ich hatte eine amerikanische F-4E verbogen) bis hin zum deutschen Kommando. Als Belohnung durfte ich den Flug wiederholen.

Mein Sack mit Erfahrung war etwas voller, der mit Glück etwas leerer!

franzl
 
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jockey

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Der thread ist einfach genial :TD:
(kämpf mit mir selber um in der Uni Bibliothek kein Lachanfall zu bekommen, ne ne die Briten :D )
 
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ceffi

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suoer

Hallo ihr Jockeys,

toll eure Geschickten zu lesen.
Finde es aber persönlich schade, dass das Thema ausschließlich die F-4 betrifft.
Ich denke mal, alle Kutscher (egal ob Jet, Transporter oder Hubi) von Oliv Tours, die noch im Dienst oder schon in Pension sind (wie ich) hätten eine Menge Fliegergeschichten zu erzählen.
Ich warte jeden Tag auf eine neue Geschichte.:TD:

Christian
 
Tracer

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Noja, der Thread heißt ja auch F-4 Phantom II Storys :D
Da darf es dann gern mal nur um Phantoms gehen.:engel:
 
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Wie lange reichen 11.000 Liter Sprit?

Es war eine verrückte Zeit: Die Revolution im Iran und der darauf folgende erste Krieg zwischen Iran und Irak führte Anfang 1980 zu einem Ölpreis von 38Dollar je Barrel (darüber würden wir uns heute sicher freuen). Da verwundert es nicht, dass auch die Streitkräfte ihren Beitrag zur Öl- und damit Kosteneinsparung leisten sollten.

Jeder Verband mußte sparen, auch das einzige Jagdgeschwader in Ostfriesland. Es führte dazu, dass alle Tanks abgebaut wurden und nur noch clean geflogen wurde. Man kann sich vorstellen, dass diese Maßnahmen in einem Jagdgeschwader allgemeine Zustimmung fand. Außenlasten sind für einen Jäger nur hinderlich, jetzt waren wir sie los. Damit das TCTP ( kleine Erklärung: TCTP = Taktisches Übungsprogramm, damals 150 Flugstunden minimum) dennoch erfüllt wurde, benutzte man einfach einen längeren Bleistift (für nicht eingeweihte: Flugzeit bei den Jetverbänden ist Bremsen los lassen für Start bis zum Aufsetzen der Räder bei der Landung, jetzt rechnete man fiktiv die Rollzeit mit ein, natürlich alles inoffiziell), man schaute eben großzügig auf die Uhr. Wir waren eigentlich alle zufrieden und trugen unseren Anteil zur Senkung des Ölpreises bei. Die Jabos waren weniger glücklich, auch denen hatten Sie die Außentanks abmontiert.

Es kam der August und irgend ein schlaues Kerlchen begann den Erfolg der Spritsparaktion der Verbände zu überprüfen, und stellte fest, dass man Erfolg auf der ganzen Linie melden konnte. Nun wollte man freudig an die Bestellung für den Sprit des kommenden Jahres gehen, man mußte genau rechnen, da die Spritlager ja noch gut gefüllt waren. Doch oh Wunder, das war ja schwieriger als gedacht. Man hatte langfristige Lieferverträge, und die Mineralölindustrie bestand auf die rechtzeitige Abnahme der verinbarten Menge.

Von einem Tag auf den anderen war Sprit sparen kein Thema mehr, wir mußten das Zeug bis zum Jahresende loswerden!

Ich wills kurz machen, die Jabos waren alle glücklich weil Sie wieder ihre 3 Tanks drunter bekamen, wir Jäger waren mit der Aufrüstung aller Flieger auf Dreitanker dem Selbstmord nahe. Hatte man Pech, bekam man auch noch den alten Sergeant Fletcher Centerline Tank, der leer nur 5G´s abkonnte.

Diese Vorgeschichte ist wichtig, damit der interessierte Leser versteht, warum in der folgenden Phantom-Story keiner der Beteiligten an die Kosten des verbrannten Kerosins auch nur einen Gedanken verschwendete.

