Habe hier noch einen etwas auführlicheren Text zu diesem Thema au NZZ am Sonntag bzw. NZZ-Online:
"Die Schweiz wird für die Armee zu klein
Grosse Truppenübungen im Ausland sind für die Armee ein Novum. Bisher beschränkten sich die Einsätze auf Stabsübungen und einzelne WK.
Korpskommandant Christophe Keckeis mutet der Schweiz einen Paradigmenwechsel zu, wenn er erwägt, ganze Brigaden von 7000 bis 10 000 Mann im Ausland aufmarschieren zu lassen. Bisher musste die Schweizer Armee jeden Schritt, den sie über die Grenze machte, hart erkämpfen. Entsprechend hitzig dürften die politischen Diskussionen ausfallen, die der forsche Chef der Armee XXI auslöst, wenn er sich auf die Suche nach Partnerstaaten für solche Grossübungen macht.
Aus militärischer Sicht sind diese Pläne nachvollziehbar. In der Schweiz können Armee und Luftwaffe «aus Rücksicht auf die Bevölkerung und die Umwelt nur marginal trainieren», wie das VBS kürzlich in einem Communiqué bedauerte. Das war in den siebziger und achtziger Jahren noch völlig anders. So verwandelten im November 1989 24 000 Wehrmänner des Feldarmeekorps 4 mit 5500 Motor- und 550 gepanzerten Fahrzeugen die Ostschweiz in einen virtuellen Kriegsschauplatz. Im Rahmen des Manövers «Dreizack 89» zeigte die Schweizer Armee eindrücklich, zu welchen Grossaufmärschen sie in den Zeiten des Kalten Krieges fähig war.
Doch in jenen nebligen Novembertagen zeichnete sich ab, dass die Zeit der riesigen Korpsmanöver zu Ende ging. Während die Armee noch fleissig den bösen Feind bekämpfte, fiel in Berlin die Mauer und wurde das endgültige Ende des Kalten Krieges eingeleitet. Drei Tage nach dem Ende von «Dreizack» befürworteten über 35 Prozent der Stimmenden die Armeeabschaffungsinitiative. Angesichts der veränderten Bedrohungslage ordnete der damalige EMD-Chef Kaspar Villiger an, vorderhand keine weiteren Grossmanöver mehr durchzuführen.
In den folgenden Jahren setzt die Armee zusehends auf internationale Kooperation. Bundesrat Adolf Ogi, der 1995 ins Verteidigungsministerium wechselte, war ein eifriger Fürsprecher dieses Prinzips. Die Ausbildungseinsätze, nicht zu verwechseln mit den Friedensmissionen, blieben von der Truppenstärke her jedoch eng begrenzt. Die Luftwaffe trainiert regelmässig über der Nordsee, über Frankreich und vor Sardinien. So absolvieren zurzeit fünf F/A-18-Kampfjets über Norwegen Nachtflugtrainings.
Im von Ogi durchaus erwünschten Scheinwerferlicht fanden Mitte der neunziger Jahre einige spektakuläre grenzüberschreitende Übungen statt. Im Frühling 1996 testeten Vertreter von Generalstab, Heer und Gruppe Rüstung sowie 300 Rekruten auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig in Österreich den Einsatz des Panzerjägers Piranha. Gleich zwei Premieren gab es im Mai 1999. Erstmals absolvierte eine Kompanie Schweizer Panzersoldaten ihren WK nicht in der Heimat, sondern im südschwedischen Revingehed. Im Gegenzug benutzen schwedische Militärs seit 1995 regelmässig die Panzersimulatoren auf dem Waffenplatz Thun.
Im Rahmen der Übung «Rheintal 99» nahmen 500 Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten an einer gemeinsamen Übung mit Österreich teil. Sie bildeten eine gemeinsame Übungsleitung sowie einen binationalen Ad-hoc-Brigadestab. Ziel war es, das gegenseitige Verständnis für friedensfördernde Operationen zu stärken. Für mehr Aufsehen sorgte im Frühjahr 2000 die Übung einer 120 Mann starken französischen Panzerkompanie im Glarnerland. Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) sowie SVP-Politiker warfen dem Bundesrat vor, so «am Volk vorbei den Anschluss an die Nato vorzubereiten».
Die meisten der genannten Trainings fanden im Rahmen des Nato- Programms «Partnerschaft für den Frieden» statt. Eine klare rechtliche Grundlage für die Ausbildungszusammenarbeit besteht erst seit Juni 2001, als das Volk neben bewaffneten Friedensmissionen dem Bundesrat auch die Kompetenz einräumte, Verträge über die Ausbildungszusammenarbeit abzuschliessen. Unter Bundesrat Samuel Schmid, der die VBS-Leitung im Januar 2001 von Ogi übernahm, fand allerdings kein spektakulärer Austausch von WK-Soldaten mehr statt. Zum einen misst Schmid Auslandeinsätzen generell weniger Gewicht zu, zum anderen erschwerten die Vorbereitungen auf die Armee XXI solche Übungen."