Bf109 – Vorflügel
Die Vorflügel der 109 waren möglicherweise ein technisches Zugeständnis an die Ausschreibungsbedingungen
des RLM.
Der neue Jäger sollte schnell sein, dabei geringe Start- und Landegeschwindigkeiten aufweisen.
Um schnell zu sein, nur so konnte man die Konkurrenz ausschalten, verwendete man einen Flügel mit geringer Oberfläche (weniger umströmte Masse).
Bei Start und Landung vergrößert sich die Flügel-Oberfläche durch das Ausfahren der Vorflügel, das geschieht geschwindigkeitsabhängig und automatisch bei ca. 200km/h.
So kann man bei geringerer Geschwindigkeit starten und landen (kürzere Start- und Landestrecke).
Bei steigender Geschwindigkeit, also bei höher werdendem Luftwiderstand, werden die Vorflügel über Rollenlager nach hinten an die Flügelkante gedrückt, der Flügel wird zwangsläufig kleiner und man kann schneller fliegen.
Bei fallender Geschwindigkeit, also bei niedriger werdendem Luftwiderstand, werden die Vorflügel durch ihr Gewicht von der Flügelkante nach vorn bewegt, der Flügel wird vergrößert, die Wölbung der Tragflächen/Sogwirkung verstärkt, der Auftrieb erhöht sich und man kann langsamer fliegen.
Unter damaligen Einsatzbedingungen, erwies sich die automatisch ausfahrende Vorflügelkonstruktion sehr oft als störend.
Wenn nicht, sogar als gefährlich!
Man konnte die Flugfiguren vorausfliegender Flugzeuge oft nicht nachfliegen.
Die Verwirbelungen die beim Hinterherfliegen entstanden, beeinflussten das Ausfahren der Vorflügel.
Die Flugstabilität der 109 litt sehr darunter!
Einige Beispiele:
1. Die Vorflügel fahren nicht gleichzeitig aus, was oft zu einem instabilen Flugzustand führt!
Das kann mit der Anströmung durch den Propeller zusammenhängen.
Vom Flugzeugführer aus gesehen, dreht der Propeller im Uhrzeigersinn
nach rechts.
Das bedeutet, dass die linke Tragfläche mit Vorflügel (das Propellerblatt bewegt sich auf dieser Seite nach oben), von unten stärker angeströmt wird.
Bei der rechten Tragfläche ist es umgekehrt (hier bewegt sich das Propellerblatt nach unten), sie wird von oben stärker angeströmt.
In diesem Moment wirken unterschiedliche Auftriebskräfte auf die beiden Tragflächen.
2. Wegen der automatischen Vorflügel ist die 109 nicht voll kunstflugtauglich!
So kann man mit ihr keinen Aufschwung oder Looping fliegen,
beides war / ist verboten.
Bei diesen Flugfiguren, fahren bei geringer werdender Geschwindigkeit, die Vorflügel aus und können abreissen.
Nach Eduard Kohl: Flugzeugführer und Fluglehrer im Krieg, mit großer Erfahrung auf Bf109 und FW190.
Der Aufschwung bei geringer Fahrt im Scheitelpunkt mit Vorflügel-Flugzeugen führt unmittelbar zum gefährlichen Flachtrudeln in Rückenlage.
Das Ausleiten aus diesem Flugzustand (negativer Auftrieb) zum Normalflug, gelingt nur aus entsprechender Höhe und mit großer Erfahrung.
3. Ein Problem, bedingt durch die automatisch ausfahrenden Vorflügel,
trat beim engen Kurven auf.
Der Innenflügel wurde so langsam, dass plötzlich bei diesem der Vorflügel schlagartig ausfuhr, der Flugzeugführer konnte darauf nicht reagieren,
die 109 machte eine unkontrollierte Rolle und der Gegner war weg.
Viele Alliierte Piloten kannten diese Schwäche der Messerschmitt und flogen diese engen Kurven, wenn es kritisch für sie wurde.
4. Von vielen ehemaligen Flugzeugführern oder Bordmechanikern wird berichtet, dass die Vorflügel der 109 oft mechanisch blockiert wurden, wodurch ein Ausfahren verhindert wurde.
Danach war sie kunstflugtauglicher. Die höheren Start- und Landegeschwindigkeiten nahm man gerne in Kauf, zumal die Feldflugplätze in der Regel so groß waren, dass es auf ein paar Meter mehr, bei
Start- bzw. Landestrecke, nicht ankam.