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Oldtimer erhält zweites Leben
Karl Hasse restauriert ein bei Prag gefundenes altes Verkehrsflugzeug
von VON RALF BÖHME, 08.12.08, 19:49h, aktualisiert 08.12.08, 19:52h
OPPIN/MZ. Ein Knopfdruck genügt. Die schweren Tore gehen auf. Lautlos wächst die Ausfahrt in die Breite. Der Einblick ist imposant. In der Mitte des Hangars steht der Rumpf eines Flugzeugs - grau, wuchtig und abgezäunt. Nebenan schrauben Mechaniker an Hubschraubern.
Tipp aus der Szene
Das ist das Reich von Karl Hasse, Chef des Historical Aircraft Service. Tagsüber kümmert sich der 50-Jährige um die Wartung und Instandhaltung moderner Luftfahrzeuge. Die Feierabende aber sind dem alten Fluggerät gewidmet. Jetzt beginnt die Arbeit an einer Maschine, die für ein wichtiges Kapitel hallescher Industriegeschichte steht. Es geht um ein Passagierflugzeug aus dem Siebel-Werk, gefertigt im Jahr 1940. "Die Nullserie zählte 15 Flugzeuge, allesamt zerstört oder verschollen."
Das stimmt so nicht mehr. Im Sommer erhält Hasse einen Tipp aus der Flieger-Szene. Und tatsächlich: Auf einem Gehöft in der Nähe von Prag verrottet ein Wrack, das der Fachmann unschwer als "Si 204" erkennt. Mit einem Schwerlasttransporter bugsiert der Flugtechnik-Experte sein "Geschenk des Himmels", wie er sagt, nach Oppin. Die beiden Tragflächen, die dem Flugzeug einen Spannweite von 23 Meter verleihen, sollen in einem zweiten "Paket" bald folgen. Wenn einmal alles fertig ist, passt das in den dreißiger Jahren im Auftrag der Lufthansa entwickelte Flugzeug gerade so in den breiten Oppiner Hangar.
Hasse stellt sich einer Herausforderung, die nur mit viel Begeisterung zu meistern ist. Selbst wenn alles klappt, wovon man nicht ohne weiteres ausgehen kann, wird das Flugzeug frühestens in sechs Jahren wieder starten. Doch es kostet nicht nur Zeit. Ohne Geld läuft gar nichts. Nach vorläufigen Berechnungen ist eine Summe von etwa sechs Millionen Euro erforderlich. Hasse hofft auf Unternehmen, die ihm helfen. "Immerhin geht es um einen Markstein der Luftfahrtgeschichte."
Die "Si 204", die nun in Oppin auf ein zweites Leben wartet, war bis 1960 im Einsatz - zunächst in Deutschland, dann in der Tschechoslowakei und später in Frankreich. Ob als Reise, Schul- oder Wetterflugzeug, so erfuhr Hasse von Zeitzeugen, stets galt es als Beispiel höchster Zuverlässigkeit. Zwei Zwölfzylinder-Motoren, die jeweils 575 PS mobilisieren konnten, trugen das Ganzmetallflugzeug aus Halle bis zu 1 800 Kilometer weit. Mit zwei Mann Besatzung und fünf Passagieren an Bord erreichte es eine Höchstgeschwindigkeit von 350 Kilometer pro Stunde und eine maximale Flughöhe von 7500 Metern.
Gegenwärtig ist Hasse dabei, den Rumpf inklusive Kanzel in alle Einzelteile zu zerlegen. Jede Schaube, jedes Blech, jedes Kabel - alles muss auf seine weitere Verwendbarkeit untersucht werden. Außerdem vergleicht der Restaurator die Teile mit den ihm im Original vorliegenden Bauplänen, Dokumentationen und Ersatzteil-Listen. Das reicht vom massiven Scharnier am Bug über die filigranen Antennen auf dem Dach bis hin zum robusten Leitwerk. Tipps und Unterstützung sind ihm willkommen, nicht zuletzt von ehemaligen "Siebelanern".
Das Siebel-Werk, das sich auf dem Gelände der heutigen Polizeibehörde in der "Frohen Zukunft" erstreckte, wurde Hasse zufolge durch die Besatzungsmacht im Jahr 1946 demontiert.