Mit einer Rotte sollten wir Low Level Intercepts ( Abfangübung im Tiefflugband) üben. Roundup (Radarstation) sollte uns dabei unterstützen. Wir gingen ziemlich zeitgleich mit einer weiteren Rotte der 2. Staffel raus. Das war eigentlich ungewöhnlich, da man normalerweise unterschiedliche Schicht hatte. Ursache waren Arbeiten an der Fanganlage, weshalb beide Staffeln gleichzeitig Flugdienst machten und die Technik jeden fliegbaren Untersatz bereitstellt, natürlich---- wegen der Spritgeschichte------ als 3-Tanker vollbetankt bis zu Stehkragen.

Wir waren in der Luft und eben über der Nordsee, als Roundup uns fragte,, ob wir auch "Targets of opportunity" (Gelegenheitsziele) akzeptieren würden, was wir natürlich bejahten. War ja viel spannender mit einer Rotte andere Ziele zu ärgern als sich gegenseitig zu beharken. Ruck-Zuck hatten wir den ersten Vektor zu zwei (uns) unbekannten Zielen, die wir mit Hilfe von Roundup attackierten. Einen Dreitanker sollte man unter 5.000 Fuß nur mit Nachbrenner bewegen, was zusätzlich den Vorteil hat dass die Rauchfahne verschwand und den Sprit der Tanks wollten wir sowieso so schnell wie möglich los haben. Da sich die Ziele, eine andere Rotte Phantoms, heftigst wehrte, entwickelte sich ein kleines Scharmützel mit heftigstem Gekurve.
Nach dem zweiten Intercept mit gleich heftigem Ausgang dämmerte mir, dass hier zwei Contoller in Roundup ihre Phantom-Rotten geneinander antreten ließen, und es war auch klar, dass es sich bei der anderen Rotte um die gleichzeitig gestarte Rotte der 712-Staffel handelte.

Jetzt war es eine Sache der Ehre! "Who is the king in heaven? the seven-eleven" (Wer ist der König im Himmel? die 1. Staffel) gegen "Who is the bloody who? The 712" (Wer verdammt noch mal ist die 712?).

Unser Controller war gut, er war wahnsinnig gut. Kaum war das eine Engagement vorbei, schon kam die nächste Zielzuweisung, die sich komischerweise immer als unser Lieblingsgegner von der 2. Staffel herausstellte. Und es machte einen riesen Spaß, hier spielte die Profi-Liga............

...........Master Caution............

was verdammt ist da los? Houston, we have a problem. :eek::?!
Das Fuel Level-Low Light (Sprit in den Rumpftanks unter 1800 Pfund) war an, wie kommt denn das? wir sind gerade mal 25 Minuten in der Luft und haben 3 Tanks dran??? Roundup request homeplate (ich will nach Hause).

Alles kein Problem, in den Flächentanks waren auch noch 1500 lbs zu finden, aufgrund es heftigen Spritverbrauchs entleerten sich die Rumpftanks schneller als die Flächentanks umfüllen konnten. Wir hatten also 3.300 lbs, damit war Wittmund locker zu machen. Ein Check mit meinem Rottenflieger ergab, dass seine Situation ähnlich gelagert war. Ausweichflugplatz war Jever, das lag ja nebenan. Unser zweiter Ausweichflugplatz Hopsten war da schon aus der Wunschliste gefallen----- zu weit weg!

Fortsetzung folgt....;)
 
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Wiesenser

Wiesenser

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Fuel Level Low die zweite....

Hey Franzl,
anschaulicher kann man so eine Geschichte nicht schreiben. Man sitzt quasi mit im Cockpit! Super Story! Dazu passend fällt mir die Geschichte eines nicht näher genannten Kommodores aus den 80er Jahren ein. Er kam leicht verspätet zum steppen und jede andere Besatzung wäre wahrscheinlich nicht mehr zum Fliegen gegangen. In diesem Fall aber wurde eine Startvorbereitung "befohlen", das dem auf der QRA stark ähnelte...! Jedenfalls ist der Gute den anderen F-4F hinterher gehetzt und war nach gut 25 Minuten schon wieder mit seine Mühle am Shelter. Natürlich war die Wartungscrew, die in der Zwischenzeit eine andere Maschine aus der Technik angenommen hatte, nicht so schnell vor Ort. Dafür gab es den ersten Anschiss. Den zweiten, einen sog. "Generalanschiss" gab es dann für die Jungs, die sich keiner Schuld bewußt waren, nach dem Aussteigen, als dann allen ernstes unser Kommodore mit hoch rotem Kopf und Schaum vorm Mund brüllte, warum er denn verdammt noch mal mit drei Außenkannen durch die Gegend fliegen würde wenn diese eh nicht voll getankt würden....
 
