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Space Cadet
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Aus www.luftwaffe.de :
Interview mit dem Befehlshaber Luftwaffenführungskommando
Köln/Wahn - Als an einem heißen Sommernachmittag im August 1974 der erste Tornado auf dem Flugplatz Manching abhebt, ahnt niemand, dass ein Tornado zwei Jahrzehnte später den ersten Kampfeinsatz der Bundeswehr auf dem Balkan fliegen würde. Generalleutnant Walter Jertz, Befehlshaber des Luftwaffenführungskommandos und als Tornado-Pilot profunder Kenner des Waffensystems, hat über das Mehrzweck-Kampfflugzeug Tornado ein Buch veröffentlicht – ein Buch, das nicht nur Fachleute, sondern auch Laien begeistert.
Warum haben Sie gerade jetzt ein Buch über den Tornado geschrieben?
GenLt Jertz: Eigentlich sollte das Buch schon 1999, also 25 Jahre nach dem Erstflug des Tornados, erscheinen. Doch dann kam der Kosovo-Krieg und ich war militärischer Sprecher der NATO. So ist das Buch erst am 31. Dezember 2004 in den Buchhandel gekommen, also quasi "auf den letzten Drücker" zum 30sten Erstflug-Jubiläum.
Wer Ihr Tornado-Buch liest, wird nicht von Piloten-Englisch erschlagen. Im Gegenteil. Fachbegriffe sind nicht nur übersetzt, sondern auch erklärt. Haben Sie das Buch in erster Linie für Laien geschrieben?
GenLt Jertz: Ich spreche alle an, die sich für die Luftfahrt interessieren. Deshalb habe ich das System Tornado auch nicht nur mit Worten erklärt, sondern durch viele aussagekräftige Fotos illustriert. Darunter einige bislang unveröffentlichte "Leckerbissen". Beispielsweise Fotos aller Prototypen des Tornados. Oder den Testbericht vom Erstflug in Manching. Außerdem wollte ich den Tornado historisch einordnen. Denn Entwicklung und Weiterentwicklung des Systems waren immer eng mit den sicherheitspolitischen Vorgaben verbunden. Es galt, den Bogen vom Konzept der "flexible response", also der Reaktion auf einen Angriff des Warschauer Paktes, bis hin zu den bewaffneten Einsätzen über Bosnien-Herzegowina und später dem Kosovo zu schlagen.
Sie beschreiben in Ihrem Buch detailliert den Alltag "rund um den Tornado". Warum?
GenLt Jertz: Oft gerät das, was in einem Fliegerhorst oder bei der Aus- und Weiterbildung passiert, etwas aus dem Blickfeld. Doch ohne die Profis am Boden würde kein einziger Tornado abheben und landen. Sie gehören genauso zum "Team Tornado" wie die Piloten und Waffensystemoffizere.
Sie selbst fliegen ja nicht nur den Tornado, sondern sind viele Jahre den "Starfighter" geflogen. Wie war es, als Sie 1983 das erste Mal in einem Tornado-Cockpit saßen?
GenLt Jertz: Als erstes fiel mir auf: Das Cockpit ist viel größer. Man kann richtig durchatmen, stößt nicht mit den Schultern an die Innenwand. Eine große Umstellung für alle "Starfighter"-Piloten war natürlich das damals neuartige Head Up Display. Es spiegelt dem Piloten die wichtigsten Informationen direkt ins Gesichtsfeld. Für eine Starfighter-Piloten war das schon ungewohnt.
Am Bau des Tornados waren drei Nationen - Deutschland, Großbritannien, Italien - beteiligt. Welche Impulse hat das Projekt der europäischen Rüstungsindustrie gegeben?
GenLt Jertz: Für mich ist der Tornado der Einstieg der europäischen Verteidigungs- und Rüstungsindustrie in die Kooperation. Nationale Grenzen wurden überwunden. Ohne den Tornado hätte es vielleicht den Eurofighter nie gegeben.
Ein wichtiger Aspekt des Waffensystems Tornado ist seine Mehrrollenfähigkeit, die sich hinter den Begriffen RECCE, IDS und ECR verbirgt. Wo liegen die Grenzen des Tornados?
GenLt Jertz: Der Tornado ist ein "Kind" des Kalten Krieges. Man wollte ein Flugzeug, das schnell und wendig unter dem gegnerischen Radarschirm durchfliegen kann. Ursprünglich für den Tiefstflug aerodynamisch optimiert, wurde der Tornado in der Zwischenzeit allerdings weiterentwickelt. Auch in mittleren Höhen hat er sich, beispielsweise während der Konflikte im ehemaligen Jugoslawien, bewährt.
Das Tornado-Buch ist Ihr viertes Buch. Liegt schon ein neues Manuskript in der Schublade?
GenLt Jertz: Vor wenigen Wochen, im Urlaub, habe ich mein zweites Kinderbuch zu Ende geschrieben. Ich denke, es wird im Sommer in den Buchhandel kommen. Außerdem plane ich, gemeinsam mit weiteren Fachleuten, ein Buch über die MiG-29. Darin soll natürlich nicht nur um das Flugzeug gehen, sondern auch um die Integration der ehemaligen Nationalen Volksarmee in die Bundeswehr. Ein spannendes Thema, zumal die Luftwaffe hier eine wichtige Vorreiterrolle gespielt hat.
Das Buch "TORNADO – Technik-Taktik-Einsatz" von Walter Jertz ist im Bernard & Graefe Verlag erschienen (ISBN 3-7637-6256-6) und kostet € 29,-.
