Ich sehe das vergleichbar mit Fahrerflucht. In den meisten Fällen eine Lapalie, aber einfach vom Prinzip her zu verurteilen.
Ich sehe das eher aus dem Kontext heraus: Wer Anfang '45 keinen Bock auf Krieg hatte, hat meine Rückendeckung.
Man muss nicht immer warten, bis Todesopfer den Beweis erbracht haben. Handgepäck mitzunehmen ist unnötig, Handgepäck im Flieger zu lassen erleichtert die Evakuierung. Es geht um die 90 Sekunden, die zu schaffen sind. Und es geht um das schlechte Vorbild, welches die Videoberichte auf YouTube vergangener Evakuierungen geben. Da muss gegengesteuert werden, sonst ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein kleiner Koffer schuld ist, dass jemand im Flugzeug verbrennt.
Ich bin auch nicht dafür, dass jeder erstmal seinen Samsonite-Rolli aus den Overheads holt, bevor man sich (möglichst noch ein Handyvideo-drehend) langsam zum Ausgang bewegt. Man sollte aber bei der Beurteilung die Kirche im Dorf lassen - jede Situation ist konkret zu bewerten. Und wenn jemand sein "Personal Item" mitnimmt, das er oder sie eh bei sich tragen, dann ist das kein Faktor.
Wenn es von der zertifizierten Evakuierungszeit* dünn wird, dann merkt man das in der Regel vorher und lässt sein Geraffel liegen.
Bevor man also mit der Gesetzeskeule schwingt, sollte man sich erstmal überlegen, ob man nicht über das Ziel hinausschießt.
Pauschale Vorverurteilungen halte ich aus der Ferne immer problematisch. Besonders, wenn (wie bei den vermutlich geläufigsten Fällen**) kein Opfer durch die Evakuierung zu beklagen war.
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* Man bedenke: Die 90s gelten für ein maximalbestuhltes Flugzeug bei Nutzung von nur 50% der Ausgänge.
Habe ich nur diese zur Verfügung, ist das Flugzeug idR. so stark beschädigt, dass sich zusätzliche Ausgänge durch Zellenbrüche ergeben.
** Asiana und Turkish. Im Falle der Asiana war man trotz blockierter Ausgänge, handlungsunfähiger Stusen, massig mitgenommenen Handgepäcks und eines sich entwickelnden Brandes "fat on time".