Augsburg Eagle

Augsburg Eagle

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Super, einer der besten Threads hier im FF.

Bitte mehr davon:):)

Gruss aus MUC
 
Wiesenser

Wiesenser

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Der "Anschiss" war berechtigt...

Falscher Shelter, falsche Mühle, scheiß Tag...
Es war im Sommer, super Wetter, irgendwann Mitte der 80er Jahre. Ich hatte Spätschicht, d. h. Dienstbeginn 15:45 Uhr und am Abend um 20:00 Uhr war ein Fußball – Länderspiel, dass ich natürlich unbedingt sehen wollte. Ich fuhr also um die Halle herum und parkte direkt vorm Klima / Lox Gebäude. (Wir Klimatiker haben wegen der großen Menge Flüssigsauerstoff in den Lagertanks ein eigenes Gebäude etwas außerhalb des sonstigen Staffelbereiches.) Nun kam ich also in die Fachgruppe rein und war innerlich auf einen Fußballabend eingestellt. Und da die ersten Tage der Woche auch ziemlich ruhig waren, mußte es ja heute nicht gerade anders sein. Aber es kam natürlich anders. Mein Fachgruppenleiter empfing mich mit den Worten: Endlich ist die Spätschicht da, heute ist Klima - Großkampftag, Na toll, dachte ich, aber noch waren ja ein paar Stunden hin, bis zum Fußballspiel. Wir machten also eine Übergabe und mein zweiter Mann in der Spätschicht, ein noch junger, frisch ausgebildeter Mann, bekam seinen Teil der Arbeit zugewiesen und fuhr zum Shelter. Ich selber wartete noch auf einen Kameraden der Tagschicht, der mit dem Debriefer unterwegs war und ein Shelterdebriefing abarbeitete. Kurz darauf kam er rein und erzählte mir, das die Maschine von einem Nachprüfflug 1-CL zurück gekommen war, dieser Nachprüfflug auch „releast“ war, aber die Besatzung „singende“ Geräusche aus dem Bereich rechts unterhalb des Cockpits, also dem Bereich der Kabinenklimaanlage, gehört hatte. Da beim Shelterdebriefingverfahren die Besatzung im Anflug über den Tower einen sog. „Maintenance Code“ für die jeweilige Störung an die Einsatzsteuerung durch gab, wußte erstens die Besatzung, was sie nach der Landung machen mußte, (In diesem Fall die Triebwerke nicht abstellen, bis der entsprechende Mechaniker vor Ort war) und zweitens die Technik, welcher Fachbereich durch den Debriefer abgeholt und zum entsprechenden Shelter gebracht werden mußte. Unser Mann hatte also über Interfon mit der Crew geredet und konnte dann, in dem er einem Schraubendreher, den er mit der Klinge an die Klappe 6R und dem Griff am Headset hielt, deutliche Rumpelgeräusche wahr nehmen, die ziemlich sicher auf eine defekte Kühlturbine hin deuteten. Die Besatzung konnte die Triebwerke abstellen und unser Mann ist rein in den Bulli und zurück zu Fachgruppe, denn der Feierabend nahte. ER hatte sich also verabschiedet und ich war plötzlich alleine im Büro. Verdammt, er hat mir gar nicht erzählt, wo die Mühle steht. Aber das taktische Kennzeichen hatte er mir gesagt. Nun weiß man ja, dass es bis einschließlich der 37+75 alle taktischen Kennzeichen auch mit der 38er Nummer gab. Aber er hatte mir ja die 38+63 (ob es wirklich diese Maschine war, weiß ich nicht mehr, ist aber letztendlich auch nicht wichtig) für die Störung genannt. Und ab jetzt kann man sehr gut nachvollziehen, was passiert, wenn mehrere Institutionen in solch einem komplexen System wie dem eines Jagdgeschwaders, nicht so funktionieren, wie es eigentlich sein sollte. Ich also ans Telefon und in der Einsatzsteuerung nachgefragt, wo denn wohl die 38+63 stehen würde. Prompt