AW: Neue Technik in der Aerodynamik
Schön dass es in diesem Thread weitergeht.
my 2 ct...
Prinzipiell solltest du dir wirklich die Mühe machen, die "üblichen" Auftragungen (Ca Cw usw. dimensionslos) zu verwenden, aus einem ganz einfachen Grund: es ist (für den Fachmann) verdächtig, das nicht zu tun. Diese Auftragung ist seit über 100 Jahren üblich, und sie ist speziell im reinen unterschall auch sehr, sehr sinnvoll. Zudem sollte es kein Problem sein, die Umrechnung druchzuführen.
Wenn man ECHT UNSERIÖSE "Arbeiten" (a la F.U.) betrachtet, findet man sehr oft ein Abweichen von den Standardmethoden der Aufzeichnung. Und deshalb reagiert die Fachwelt auf sowas mit misstrauen.
Das hat mit Eitelkeit nichts zu tun, es dient lediglich der seriösität. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie vielen "Bahnbrechern" ich in der Aerodynamik schon begegnet bin, und die hatten alle eins gemeinsam: Sie präsentierten ihre Daten so, dass eine konkrete Prüfung gegenüber dem derzeitigen aerodynamsichen Paradigma erschwert wurde. UND alle hatten die Angewohnheit, zuerst ihre Errungenschaften massiv zu verteidigen, bevor sie die Gegenargumente verstanden oder gar geprüft hatten.
Mit Aussagen wie "Potentialtheorie geht nicht für instationäre Strömungen" muss man auch vorsichtig sein. Potentialtheorie funktioniert (bei kleinen Machzahlen) hervorragend für instationäre Strömungen. Sie funktioniert nur nicht mit abgelösten Strömungen, aber das sind definitiv zwei paar Stiefel. Die gewöhnlcieh Potentialtheorie setzt lediglich voraus, dass die Geschwindigkeit der Druckausbreitung deutlich größer ist als die Strömungsgeschindigkeit, und dass auch die Eigengeschwindigkeiten von Körpern (klappenausschläge..) sehr viel geringer sind als die Strömungsgeschindigkeiten. Wenn man zwischen Euler´scher und Langrange´scher Betrachtungsweise umstellt wird man feststellen, dass diese beiden Aussagen völlig gleichwertig sind.
Erweitert man eine Potentialmethode auf eine Feldpotentialmethode, dann ist sogar ein wenig Transsonik möglich.
Aber Potentialmethoden sind durchaus für instationäre Fälle geeignet (ich kann dir Beispiele zeigen, wo komplette Nachlauf-Entstehungen, Anfahrwirbel von Rotorströmungen etc., alles instationär, extrem gut per Potentialmethoden abgebildet wurden)
Mit der detaillierteren Analyse deiner Methoden und Aussagen bin ich noch nicht ansatzweise durch, ABER... der erfahrene "Turbulenz-Aerodramatiker" wird als erstes anmerken, dass die turbulenten Strukturen einer (beginnenden) Ablösung sehr, sehr viel kleiner sind als deine Lamellen, und diese deshalb über einen großen Strömungsbereich "mitteln" müssten - ein Vorgang, der bei Turbulenz immer mit viel Verlusten einhergeht.
Dieses Problem trat u.A. bei den seit vielen Jahrzehnten bekannten Rückströmklappen auf, welche mir sehr eng mit deiner Methode verwandt zu sein scheinen.
Als nächstes sollte man sich mal die Kräfte- und Momentenbilanz an so einer einzelnen Lamelle detailliert anschauen.
Der tatsächliche Zustand wird irgendwo in der Mitte zwischen diesen Extremsituationen liegen
- Entweder die Lamellen sind sehr weich, dann können sie in Flügeltiefenrichtung keine nennenswerten Momente (und damit Querkräfte im Sinne der Biegelehre) übertragen und folglich auch keinen nennenswerten Auftrieb. Sie würden sich gaaaanz grob tangential zur mittleren Strömungsgeschwindigkeit in der abgelösten Strömung (Von Grenzschicht kann man da nicht mehr sprechen) stellen und wären quasi kräftefrei, hätten lediglich stark "aufdickende" und damit widerstandserhöhende Wirkung
- Oder die Lamellen können längslasten übertragen, dann müsste an ihnen aber eine deutliche Hinterkantenumströmung entstehen, welche aufgrund der "scharfen" Hinterkante zu einem schnelleren Aufbrechen grober Turbulenzstrukturen in feinere "Vollturbulenz" führen würde
Diesen Effekt sieht man sehr deutlich in dem Video, indem zu die größere Stabilität deines Lamellenprofils gegenüber dem anderen Profil aufzeigen willst. Da sollte man sehr vorsichtig sein, denn du demonstrierst eine art Flatterphänomen. So ziemlich jedes nackte Profil mit reichlich Wölbung wird bei dieser Art der Handhabung nicht stabil in einer Anströmung liegen - das ist der Grund, warum wir Leitwerke (oder druckpunktfeste Profile) brauchen. Dass dein Profil dieses Verhalten nicht zeigt
ist lediglich ein verdeckter Hinweis darauf, dass berets bei sehr viel kleineren Anstellwinkeln so viel Ablösung (oder effektive Entwölbung des Profils) auftritt, dass der Auftrieb auch im vorderen Bereich des Profils kollabiert und es gar nicht zum pitch-up kommt. Diese Art von Versuch ist somit nicht unbedingt zielführend zum Nachweis von Vorteilen. Auch deine Aufnahmen von den Flugversuchen wirken auf mich so, also ob das Teil gleitet wie ein Konzertflügel - und das Onboardvideo zeigt, dass auch in normalen Fluglagen ein Anheben der hintersten Lamellen erfolgt. Damit MUSS ein gigantischer Druckwiderstand einhergehen.
Wo die Wahrheit liegt müsste sich anhand des Momentenbeiwertes herausfinden lassen.
Ich fasse dieses Posting als konstruktive kritik auf, bitte nicht falsch verstehen.
Es ist durchaus denkbar, dass es ein einigen Fällen tatsächlich Anwendungen dafür gibt. Nur sollte man nicht erwarten, dass "optimiertes Basisprofil" schlechter ist "für neue Methode optimiertes Basisprofil in verbindung mit der neuen Methode".
Es gibt fast nichts, was in der Aerodynamik nicht schon ausprobiert worden wäre (Abstrusitäten wie Kline-Foglman, Blechbatschermethoden wie Gurney-Flap, Rückströmklappen usw.) und einige davon funktionieren sogar (in ihrer Nische). Aber nenn mich Spießer, ich glaube nicht mehr an Quantensprünge in der Unterschallaerodynamik.
gruß
a.p.