Sunderland EJ143 "schießt 6 von 8 angreifenden Ju 88 von KG40 ab"?

Diskutiere Sunderland EJ143 "schießt 6 von 8 angreifenden Ju 88 von KG40 ab"? im WK I & WK II Forum im Bereich Geschichte der Fliegerei; Moin! In der englischen Wikipedia habe ich gerade eine tolle Geschichte gelesen über Sunderland EJ143, 461 Squadron RAAF, die bei einer...
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Moin!

In der englischen Wikipedia habe ich gerade eine tolle Geschichte gelesen über Sunderland EJ143, 461 Squadron RAAF, die bei einer Patrouille über der Biskaya von acht Ju 88 angegriffen wurde und davon sechs abschießen konnte ... angeblich.

Nach Verfolgung der Fußnoten stellte sich heraus, daß die Quelle dieser Geschichte das Jugendbuch "Fly West" von Ivan Southall ist, der im 2. Weltkrieg selbst Besatzungsmitglied einer Sunderland war.

Die in der Wikipedia wiedergegebene Variante der Geschichte, daß die Sunderland-Crew an der englischen Küste eine Bruchlandung machte und die Maschine ein Totalverlust war. Ein Foto (ohne erkennbare Seriennummer) findet sich hier: Crew of Praa Sands WWII crash plane remembered ... aber mit der Angabe von 3 Abschüssen statt 6.

Beim Googeln habe dann mehrere Fotos einer Maschine mit der Seriennummer EJ143, Rufzeichen "S", gefunden, die das Flugzeug im Pazifikraum zeigen, mit der dort üblichen zweifarbigen Kokarde. Die Bildunterschriften datieren auf 1944 und ordnen die Sunderland der No. 230 Squadron RAF Detachment zu.

Da der Wikipedia die Ju 88 einem von einem "Leutnant Friedrich Maeder" geführten Verband der V./KG 40 angehörten - hat vielleicht jemand Literatur über das KG40, anhand derer geprüft werden könnte, ob es einen Offizier dieses Namens überhaupt gegeben hat? Mich würde auch interessieren, ob die Ju-88-Zerstörer überhaupt in so großen Verbänden eingesetzt wurden ... so naiv hätte ich angenommen, daß es taktisch sinnvoller wäre, mit kleineren Gruppen von Flugzeugen größere Lufträume abzudecken, um den Gegner in der Weite des Atlantik überhaupt erstmal zu finden. (Keine Ahnung, wie weit die Radar-Abdeckung auf See herausreichte).

Meine Arbeitshypothese ist erstmal, daß Southall sich da aus Versatzstücken realer Geschichte und vielleicht dem Garn, daß er in seiner Dienstzeit selbst gehört hat, eine Heldengeschichte für sein Kinderbuch gestrickt hat, aber dieser Verdacht ist erstmal nur den inneren Widersprüchen der in der Wikipedia wiedergegebenen Story geschuldet.

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
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Moin nochmals,

In der englischen Wikipedia habe ich gerade eine tolle Geschichte gelesen über Sunderland EJ143, 461 Squadron RAAF, die bei einer Patrouille über der Biskaya von acht Ju 88 angegriffen wurde und davon sechs abschießen konnte ... angeblich.
Gerade habe ich hier ein knappes Statement gefunden: "Keine deutschen Verlustmeldungen von KG40 für den 2. Juni 1943" (das Datum des Luftkampfs ... tut mir leid, hätte ich oben gleich erwähnen sollen.)


Tschüs!

Henning (HoHun)
 

jackrabbit

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Hallo,

könntest Du den Wikipedia-Beitrag auch noch verlinken?
Ich habe ihn so (auf die Schnell) nicht gefunden.

Vielen Dank
 
HoHun

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Moin!

Gern ... leider reicht der Link nur bis zum übergeordneten Kapitel, Du müsstest dann runterscrollen bis "1943 Encounter with Ju 88s":


Tschüs!

Henning (HoHun)
 

Stinkmorchel

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ich beziehe mich auf Chris Goss Buch "Bloody Biscaya _ the History of V/KG40":
-es gab einen Lt.Friedrich Maeder , mit seiner Besatzung vermisst seit 12.12.1943
-es gibt keine Verlustmeldung der Gruppe für den 2.6.1943, dafür aber eine Abschussmeldung einer Sunderland durch Meader. Sunderland EJ 134/N 461.
-ja, die Ju88C flogen zu dieser Zeit sehr oft in solchen Formationen um im Kampf gegen Beaufighter und Mosquito wenigsten eine Chance zu haben.