kam die Antwort: Shelter 16. Ich habe also unser Fachgruppen - eigenes Minifahrrad und meine Werkzeugtasche geschnappt und bin dann bei schönstem Sommerwetter Richtung Ostschleife gefahren. Da das Flightbüro auf dem Weg lag, bin ich gleich rein und habe nach dem Schlüssel von Shelter 16 gefragt, den ich auch gegen Unterschrift ausgehändigt bekam. Also. Die Tür auf geschlossen, Licht an, die kleine gelbe Shelterbühne nach vorne rechts geholt und angefangen die ca. 70 Schrauben aus der Klappe zu drehen. Das ging problemlos, was nicht immer so ist, oft braucht man auch Hammer und Körner um die Schrauben zu lösen. Also weiter, die (damals noch eingebaute) Enteisungsanlage ausgebaut, anschließend die vordere Verrohrung und was sonst noch so im Wege saß, um an die defekte Turbine heran zu kommen. Es lief eigentlich alles ganz gut und nach etwa 40 Minuten hatte ich die Turbine in der Hand und legte sie auf die Bühne. Ich fing gerade mit der obligatorischen Werkzeugkontrolle an, als ich draußen ein Fahrzeug hörte. Im gleichen Augenblick kamen zwei Warte herein und direkt dahinter eine fliegende Besatzung. Der erste Wart schaut mich an, runzelt die Stirn und fragt dann: „ Was machst Du denn da?“ Ich immer noch cool, antwortete: „Ich wechsele die Kühlturbine“. Und warum machst Du dass an einem flugklaren Luftfahrzeug? Wie, flugklar? Frage ich, schon etwas unsicherer , zurück. Jetzt mischte auch die Besatzung mit. Also, wir sollen hier von Shelter 16 aus fliegen. Ne, sage ich, fliegen findet in den nächsten zwei bis drei Stunden mit diesem Flieger sicher nicht statt. Das gibt’s doch nicht, fing der Wart wieder an, woher hast Du denn den Arbeitsauftrag? Tja, so langsam dämmerte es mir, dass ich wohl gerade Mist gebaut hatte. Ich bin also ans Shelter - Telefon, rief die Einsatzsteuerung an und fragte, welche Maschine denn die Klimastörung mit den Heulgeräuschen hätte. Das ist die 37+63 in Shelter 3, willst Du da hin? Ich sagte, dass ich erst einmal vorbei kommen würde und was zu erklären hätte und legte dann ziemlich konsterniert auf. Natürlich gab es vom TovD (Technischer Offizier vom Dienst) einen mächtigen Anschiss und nicht nur, dass der Flug ausgefallen ist, es mußte die „heile“ Turbine wieder eingebaut werden, die Maschine in die Bremshalle geschleppt und ein Bodenprüf- und Dichtlauf durchgeführt werden und daran anschließend die eigentliche, kaputte Maschine repariert werden. Aber sehen wir uns mal alle möglichen Fehlerquellen in dieser „Sache“ an.
1. Schlechte Übergabe in der Fachgruppe von Tagschicht zur Spätschicht. 2.Mein Anruf bei der Einsatzsteuerung, wo steht die 38+63 (Falsche Frage, wo steht die Maschine mit der Klimastörung wäre richtig gewesen) 3. Der Einsatzsteuerer (Seine Frage, was willst Du an einer flugklaren Maschine, kam nicht) Auch hätte mir auffallen „können“ dass die Maschine, die angeblich gerade einen 1-CL geflogen war, als 3-Tanker im Shelter stand. Es bedarf, so glaube ich, nicht der Erwähnung, dass das Fußballspiel erstens unwichtig wurde und ich es zweitens auch nicht zu sehen bekommen habe. Allerdings hatte die Sache ein Gutes, es ist mir nie wieder passiert, dass ich nicht genau wußte, wo welche Arbeit am Flieger zu machen war.
 

The Configurator

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Hallo Wiesenser,

...wie im richtigen Leben. Du warst bestimmt nicht der erste und wirst auch nicht der letzte sein, dem sowas passiert/e.

