Ich verstehe die ganze Aufregung hier irgendwie nicht.
Die Autoren des Artikels scheinen nicht besonders viel Ahnung von Militärgeschichte als solches zu haben. Es waren immer die Sieger die einer Schlacht ihren Namen geben durften. Für die Engländer war es „The Battle of Britain“. Das Deutschland seinen „Luftschlachten“ keine eigene Namen gab hängt mit der deutschen Sicht der Ereignisse zusammen, die Deutschen sahen in Polen, Frankreich, etc.. in dem Zusammenwirken von Heer und Luftwaffe „Den Blitzkrieg“ als Ganzes, nicht ein einzelnes Element getrennt. Die Engländer sahen im Luftkrieg über England nur die Luftwaffe, da das deutsche Heer ja nicht in ihrem Land stand. Also ist die Sichtweise absolut klar und korrekt.
Die im Artikel verwendete Definition von Schlacht ist in ihren Anforderungen (wohl zielgerichtet) total übertrieben und zeugt von totaler Unkenntnis der Militärgeschichte, da dann sehr, sehr viele Schlachten keine gewesen wären. Die meisten großen Schlachten sind nicht so präzise zu definieren, wie die Autoren es gerne hätten, da Schlachten immer Bestandteil eines ganzen Krieges sind. Daher ist ihre Definition unbrauchbar und wohl bewusst zur Belegung ihrer These so angelegt.
Dass es zuvor, bei den konzentrierten Blitzkriegseinsätzen größere Zahlen an Flugzeuge in Einsatz gegeben hat, bedeutet aber nicht, dass die Luftschlacht über England nur ein taktisches Scharmützel war. Für wenige Tage, bestenfalls 2-3 Wochen kann eine Militärmaschinerie ein ganz anderes Tempo gehen, als über eine ausgedehnte Kampagnie.
Dass sie ihre Thesen dadurch glaubwürdiger zu machen versuchen, dass sie total unglaubwürdige britische Boulevardmeinungen zitieren, ist ein ganz billiger Taschenspieler-Trick.
Warum die Einsatzzahlen des JG 27, einem von vielen teilnehmenden Geschwadern, hier so einer repräsentativen Bedeutung zukommen soll, kann ich nicht sehen. Insbesondere, da das JG 27 ja gar nicht die ganze angegebene Zeit über an den Luftkämpfen teilnahm.
Die Sache mit dem Datum von Churchills Ausspruch und dem Ende der vermeintlichen Schlacht ist nur deshalb auffällig, weil sich die Autoren bewusst den maximalen Zeitraum ausgesucht haben, um so die tatsächlichen Geschehnisse, die in einer kürzeren, aber sehr intensiven Phase geschahen, weiter relativieren zu können.
Die der deutschen Luftwaffe attestierten Unzulänglichkeiten galten damals 1:1 auch für die RAF, nicht ohne Grund waren die mangels Reichweite mehr oder minder ohne Fliegereskorte durchgeführten Bomberangriffe der Alliierten sehr verlustreich, bis endlich langstreckenfähige Jäger auskamen. Die Funkerei war bei der RAF auch nicht besser, als bei der Luftwaffe.
Die Ausführungen zur Op. Seelöwe sind einfach lachhaft. Keiner bestreitet, dass die Operation einen Totgeburt war, aber die Art so etwas darzustellen ist nur billig, reißerisch und klugsch…isch. Das Argument, dass man irgendeinen unbekannten, ihm aber genehmen DDR-Autor hier nicht beachtet, macht er nur an dessen DDR-Staatsbürgerschaft fest und betreibt damit nur weitere billige Polemik mit Pseudo-Argumenten.
Das ist alles Rosinen-Pickerei, immer nur die Details in dem Setting, wie es einem genehm ist, garniert mit nicht zwingende Schlussfolgerungen, Übertreibungen und Auslassungen. Ehrlich, der Artikel taugt nur als Provokation an sich, vom historischen Wert gleich null.
Das die Wahrnehmung der Ereignisse dieser Zeit im anglo-amerikanischen Raum deutlich größer ist, als es vielleicht der historischen Bedeutung nach ist, ist nichts ungewöhnlich und keine Eigenheit dieses Krieges. Es war der Krieg, wie ihn die breite - nicht an der militärischen Front kämpfende - Masse der Menschen in England selber erlebt haben, alles andere, später geschah fern ihrer eigenen Heimat und damit ihres Erlebniskreises. Welche Bedeutung messen wir hier in Europa dem Krieg im Pazifik bei?
Die Autoren wollten mit ihrem Artikel bewusst provozieren, ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das selber nicht als Wahrheit ansehen, wie die meisten modernen Künstler, die Provokation als Zweck/Ziel höher stellen, als das verwendete Mittel. Insofern, prima als Grundlage für eine erhitze Debatte am Stammtisch, für militärgeschichtlich versierten Leser allerdings kein wirkliches Thema. Nett mal zu diskutieren, mehr nicht. Am Ende kommt man zu den mittlerweile gefestigten, militärhistorischen Grundlagen zurück. Von denen allerdings die meisten Boulevard-Artikel oftmals aus patriotischem Überschwang meilenweit entfernt sind. Darauf hinzuweisen, war der Artikel schon wert.