AW: Flugbetrieb in Neubrandenburg-Trollenhagen 2014 Drama am Morgen: Ein Tod rettet
Wie wichtig der Flughafen Trollenhagen sein kann, um Menschenleben zu retten, ist in dieser Woche mehr als deutlich geworden.
Um 5.02 Uhr an diesem Dienstagmorgen in Trollenhagen: Ein kleiner Jet aus Hamburg landet auf der Rollbahn. An Bord befindet sich ein komplettes Herzchirurgenteam, inklusive Chefarzt und Assistenzärzten. Ein Rettungswagen bringt sie mit Blaulicht nach Greifswald. In der Uniklinik ist in der Nacht zuvor ein Organspender verstorben. Sein Tod wird mindestens drei Menschen das Leben retten.
Wenn ein Herz verpflanzt wird, ist es üblich, dass das Transplantationsteam selbst das Herz vom Spender entnimmt. Viele Herzchirurgen arbeiten mit verschiedenen Methoden, da darf kein Schnitt falsch sitzen. Deshalb kommen die Hamburger extra nach Greifswald. Mit Blaulicht geht es zurück nach Trollenhagen. Um 8.30 Uhr treffen Team und Herz hier ein, eine Minute später hebt ihr Flugzeug ab. In Hamburg wartet ein Mensch schon sehnsüchtig auf sein neues Herz.
Um 8.43 Uhr hebt ein weiteres Flugzeug ab. Sein Ziel ist Brüssel. An Bord: Lunge und Nieren des Verstorbenen für Patienten in einer belgischen Klinik. Um 10.45 startet ein drittes Flugzeug mit der Leber des Verstorbenen zum Flughafen Köln/Bonn.
Solche Rettungsaktionen kommen in Trollenhagen mindestens einmal im Monat vor, berichtet Flugleiter Gerhard Seyfarth, der im Tower des zivilen Teils des Flughafens Trollenhagen seinen Dienst versieht. Seit Silvester allerdings haben sich die Patienten- und Organtransporte gehäuft, drei Einsätze hat er seitdem schon begleitet.
Viktor Harsch, der eine von vier Flugmedizinpraxen des Landes im Neubrandenburger Ärztehaus betreibt, warnt auch wegen genau solcher medizinischen Notfälle aus aktuellem Anlass vor einer Schließung des Flughafens Trollenhagen. Regionale Flughäfen dürften nicht nur unter dem Blickwinkel von wirtschaftlichen Interessen betrachtet werden, sondern „als Teil der staatlichen Daseinsvorsorge“. Genau mit diesem Wortlaut stehe es sogar im Flughafenkonzept der Bundesregierung, das im Jahr 2009 formuliert wurde.
Der Verlust des Flughafens Trollenhagen wäre mit erheblichen negativen Folgen für die medizinische Betreuung der Bevölkerung in der Region verbunden. Nur ein sehr geringer Teil der jetzt vorgenommenen Flüge könnte durch den in Neustrelitz stationierten Hubschrauber abgedeckt werden. Denn dieser ist vornehmlich für Rettungsflüge, beispielsweise bei Verkehrsunfällen, reserviert.
In Trollenhagen ist seit 1994 ein weiterer Ambulanzhubschrauber stationiert, der in den vergangenen 20 Jahren rund 3400 Mal zum Einsatz kam. Dieser ist für andere eilige Patiententransporte vorgesehen und wird auch direkt von der Leitstelle oder dem Klinikum angefordert, beispielsweise wenn einer Schwangeren eine Frühgeburt droht und ihr Transport über Straßen nicht schonend genug wäre.
Harsch erwähnt aber auch Krankentransporte aus dem Ausland, die in Trollenhagen landen, zum Beispiel Menschen aus dem Nordosten, die sich im Urlaub ein Bein gebrochen haben und mit Hilfe ihrer Auslandskrankenversicherung zur Behandlung nach Hause transportiert werden.
Momentan werden laut Viktor Harsch jährlich rund 180 Ambulanzflüge von Trollenhagen aus vorgenommen. Hinzu kommen durchschnittlich etwa 20 Organtransporte. Mit den noch vorhandenen technischen Möglichkeiten könne rund um die Uhr gearbeitet werden, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Trollenhagen gelte bislang im bundesweiten Organspende-Netz, bei den Piloten und den medizinischen Partnern als „leuchtendes Beispiel an Servicefreundlichkeit“, so Viktor Harsch. Das sollte man nicht einfach so aufgeben, mahnt er.
(Quelle:
www.Nordkurier.de)