Grüße,

Günter
 

recce

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kleines malheur

1990 nahm das Geschwader an einem internationalen Aufklärerwettbewerb in den USA teil. Dazu sollten RF4E von Bremgarten über Shaw nach Bergstrom AFB per Luftbetankung verlegt werden. (Der tatsächliche Flug nach Shaw betrug dann 10 Stunden 20 Minuten, das ist aber eine andere Geschichte).
Der engagierte Fliegerarzt widmete sich voller Enthusiasmus den flugphysiologischen Aspekten der Verlegung.
Um der Gefahr einer Dehydrierung vorzubeugen, sollte während des Fluges getrunken werden, aber, …wohin mit der dadurch entstehenden Körperflüssigkeit, man versteht ?

Die Windeloption wurde als zu unmännlich verworfen.

Inspiriert durch einen Lehrgang bei der NASA konstruierte er mittels eines Kondoms, Heftpflaster, diversen medizinischen Schläuchen und einem Auffangbeutel, der am Knie zu befestigen war, eine durchaus patentfähige Vorrichtung dazu.
Diese war natürlich erstmal auf Zweckmäßigkeit zu überprüfen, flight tested, versteht sich.

Um sicherzustellen, auch während des Testfluges ein dringendes Bedürfnis zu haben, nahm der VLF (Proband) vor dem Flug Unmengen des berüchtigten Loungekaffees der 512 zu sich (würg), der die sonderbare Eigenschaft hatte, sich nach Genuß direkt in die Blase zu begeben. Soweitsogut.

2-ship take off, turn out of traffic in fingertip formation, ...45 grad bank, …alles sieht gut aus…

„WOW, SH*T, WHATTAHELLSGOINON?“ , der Rottenflieger bricht vehement aus der Formation aus, oszilliert vor sich hin und stabilisiert sich in einer Entfernung von einer halben Meile wieder. WHATSAMATTER? Hydraulik vielleicht, Triebwerksausfall? „TWOWHATSUP????“ ……………. „ ???? „

„Ja, ähhh, hähähä, ich glaub er ist geplatzt.“

Schlagartig war alles klar. Der Harndrang war stark weil siehe oben und der Pilot ließ laufen, hatte er doch die durchaus berechtigte Erwartung, daß alles seine Ordnung haben würde. Die ganze Sache hatte aber einen konstruktionsbedingten Haken. Nach Anlegen der Gurte, die den Flugwilligen auf dem Martin Baker Chefsessel festzurrten, war der Schlauch, der zum Auffangbeutel führte, abgeknickt und ein ordnungsgemäßes Befüllen des Behälters war somit nicht mehr möglich. Die Katastrophe nahm ihren Lauf.
 
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Wie lange reichen 11.000 Liter Sprit? Teil 2

Hey Franzl,
Man sitzt quasi mit im Cockpit! .....................

Kommodore mit hoch rotem Kopf und Schaum vorm Mund ....

Da begeben wir uns jetzt wieder hin, ins Cockpit über der Nordsee, inzwischen Flugrichtung Wittmund für eine möglichst rasche Landung.

Während das Adrenalin langsam auf einen gesunden Level absank, war Zeit ein paar Checklist-Items abzuarbeiten. Über unser beider Spritsituation gab es inzwischen keine Zweifel mehr, wir hatten von den 20.000 lbs beim Start ca. 17.000 lbs innerhalb von 30 Minuten verbraten, das war nachher sicher erklärungsbedürftig. Mit dem Landeanflug kämen wir auf ungefähr 40 Minuten Flugzeit und dann noch einen ganz langen Bleistift, dann wird das 55 Minuten sein. Die Technik wird meckern, aber vielleicht hilft ein Kasten Bier?

Das G-Meter sah auch nicht so toll aus. 6,8 G´s auf meiner Uhr ergaben im hinteren Cockpit hoffentlich etwas weniger? Auch diese Hoffnung zunichte, hinten waren es 7,0 G´s. Die Flügelaußentanks waren damit auf jeden Fall zur Überprüfung fällig, und ich nochmals um eine Kiste Bier ärmer. Eine vorsichtige verklausulierte Nachfrage bei meinem Rottenflieger ergab eine mehr als einsilbige Antwort "not good, shit!", das hörte sich richtig schlimm an.