Karl Hasse restauriert ein bei Prag gefundenes altes Verkehrsflugzeug
von VON RALF BÖHME, 08.12.08, 19:49h, aktualisiert 08.12.08, 19:52h
OPPIN/MZ. Ein Knopfdruck genügt. Die schweren Tore gehen auf. Lautlos wächst die Ausfahrt in die Breite. Der Einblick ist imposant. In der Mitte des Hangars steht der Rumpf eines Flugzeugs - grau, wuchtig und abgezäunt. Nebenan schrauben Mechaniker an Hubschraubern.
Tipp aus der Szene
Das ist das Reich von Karl Hasse, Chef des Historical Aircraft Service. Tagsüber kümmert sich der 50-Jährige um die Wartung und Instandhaltung moderner Luftfahrzeuge. Die Feierabende aber sind dem alten Fluggerät gewidmet. Jetzt beginnt die Arbeit an einer Maschine, die für ein wichtiges Kapitel hallescher Industriegeschichte steht. Es geht um ein Passagierflugzeug aus dem Siebel-Werk, gefertigt im Jahr 1940. "Die Nullserie zählte 15 Flugzeuge, allesamt zerstört oder verschollen."
Das stimmt so nicht mehr. Im Sommer erhält Hasse einen Tipp aus der Flieger-Szene. Und tatsächlich: Auf einem Gehöft in der Nähe von Prag verrottet ein Wrack, das der Fachmann unschwer als "Si 204" erkennt. Mit einem Schwerlasttransporter bugsiert der Flugtechnik-Experte sein "Geschenk des Himmels", wie er sagt, nach Oppin. Die beiden Tragflächen, die dem Flugzeug einen Spannweite von 23 Meter verleihen, sollen in einem zweiten "Paket" bald folgen. Wenn einmal alles fertig ist, passt das in den dreißiger Jahren im Auftrag der Lufthansa entwickelte Flugzeug gerade so in den breiten Oppiner Hangar.
Hasse stellt sich einer Herausforderung, die nur mit viel Begeisterung zu meistern ist. Selbst wenn alles klappt, wovon man nicht ohne weiteres ausgehen kann, wird das Flugzeug frühestens in sechs Jahren wieder starten. Doch es kostet nicht nur Zeit. Ohne Geld läuft gar nichts. Nach vorläufigen Berechnungen ist eine Summe von etwa sechs Millionen Euro erforderlich. Hasse hofft auf Unternehmen, die ihm helfen. "Immerhin geht es um einen Markstein der Luftfahrtgeschichte."
Die "Si 204", die nun in Oppin auf ein zweites Leben wartet, war bis 1960 im Einsatz - zunächst in Deutschland, dann in der Tschechoslowakei und später in Frankreich. Ob als Reise, Schul- oder Wetterflugzeug, so erfuhr Hasse von Zeitzeugen, stets galt es als Beispiel höchster Zuverlässigkeit. Zwei Zwölfzylinder-Motoren, die jeweils 575 PS mobilisieren konnten, trugen das Ganzmetallflugzeug aus Halle bis zu 1 800 Kilometer weit. Mit zwei Mann Besatzung und fünf Passagieren an Bord erreichte es eine Höchstgeschwindigkeit von 350 Kilometer pro Stunde und eine maximale Flughöhe von 7500 Metern.
Gegenwärtig ist Hasse dabei, den Rumpf inklusive Kanzel in alle Einzelteile zu zerlegen. Jede Schaube, jedes Blech, jedes Kabel - alles muss auf seine weitere Verwendbarkeit untersucht werden. Außerdem vergleicht der Restaurator die Teile mit den ihm im Original vorliegenden Bauplänen, Dokumentationen und Ersatzteil-Listen. Das reicht vom massiven Scharnier am Bug über die filigranen Antennen auf dem Dach bis hin zum robusten Leitwerk. Tipps und Unterstützung sind ihm willkommen, nicht zuletzt von ehemaligen "Siebelanern".
Das Siebel-Werk, das sich auf dem Gelände der heutigen Polizeibehörde in der "Frohen Zukunft" erstreckte, wurde Hasse zufolge durch die Besatzungsmacht im Jahr 1946 demontiert.