Mal eine zumindest teilweise themengerechte Frage, die mir beim Betrachten des ehemaligen FlgH Peenemünde auf Google Earth gekommen ist: warum wurde gerade das dortige JG-9 mit den MiG-23ML/MF ausgerüstet? Gab es dafür doktrinär bzw. hinsichtlich des erwarteten Bedrohungsspektrums bestimmte Gründe*, oder war das Geschwader einfach "an der Reihe", neue Maschinen zu erhalten?
*Vorstellen könnte ich mir ja eine verbesserte Erfassung tieffliegender, schneller Ziele über Wasser, also auf gut deutsch die Bekämpfung der (Bundes-)Marineflieger und der vergleichbaren dänischen Verbände.
Man kann es auch nachlesen *1).
Schon 1975 war u.a. die "
Übernahme und Betriebnahme von Abfangflugzeugen mit veränderlicher Tragflächengeometrie" ein Schwerpunkt zur "
Erhöhung der Kampfkaft und des Gefechtswertes der eigenen Verbände" ein Thema.
So wurde (Stichwort: NATO-Doppelbeschluss) seitens des
Vereinten Oberkommandos an die NVA gerichtet
'empfohlen', insgesamt 40 MiG-23MF oder ML zu importieren.
*
1) Quelle: "Hüter des Luftraumes ? Die Luftstreitkräfte der DDR im Diensthabenden System des Warschauer Paktes" - Julian-André Finke, Ch.Links Verlag 2010, ab Seite 204
Im Juni 1978 wurden dem JG-9 bekanntlich die ersten MiG-23UB, ab Juli die ersten MiG-23MF und ab Juni 1982 MIG-23ML und UB zugeführt. 1983 war das JG-9 komplett umgerüstet und der einzige Verband der NVA-LSK/LV, der die MiG-23MF/ML im Bestand hatte.
Warum nun Peenemünde ?
Das seinerzeit modernste Jagdflugzeug der NVA-LSK/LV sollte relativ dicht an der Grenze zur NATO zum Einsatz kommen und so wohl die Vorteile wie Flugdauer und Reichweite gegenüber dem Typ MiG-21 bei Einsätzen über der Ostsee ausspielen.
Bekanntlich war die DDR in den 1980er Jahren auf der Linie etwa vom Dannenberger Zipfel bis Schwedt/Oder geteilt in die Zuständigkeitsbereiche der 3. LVD Neubrandenburg und 1. LVD Cottbus.
Weiterhin gab es eine Trennungslinie Nord-Süd, die die sogenannten Zonen der Gefechtshandlungen (ZGH) markierte, etwa von Stralsund über Potsdam bis Altenberg/Erzgeb. und dann bis zur polnischen Grenze. Im Norden hoch auf die Ostsee bis 55°N, 13°E.
So gesehen, lagen die Handlungsräume der Jagdfliegerkräfte der beiden LVD von Westen her gesehen in der "2. Reihe", der Raum der 3. LVD von Norden her dann aber so gesehen auch in der "1. Reihe".
In der ZGH der 3. LVD gab es nur zwei Jagdgeschwader, das JG-2 in Trollenhagen und das JG-9 in Peenemünde. *2)
Aus diesem Grunde wurde das an der Küste gelegene JG-9 vorzugsweise auf die MiG-23MF/ML umgerüstet.
*
2) nachzulesen in: "Die Funktechnischen Truppen der Luftverteidigung der DDR - Geschichte und Geschichten, Wolf-Rüdiger Stuppert, Siegfried Fiedler, Steffen-Verlag (2013); Kartenskizzen z.B. auf Seiten 38 u. 60