Wir meldeten uns bei Wittmund Tower fast gleichzeitig mit der anderen Rotte aus der 712, dort waren also die Sprit-Problemchen ähnlich gelagert. Natürlich meldeten wir uns dort ganz normal an, so als ob alles normal wäre, was es aber nach folgendem Funkspruch einer anderen Maschine nicht mehr war. "Now the shit hits the fan"!

"Wittmund Tower, HG 32 15 miles out declaring Mayday, hydraulic failure, we need the approach-end cable" (Wittmund Kontrollturm, hier ist HG32, wir erklären Luftnotlage wegen Hydraulik Schaden, wir benötigen das erste Kabel für einen Hakenfang).

Womit hatten wir das verdient? Jetzt fährt die Feuerwehr raus, hängt das Kabel ein, dann landet die Maschine im Kabel, muss von dort mit dem Schlepper dann weggeschleppt werden, die nächsten 20 Minuten geht da gar nix mehr! Prompt kam auch schon der Ruf vom Tower, wir sollten außerhalb der Kontrollzone für 20 Minuten warten wegen Luftnotlage. Freundlich informierten wir den Kontrollturm, dass uns das zu lange wäre und wir nach Jever ausweichen würden. Auch die andere Rotte fand Gefallen an Jever und meldete sich ebenfalls beim Kontrollturm ab.

An dieser Stelle muß ich einen kleinen Einschub machen, sonst sind die nachfolgenden Zeilen nicht zu verstehen. Jever war damals die Waffenschule 10 und hatte keinen Kommodore, sondern einen Kommandeur, ich nenne ihn mal K. Er war schon seit Jahren in diesem Amt und es würde auch seine Endverwendung sein. Dieser herrschte in Jever über den Flugplatz und das ganze Gesinde nach eigenen Regeln. Nur als Beispiel sei hier der versuchte Start zu eines Langstreckennavigationsflug am Freitag gegen 13 Uhr angeführt. K. war bereits mit seinen Mannen bei einer flüssigen Stärkung im Casino, als er draußen eine Rotte F-104G vorbeirollen hörte. Auf seine Frage, wer jetzt hier auf seinem Flugplatz um diese Zeit noch starten wolle erfuhr er von seinem Ordonanzoffizier, dass es sich um den von ihm selbst genehmigten Langstreckennavigationsflug nach XY handeln würde. Daraufhin rief K. beim Kontrollturm an und lies den Besatzungen mitteilen, der Flug wäre gestrichen. Für solche Ereignisse hatten eingeweihte nur eine Erklärung, Kommandeur K. hätte wohl Migräne.

Wir meldeten uns beim Kontrollturm in Jever an und baten um Landeerlaubnis. "HG XY standby, i have to check with OPS, because we are just closing." ( HG XY einen Monment bitte, ich muß erst nachfragen, denn wir sind gerade dabei den Platz zu schließen). Wir wollten unserem Wunsch nach Landung eine kleine Dringlichkeit geben und erwähnten, dass wir aufgrund der Luftnotlage in Wittmund etwas knapp bei Sprit wären und daher hier landen müßten. Auch die andere Rotte äußerte den gleichen Wunsch, wobei der Tonfall ja imer noch ausgesprochen Cool klang, als ob nichts wäre.

Was soll ich sagen, es war Freitag gegen 13 Uhr und K. hatte tatsächlich Migräne, er ließ uns mitteilen, wir sollten doch zum zweiten Ausweichflugplatz fliegen, hier würde jetzt zu sein. Die andere Rotte meldete sich wieder ab und ich hatte wieder reichlich Adrenalin im Blut. Jetzt war es an der Zeit, das Zauberwort zu sprechen.

"Jever Tower, HG XY, mayday mayday mayday, we are low on fuel and have to land at your field within the next 10 Minutes. We are proceeding to Final approach" (Jever Kontrollturm, HG XY Luftnotlage Luftnotlage Luftnotlage, unser Sprit ist fast verbraucht, wir müssen in Jever innerhalb der nächsten 10 Minuten landen, wir fliegen Richtung Endanflug). Die Richtigkeit meiner Worte wurde durch das erneute Aufleuchten von Master Caution ud Fuel Low bestätigt. Der Kontrollturm hatte uns jetzt auch richtig verstanden und erteilte uns die Freigabe für einen sofortigen Formationsanflug und Landung.
Wir waren nach genau 45 Minuten Flugzeit in Jever am Boden und rollten zum zugewiesenen Abstellplatz. Großzügig machten wir mit dem super langen Bleistift eine Flugzeit von einer Stunde und 5 Minuten.