Leider wird im Buch selbst nicht näher auf diesen Einsatztag eingegangen - zumal am 1.6 ja der Abschuss der niederländischen DC-3 mit dem Schauspieler Leslie Howard war.

Aber Overclaiming gehört seit jeher zum Luftkrieg...nichts besonderes. Die Diskrepanz zwischen gemeldeten und tatsächlichen Abschüssen ist meist sehr erstaunlich. Da waren alle Seiten gleich.
 
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Moin!

ich beziehe mich auf Chris Goss Buch "Bloody Biscaya _ the History of V/KG40":
-es gab einen Lt.Friedrich Maeder , mit seiner Besatzung vermisst seit 12.12.1943
-es gibt keine Verlustmeldung der Gruppe für den 2.6.1943, dafür aber eine Abschussmeldung einer Sunderland durch Meader. Sunderland EJ 134/N 461.
-ja, die Ju88C flogen zu dieser Zeit sehr oft in solchen Formationen um im Kampf gegen Beaufighter und Mosquito wenigsten eine Chance zu haben.
Vielen Dank, das hilft mir weiter! Ich habe das von Dir genannte Buch auch gleich bestellt, um meine Wissenslücken zu schließen :-)

Der Zahlendreher bei der Seriennummer war mein eigener Fehler, da habe ich mich selbst in die Irre geschickt - danke für die Korrektur! :-D

Du hast natürlich vollkommen recht, was das Overclaiming angeht - nur bei so prominenten und noch relativ gut nachvollziehbaren Einzelereignissen wie diesem speziellen Luftkampf ist es für mich doch etwas überraschend, dass das heute von vielen Leuten nicht hinterfragt wird. "Druck die Legende", sozusagen ...

Tschüs!

Henning (HoHun)
 

alois

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Ja das geht auch mir in Sachen Wikipedia auf den Senkel. Ich nehme Wikipedia sowieso nicht mehr ernst, weil da jeder jeden Scheiß rein schreiben kann, es muss nur eine Quelle angegeben werden, egal was für eine und sei es nur ein anderer Wiki-Artikel, der genau so falsch sein darf.
 

Forrest Black

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Ja das geht auch mir in Sachen Wikipedia auf den Senkel. Ich nehme Wikipedia sowieso nicht mehr ernst, weil da jeder jeden Scheiß rein schreiben kann, es muss nur eine Quelle angegeben werden, egal was für eine und sei es nur ein anderer Wiki-Artikel, der genau so falsch sein darf.
Nur mal nebenbei: Dass Wikipedia selbst als Quelle angegeben wird, kommt zwar vor, ist aber nicht erlaubt und kann wieder gelöscht werden. Es ist laut Regeln nicht "egal was für eine" Quelle genutzt wird. Wenn es dem jeweiligen Autor doch egal war, dann ist das schlechte Arbeit (mit der man in Wikipedia eben rechnen muss) und sollte verbessert werden.
 

alois

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Mag sein, aber je mehr Wiki Artikel man liest, desto mehr solcher angeblicher "Einzelfälle" entdeckt man. Die Quellen sind bei einigen Themen durchaus fragwürdig. Was die Grundlagen angeht, wie Mathematik, Physik, Grundlagen des Fluges, Aerodynamik und dergleichen mögen alles gute Leute dran sein. Aber wenn es speziell wird, wie spezielle luftfahrtbezogene Dinge, also eher Hardware, dann wird es schon happig. Dann wird eine Webseite als Quelle heran gezogen und wenn man zu der Webseite geht, dann wird dort wieder eine andere Webseite angegeben oder es ist sonst irgend wie alles fragwürdig. Auf solcher Basis kann man keine glaubwürdige Wissensdatenbank aufbauen. Gerade für Luftfahrt und Wehrthemen interessiert es niemanden da was nachzuprüfen. Da können die Regeln noch so streng sein, es interessiert einfach keinen. Und wenn man dann so manche interne Diskussion im Wiki verfolgt, was es da für hanebüchene Argumente gibt, so manche Aussage im Artikel stehen zu lassen oder gar richtiges zu löschen, dann hört so manches auf. Meinungen sind keine Fakten und umgekehrt.

Noch ist mir gut recherchierte Literatur in gedruckter Form lieber. Da kann man die Autoren auch direkt zur Verantwortung ziehen. Man weiß wer dahinter steht und man weiß wen man ernst nehmen kann und wen nicht.
 

Forrest Black

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Wikipedia ist ja durchaus nicht als endgültige Quelle allen Wissens gedacht, sondern eher als Einstiegsseite, der man aber auch kritisch begegnen muss.
 
