Da mein AG auch offene Stellenausschreibungen in Indien laufen hat kann sich jeder Inder der will bei uns bewerben.
Leider waren es bisher auf dem Papier alles Raketenwissenschaftler, die beim Vorstellungsgespräch z.B große Wissenslücken bei einfachen Konstruktionsstandards hatten.
Sowas entlastet uns dann nicht.
Ich wünschte es würden sich endlich mal die Inder*innen bei uns bewerben, die auf einem ähnlichen Level wie wir hier sind.
Das ist aber in Asien und tw. in den USA völlig normal. Darum haben die HR Abteilungen dort ja alle elektronische Bewerbungs- und Filtersysteme vorgeschaltet. Die tun alles, um erstmal eine Chance zu bekommen. 1000 Bewerbungen sind in bestimmten Bereichen für einen Bewerber in Indien völlig normal. Da viele der Zertifizierungen schon in der Schule und nicht selten unter fragwürdigen Bedingungen ablaufen, sind die allein kaum was wert. Wichtig ist immer die Praxiserfahrung, was bei jungen MA sehr schwierig ist, da sie von der Schule nur mit Theoriewissen kommen, was kaum gefestigt ist und sie in den ersten Jahren ihrer Karriere aufgrund des sozialen Drucks schnell aufsteigen müssen, sonst verlassen sie dich. Wenn man aber alle 6 Monate in eine neue Rolle wechselt, hat man kaum eine Chance groß Erfahrungen zu sammeln. Wir stellen daher für Positionen, wo die Leute schon laufen können müssen, kaum noch Bewerber frisch von der Uni oder technischen Hochschule ein, sondern alles nur Leute, die seit 5-10 Jahre im Geschäft sind und nicht zu viel die Arbeitgeber gewechselt haben. Alle die frisch von der Uni kommen müssen erstmal 2-3 Jahre sehr eng geführt und massiv unterstützt in der Praxis ausgebildet werden. Dafür sind diese Mitarbeiter dann auch erstmal recht günstig, was tragischerweise die Manager hierzulande immer auf die falsche Fährte lockt.
Gute Mitarbeiter bewerben sich meist nur dann, wenn der Arbeitgeber und ggf. der als zukünftige Vorgesetzte genannte Manager ein gutes Renommee in Mitarbeiterkreisen haben. Die haben div. Chat-Gruppen, wo sie sich über die Arbeitsbedingungen und das persönliche Verhalten von Führungskräften austauschen. Sie wissen alles über dich, wenn die zu einer Bewerbung kommen und erwarten dies dann auch von dir. Du musst wissen, was eine Zertifizierung mit dem Ergebnis in der Schule/Universität wert ist oder nicht. Wenn du es nicht tust, dann verlierst du halt, wirst als desinteressierter/schlechter Manager eingestuft, der dem Negativklischee des Managers aus Europa oder den USA entspricht. Für so jemanden will keiner von den Guten arbeiten. Wenn du also zu oft den genervten Manager raushängen lässt oder nie vor Ort bist, wird das so in den Chat-Gruppen die nächsten Jahre lang kommuniziert und du kannst es eigentlich gleich ganz bleiben lassen.
Das bezog sich eher auf die große Selbstsicherheit (durch die sich manches Top- Management scheinbar immer noch blauäugig beeindrucken lässt), die sie an den Tag legen selbst bei offensichtlicher Ahnungslosigkeit. Das Wort (Selbst-) Zweifel scheint es im Hindi nicht zu geben.
Die sind voll mit Selbstzweifeln. Das Problem hier liegt woanders. Wenn ein Vorgesetzter einen indischen Mitarbeiter fragt, ob er dies oder jenes tun könne, dann liegt bei indischen Mitarbeitern darin immer die Mitteilung, dass du glaubst, dass sie das können und dann werden sie dich nicht enttäuschen wollen oder trauen sich nicht, dir zu widersprechen. Die Erwartung in Indien ist, dass du als "Boss" - und auch Auftraggeber sind dort immer erstmal ein "Boss" - schon genau weißt, was sie können und was nicht, weil du dich vorher genau über sie informiert hast. Das kollidiert natürlich mit der europäischen Erwartungshaltung, dass diese Frage erstmal dazu dient zu erfahren, ob der benötigte Skill überhaupt vorhanden ist. Wenn du erstmal herausfinden willst, ob der Skill vorhanden ist, spricht man erstmal ganz allgemein darüber, was an Voraussetzungen dafür erforderlich sind und wer im Unternehmen diesen Skill denn haben könnte. Dann werden die indischen Kollegen möglicherweise geeignete Kandidaten (ggf. erst mit Entwicklungspotenzial) benennen (oder selten auch mal nicht). Bei uns ist es zudem völlig normal, dass Bewerber vor einer Bewerbung einen Test für die Stelle oder Aufgabe machen müssen. Die dafür Qualifizierten haben damit kein Problem, den Rest ermuntert man dann ihre Skills noch zu verbessern und es nächstes Mal wieder zu probieren. Ein guter, fürsorglicher und gerechter Chef zu sein, ist in Indien sehr wichtig.