Das Interview führte Major Antje Krekeler-Jöris für www.luftwaffe.de
Datum: 04.02.2005
© 2005 by Luftwaffe-Online
Interview mit dem Befehlshaber Luftwaffenführungskommando
Köln/Wahn - Als an einem heißen Sommernachmittag im August 1974 der erste Tornado auf dem Flugplatz Manching abhebt, ahnt niemand, dass ein Tornado zwei Jahrzehnte später den ersten Kampfeinsatz der Bundeswehr auf dem Balkan fliegen würde. Generalleutnant Walter Jertz, Befehlshaber des Luftwaffenführungskommandos und als Tornado-Pilot profunder Kenner des Waffensystems, hat über das Mehrzweck-Kampfflugzeug Tornado ein Buch veröffentlicht – ein Buch, das nicht nur Fachleute, sondern auch Laien begeistert.
Warum haben Sie gerade jetzt ein Buch über den Tornado geschrieben?
GenLt Jertz: Eigentlich sollte das Buch schon 1999, also 25 Jahre nach dem Erstflug des Tornados, erscheinen. Doch dann kam der Kosovo-Krieg und ich war militärischer Sprecher der NATO. So ist das Buch erst am 31. Dezember 2004 in den Buchhandel gekommen, also quasi "auf den letzten Drücker" zum 30sten Erstflug-Jubiläum.
Wer Ihr Tornado-Buch liest, wird nicht von Piloten-Englisch erschlagen. Im Gegenteil. Fachbegriffe sind nicht nur übersetzt, sondern auch erklärt. Haben Sie das Buch in erster Linie für Laien geschrieben?
GenLt Jertz: Ich spreche alle an, die sich für die Luftfahrt interessieren. Deshalb habe ich das System Tornado auch nicht nur mit Worten erklärt, sondern durch viele aussagekräftige Fotos illustriert. Darunter einige bislang unveröffentlichte "Leckerbissen". Beispielsweise Fotos aller Prototypen des Tornados. Oder den Testbericht vom Erstflug in Manching. Außerdem wollte ich den Tornado historisch einordnen. Denn Entwicklung und Weiterentwicklung des Systems waren immer eng mit den sicherheitspolitischen Vorgaben verbunden. Es galt, den Bogen vom Konzept der "flexible response", also der Reaktion auf einen Angriff des Warschauer Paktes, bis hin zu den bewaffneten Einsätzen über Bosnien-Herzegowina und später dem Kosovo zu schlagen.
Sie beschreiben in Ihrem Buch detailliert den Alltag "rund um den Tornado". Warum?
GenLt Jertz: Oft gerät das, was in einem Fliegerhorst oder bei der Aus- und Weiterbildung passiert, etwas aus dem Blickfeld. Doch ohne die Profis am Boden würde kein einziger Tornado abheben und landen. Sie gehören genauso zum "Team Tornado" wie die Piloten und Waffensystemoffizere.
Sie selbst fliegen ja nicht nur den Tornado, sondern sind viele Jahre den "Starfighter" geflogen. Wie war es, als Sie 1983 das erste Mal in einem Tornado-Cockpit saßen?
GenLt Jertz: Als erstes fiel mir auf: Das Cockpit ist viel größer. Man kann richtig durchatmen, stößt nicht mit den Schultern an die Innenwand. Eine große Umstellung für alle "Starfighter"-Piloten war natürlich das damals neuartige Head Up Display. Es spiegelt dem Piloten die wichtigsten Informationen direkt ins Gesichtsfeld. Für eine Starfighter-Piloten war das schon ungewohnt.
Am Bau des Tornados waren drei Nationen - Deutschland, Großbritannien, Italien - beteiligt. Welche Impulse hat das Projekt der europäischen Rüstungsindustrie gegeben?
GenLt Jertz: Für mich ist der Tornado der Einstieg der europäischen Verteidigungs- und Rüstungsindustrie in die Kooperation. Nationale Grenzen wurden überwunden. Ohne den Tornado hätte es vielleicht den Eurofighter nie gegeben.
Ein wichtiger Aspekt des Waffensystems Tornado ist seine Mehrrollenfähigkeit, die sich hinter den Begriffen RECCE, IDS und ECR verbirgt. Wo liegen die Grenzen des Tornados?
GenLt Jertz: Der Tornado ist ein "Kind" des Kalten Krieges. Man wollte ein Flugzeug, das schnell und wendig unter dem gegnerischen Radarschirm durchfliegen kann. Ursprünglich für den Tiefstflug aerodynamisch optimiert, wurde der Tornado in der Zwischenzeit allerdings weiterentwickelt. Auch in mittleren Höhen hat er sich, beispielsweise während der Konflikte im ehemaligen Jugoslawien, bewährt.
Das Tornado-Buch ist Ihr viertes Buch. Liegt schon ein neues Manuskript in der Schublade?
GenLt Jertz: Vor wenigen Wochen, im Urlaub, habe ich mein zweites Kinderbuch zu Ende geschrieben. Ich denke, es wird im Sommer in den Buchhandel kommen. Außerdem plane ich, gemeinsam mit weiteren Fachleuten, ein Buch über die MiG-29. Darin soll natürlich nicht nur um das Flugzeug gehen, sondern auch um die Integration der ehemaligen Nationalen Volksarmee in die Bundeswehr. Ein spannendes Thema, zumal die Luftwaffe hier eine wichtige Vorreiterrolle gespielt hat.
Das Buch "TORNADO – Technik-Taktik-Einsatz" von Walter Jertz ist im Bernard & Graefe Verlag erschienen (ISBN 3-7637-6256-6) und kostet € 29,-.
Das Interview führte Major Antje Krekeler-Jöris für www.luftwaffe.de
Datum: 04.02.2005
© 2005 by Luftwaffe-Online