Dann hoffe ich wohl mal, dass Du hier Recht hast! Ich bin eher der Ansicht, dass die USA kein wirkliches Interesse an Libyen haben, mit der Ausnahme, dass ihnen der Fortbestand des Chaos lieber ist als ein neuer starker Mann in Libyen. Eine Strategie, die sie irgendwie überall in der Region verfolgen.
Einspruch und zwar gegen beide Aussagen!
Das Chaos in Libyen, ein failed state mit der Herrschaft von bzw. Kämpfen zwischen unterschiedlichen Stämmen, Clans oder schlicht kriminellen Banden ist eine objektive Tatsache und nicht nur eine subjektive Sichtweise von westlichen Regierungen, die halt keine Ahnung von Stammesgesellschaften haben.
Und es ist historisch zweifelfrei keine Spätfolge der Diktatur sondern unmittelbar auf die Intervention zum Sturz Gaddafis zurückzuführen, mit dem einerseits die staatliche Ordnung zerstört wurde und anderseits Stämme, Clans und Banden erst Zugriff auf schwere Waffen erhalten haben.
Ein Interessenausgleich der Stämme ist leider eine recht naive westliche Vorstellung, incl. der Vorstellung eine Stammesgesellschaft mit ihren typischen wechselnden Allianz und gewaltsamen Revierstreitigkeiten mit einer demokratischen Regierungsform zusammenführen zu können. Realpolitisch hat sich doch unstrittig erwiesen, dass hier i.d.R. nur ein starker Mann für Ruhe, Ordnung und ein staatliches Gebilde sorgen kann, das natürlich nur wenn keine schweren Waffen in den Händen von Nichtstaatsorganen sind.
Das Ende einer Diktatur ist grundsätzlich eine gute Sache - wie immer es zustande kommt. Wir wollen ja mal nicht vergessen, dass eine Diktatur Clan-, Stammes- und andere Konflikte nur unterdrückt und keineswegs beseitigt hat - zum Zwecke, die eigene Macht zu stabilisieren und die eigenen Interessen auf oft brutalste Weise durchzusetzen.
Dass solche Konflikte nach dem Wegfall des Unterdrückers offen ausbrechen, ist kein großes Wunder. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele; nicht zuletzt der offen aufflammende Fremdenhass in der Ex-DDR. Da findest du z. B. keinen 'bösen Ausländer', der das verursacht hat, weil er die 'stabile Diktatur' beseitigt hat.
Mir ist auch etwas rätselhaft, wie man aus dem sicheren Westeuropa für andere einen 'starken Mann' fordern kann - womöglich aus dem Glauben heraus, zu wissen, was für andere gut ist (was man selbst aber entsetzt ablehnen würde....denk ich mal).
Dass ein neuer 'starker Mann' mit einiger Wahrscheinlichkeit ein neuer Diktator ist, scheint dabei akzeptabel zu sein - Hauptsache Ruhe und Ordnung, auf wessen Kosten auch immer. Diese Art von 'Ruhe und Ordnung' hatten wir hier auch schon.
Dass die Situation in Lybien mehr oder weniger katastrophal ist, ist unbestritten und eine Patentlösung habe ich auch nicht - bin aber weit entfernt davon, so simple Sichtweisen wie 'Der Westen ist schuld' oder 'Lybien braucht einen starken Mann' zu vertreten. Und schon mal gar nicht, dass in Lybien unter Gaddhafi 'soweit alles i O. war - diese Sichtweise gibt's ja tatsächlich.
Siehe auch Assad in Syrien, der ja leider immer noch da ist - und in Verteidigung seiner mörderischen Diktatur das ganze Land in Schutt und Asche gelegt hat. Rücksichtslos. Ein starker Mann eben.