HoHun

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Moin!

Nur mal nebenbei: Dass Wikipedia selbst als Quelle angegeben wird, kommt zwar vor, ist aber nicht erlaubt und kann wieder gelöscht werden. Es ist laut Regeln nicht "egal was für eine" Quelle genutzt wird. Wenn es dem jeweiligen Autor doch egal war, dann ist das schlechte Arbeit (mit der man in Wikipedia eben rechnen muss) und sollte verbessert werden.
Naja, das muss dann aber auch jemand machen ... und erfahrungsgemäß gibt das richtig Stress, wenn man da die Lieblingslegende des Artikelbesitzers angreift. Natürlich gibt's nach den Regeln keinen Artikelbesitzer, aber wenn man lange genug jedem, der "unbefugt" etwas ändert, Stress macht, dann ist man de fakto nach einiger Zeit der Artikelbesitzer.

Hier ein Artikel dazu:


Zitat daraus:

"Viele Autoren verstehen ihre Arbeit nicht als Kooperation in einer Gruppe, sondern als persönliches Editierprojekt."

So entsteht auch der "raue Ungangston" ... das ist reines Territorialverhalten, Aggression zum Vertreiben unerwünschter Leute, die vielleicht noch eine andere Meinung in den Artikel schreiben, mit der man nicht einverstanden ist. Warum stundenlang argumentieren und vielleicht einen Kompromiß riskieren, wenn durch simples Anschnauzen den anderen so abtörnen kann, daß er seinen Änderungsversuch aufgibt?

Tückisch für die Leser ist das ganze durch die Behauptung des "neutralen Standpunktes" und dadurch, daß es technisch fast unmöglich ist, herauszufinden, wer für welche Inhalte des Artikels verantwortlich ist. Für die Details der letzten Änderung geht das zwar noch, aber wenn man herausfinden will, wo ein bestimmtes Statement herkommt, das vor ein paar Jahren mal in den Artikel aufgenommen wurde, dann wird das extrem mühsam (und nicht nur, weil auch anonyme Edits möglich sind.)

Wikipedia ist ja durchaus nicht als endgültige Quelle allen Wissens gedacht, sondern eher als Einstiegsseite, der man aber auch kritisch begegnen muss.
Guter Punkt ... meine Formulierung ist, "Wikipedia benutze ich gern, wenn ich mal auf die Schnelle einen falschen Eindruck kriegen will" ;-)

Tschüs!

Henning (HoHun)
 

Forrest Black

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Bestes Beispiel ist immer noch das Rauskicken der ADL-Kollegen mit dem Hinweis, "Archiv xyz" wäre keine Quellen, aber Griehl, Nowarra mit ihren "Werken" schon...
Eigene Archivrecherchen ohne nachvollziehbare Veröffentlichung sind in Wikipedia nun mal nicht als Quellen zugelassen, selbst wenn auch das immer wieder vorkommt. Aber mit solchen Projektgrundlagen sollte man sich erstmal befassen, wenn man irgendwo etwas erreichen will.
Ob die anderen genannten Autoren gute Quellen sind und ob es bessere gibt, ist eine andere Frage, die man klären könnte, wenn man Punkt 1 akzeptiert hat.

Und ja, da braucht man oft ein dickes Fell.
 
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Ledeba

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Eigene Archivrecherchen ohne nachvollziehbare Veröffentlichung sind in Wikipedia nun mal nicht als Quellen zugelassen, selbst wenn auch das immer wieder vorkommt.
Dagegen sind Veröffentlichungen, die im Wesentlichen auf einer regen Phantasie statt einer eigenen Archivrecherche beruhen (wie im Luftfahrtbereich früher und z.T. auch heute - siehe das Ju 88-Buch von Medcalf - immer noch üblich), als Quelle zugelassen ... das ist ja gerade die Crux bei Wikipedia..... und da sich daran nichts ändert, ist Wikipedia für mich keine Quelle. Die eine Uni zieht Punkte ab, wenn nicht gegendert wird, ich mache es, wenn Wikipedia als Quelle auftaucht ... das Leben ist eines der Härtesten.
 

Forrest Black

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ist Wikipedia für mich keine Quelle. Die eine Uni zieht Punkte ab, wenn nicht gegendert wird, ich mache es, wenn Wikipedia als Quelle auftaucht ... das Leben ist eines der Härtesten.
Wie gesagt akzeptiert Wikipedia sich selbst ebenfalls nicht als Quelle. Insofern völlig normale Einstellung und eigentlich nicht weiter erwähnenswert.
 
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