Nach einer Stunde waren wir per Bully in der Staffel in Wittmund zurück und wurden vom Staffelchef persönlich in Empfang genommen. Wir hatten zu erklären, warum wir mit soviel Sprit so wenig Flugzeit generiert hätten (wobei er von der Stunde und 5 Minuten redete) und warum wir nicht wenigstens in Wittmund hätten landen können. Denn Herr K. von Jever würde die Maschinen heute nicht mehr starten lassen. Heute würde auch alles schief gehen, eine weitere Maschine sei zur gleichen Zeit in Hopsten gestrandet und noch eine andere wäre mit einem "größeren Over-G" nach der Luftnotlage in Wittmund gelandet. Das würde wohl am Montag noch untersucht werden.

Das Wochenende verbrachte ich mit dem gedanklichen Durchspielen verschiedener Erklärungsmöglichkeiten, und da mein Rottenflieger direkt um die Ecke wohnte, tauschten wir uns intensiv aus. Allein, es wollte uns nichts so richtig einfallen.

Am Montag zur Spätschicht lagen dann die Fakten auf dem Tisch, die da waren:
2 Rotten F-4F hatten sich über der Nordsee mit Hilfe zweier Controller von Roundup ein heftiges Scharmützel geliefert, wobei nach Anzahl der gemeldeten Abschüsse die 711 die Oberhand behalten hatte (der Punkt ging an uns, horrido!). Von den 4 Maschinen war eine mit einem größeren Over-G und unter Min Fuel in Wittmund gelandet, eine Maschine war mit sehr wenig Sprit in Hopsten gelandet, und zwei Maschinen (meine Rotte) war gegen den Willen von Herrn K. mit Mayday in Jever gelandet. Die Wittmunder Techniker, die mit dem Bulli nach Jever gefahren waren, wurden dort nicht nur sehr unhöflich empfangen, sondern sie stellten dort weiterhin fest, dass eine Maschine ein heftiges Over-G mit Beschädigungen an den Flächentankaufhängungen hatte, was dazu führte, dass die Tanks abgebaut und auf dem LKW nach Wittmund überführt werden mußten. meine Maschine hatte ebenfalls ein Over-G, die Aufhängungen sahen gut aus, aber vorsichtshalber ließ man die Außentanks bei der Betankung leer. Ein eifriger TO prüfte dann die Start- und Landezeiten bei den jeweiligen Kontolltürmen nach, und so wurde auch noch die tatsächliche Flugzeit bekannt.

Wir lernten dann gemeinsam unseren Kommodore in der oben im Zitat beschriebenen Art kennen, wir waren anschließend froh, dass er diesen Anfall überlebt hat.

Glücklicherweise wurden wir dringend gebraucht, den immer noch in großer Menge vorhandenen Sprit zu verfliegen, und darin hatten wir ja wirklich eine gute Figur gemacht. Ansonsten hätten wir wohl 4 Wochen auf unsere Flugzulage verzichten müssen. Gerüchte und die wildesten War-Stories machten noch die Runde durch das Casino und die Staffeln (einen von der 712 soll das Ereignis die Ernennung zum Staffelchef gekostet haben), aber letztlich kehrte dann wieder Ruhe ein.

Ich habe auch viel aus dem Ereignis gelernt, sonst könnte ich vermutlich diese Story nicht erzählen.


franzl
 
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Wolfman_1832000

Wolfman_1832000

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Mit Abstand der beste Thread seit langem in diesem Forum,einfach klasse !

Ich würde mich sehr freuen wenns noch lange weiter geht und....wenn auch Piloten,Warte etc.anderer Muster ihre Erfahrungen und Erlebnisse uns hier erzählen.

Weiter so !:TOP:
 
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Habe mir mal kurz die Versorgungs.Nr der F-4 notiert.Vielleicht hat unser Nachschub noch eine Lagermäßig da:TOP:
 
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