Cri Cri
Hallo,
ich möchte mal eine Lanze brechen für die deutschen Vorschriften.
Die Cri-Cri ist alles andere, als leicht zu fliegen. Bei einseitigem Motorausfall wird das Ding so gemein, daß selbst der erfahrener Zweimot-Pilot echte Schwierigkeiten hat. Ich würde so etwas niemals mit einer UL-Lizenz erlauben, wenn z.B. meine Kinder damit los wollten.
Überziehverhalten, Trudeln, Motorausfall, Geradeausflugeigenschaften, Verhalten auf Gras, Startverhalten generell . . . wer eine C42 fliegt und diese beherrscht, kann noch lange nicht einfach umsteigen und dann (ohne Lehrer) mit so einer Doppelmotorsäge fliegen.
Ich will nicht sagen, daß es nicht möglich ist für den ambitionierten Selbstbauer, sich auch das Fliegen damit beizubringen. Wenn man über alle Tücken Bescheid weiß, geht das. Aber würde man es hier in Deutschland einfach so freigeben, dann - denke ich - würde das die UL-Statistik bald dunkelrot färben. Man hängt mit dem Zweimot-Gesetz einfach die Latte so hoch, daß nur noch ausgesuchte Experten mit Geld sich sowas leisten können. Im Grunde schon ein wenig unfair, aber leider ziemlich notwendig.
Geflogen bin ich die Cri Cri noch nicht, aber schon gerollt. Uaaah! Das ist ein Gefühl mit so kleinen Rädchen und so ein leichtes Ding. Ich sach mal (Cri-Cri Flieger mögen es mir verzeihen) ein Einkaufswagen mit Motor. Unter einem schwappt der Sprit im Klarsich-Hohlraumsitz aus GFK.
Der Erbauer hatte beide Gaszüge auf einem Hebel, aber ich habe mal an den Bowdenrohren selbst gezogen. Da ist bei dem tanzenden Bugrädchen aber nicht mehr viel mit Seitenführung, wenn es mal einseitig losknattert.
Man müßte sie erstmal als Modell bauen, so vielleicht Scale 1:2. Dann könnte man erstmal Erfahrung kriegen.
Aber nun noch ein Erlebnis, was inzwischen 27 Jahre her ist:
Auf einem bekannten Eifeler Flugplatz, wo ich damals als Segelfliegerschüler meine Runden drehte, fuhr ein stolzer Erbauer seine Maschine im Anhänger vor. Wir halfen beim Ausladen, was übrigens wirklich spielend leicht war. Die Cri-Cri kann man zu zweit einfach jeder an einem Flächenende packen und wegtragen (was starker Wind übrigens auch schafft).
Er ließ dann die Motoren laufen und wiegte sich in Vorfreude auf die ersten Flüge. Er redete dauernd etwas von "27 Trudelumdrehungen an einem Stück"
Einer der Motoren lief nicht sauber, was mir als Zweitaktspezi sofort auffiel, ihm aber auch - immerhin. Die Cri-Cri hat Dekompressionshebel, sodaß man bei Motorausfall die stehende Maschine wieder anblasen können soll und neu starten. Das Ganze ist ziemlich umstritten, weil es für einen Motorausfall in der Regel einen Grund gibt, der nicht per bloßem Startversuch wieder verschwunden ist - aber gut. Die Cri-Cri hat sowas und man sollte es auch dranmachen.
Dem Erbauer war die Führung von zwei extra Zügen nach draußen zu lästig und er hat drauf verzichtet. Ich trat hinter die Maschine und schaute auf das winzige Seitenleitwerk, was von der voluminösen Haube ziemlich abgeschattet wird. Ich sagte: "Wenn da mal ein Motor ausfällt . . . ."
Er entgegnete wörtlich: "Nun machense es mal nicht so spannend! Wenn ein Motor ausfällt, fliege ich halt mit dem anderen weiter. Was solls denn?!"
Später sah ich ihn mit seiner Maschine proberollen. Der eine Motor knatterte immer noch zum Gotterbarmen im Teillast.
Ich weiß nicht, was dieser Mann heute tut und ob er noch lebt. Ich weiß nur, daß er drei Wochen später mit seiner Cri-Cri im Feld lag, nachdem er aus dem Trudeln nicht mehr herausgekommen war. Es soll auch einen einseitigen Motorausfall gegeben haben. Der Mann hat es überlebt und war querschnittsgelähmt. Ich war damals 23 und habe einfach nur mal alles auf mich wirken lassen. Heute, mit 50 und Verantwortung für Nachwuchs, sehe ich manche Dinge etwas anders.
Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen. Wäre das Cri-Cri Fliegen hier mit meinem angestaubten UL-Schein erlaubt und ich hätte die Möglichkeit, so würde ich es auch gerne versuchen. Dann aber würde ich die Kiste vorher gründlichst checken und nicht gleich bei den ersten Flügen eine Kunstflugeinlage versuchen. Als Vorschriftengeber würde ich - in Kenntnis meiner Landsleute - vermutlich aber auch so verhalten, wie die deutsche Administration.
Gruß
Werner Schulte