Nach diesem Bericht -
Türkei: Zweiter Landungs-/Drohnen-Träger Anadolu-Klasse geplant - des marineforum beabsichtigt die Türkei ein zweites Schiff dieser Klasse:
Kaum ist das Dock-Landungsschiff ANADOLU – eine an nationale Forderungen adaptierte Kopie des spanischen Hubschrauber-Landungsschiffs JUAN CARLOS I – in Dienst gestellt, da verhandelt die türkische Marine bereits mit dem staatlich-spanischen Werftenkonsortium Navantia über den Bau einer zweiten Einheit. Sie soll dem technologischen Fortschritt angepasst ebenfalls nach den Plänen und mit wesentlichen Zulieferungen aus Spanien, aber auch wieder national auf türkischen Werften im Südosten Istanbuls gefertigt werden.
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Nun begründet die Türkei diese aufwertende Klassifizierung mit dem Einsatz der national produzierten und in der Ukraine erfolgreich eingesetzten diversen Kampfdrohnen der Firma Bayraktar. ...
Ich frage mich, welche Einsätze ein solches Schiff für die Türkei gestalten könnte. Die "küstennahen" Gewässer - und damit meine ich das gesamte Schwarze Meer wie den östlichen Teil des Mittelmeeres - sind auch von landgestützten Drohnen vom türkischen Festland her "bedrohbar". Wie effektiv dieses Potential ist kann man gerade im Schwarzen Meer beobachten. Dort hält die Ukraine - obwohl faktisch ohne Marine - die große russische Schwarzmeerflotte in den Häfen im Nordosten des Meeres faktisch gefangen.
Dazu kommen bei der Türkei die traditionellen türkischen Marinestreitkräfte wie etwa U-Boote. Damit kann die Türkei sämtliche Meere im Umfeld des eigenen Landes "beherrschen".
Ein so großes Schiff ist damit nichts weiter als eine große Zielscheibe für gegnerische Streitkräfte. Das Marineforum schreibt dann etwas schwammig:
Die Türkei – selbst wie ein stationärer Flugzeugträger zwischen Schwarzem Meer und Mittelmeer gelegen – entwickelt sich im Flottenbestand und in der Fertigungsfähigkeit von modernen Waffensystemen immer mehr zu einem relevanten Akteur an der geostrategischen Schnittstelle zwischen Indischem und Atlantischem Ozean.
Das ist ja so allgemein nicht falsch - ändert an meiner Frage zum konkreten Einsatzprofil für solche türkischen Drohnenträger aber nichts.
Wenn man die eigenen Drohnen nicht unmittelbar aus den eigenen Hoheitsgewässern oder gar von Land aus starten will, weil etwa die Reichweite nicht ausreicht um ein potentielles Zielgebiet zu erreichen, dann braucht man solche Schiffe. Unbestritten. Aber damit werden die Schiffe zu einer Offensivkraft, die weit außerhalb des eigenen Landes (out of aerea) operieren sollen; also klassische "power projection".
Für die Türkei wäre das geographisch ein Einsatzgebiet zumindest
- entweder im Bereich des zentralen und westlichen Mittelmeeres (westlich der großen Syrte)
- oder ein Seegebiet in einem Randmeer des indischen Ozeans.
Die Zielsetzung Neo-Osmanischer Politik, die alten Einflusssphären des Osmanischen Reiches wieder zu beleben, würden insbesondere auch sowohl auf das Rote Meer wie auch auf den Arabisch-/Persischen Golf hin abzielen. Damit könnte sich die Türkei zumindest als regionale Ordnungsmacht im Mittleren Osten etablieren. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das mit dem gewachsenen Selbstbewusstsein arabischer Staaten - ich nenne hier nur Ägypten und Saudi-Arabien - konform geht. Beide Staaten beanspruchen selbst eine Führungsrolle im arabisch-sunnitischen Staatenbereich. Und konkurrieren insofern mit dem Streben der Türkei, sich als "relevanter Akteur", als Regional- oder gar Großmacht im einstigen Herrschaftsgebiet des Osmanischen Reiches zu etablieren.
Damit stellt sich dann die Frage, ob etwa im "Krisenfall" der Transit durch den Suezkanal gesichert wäre.
Nach diesen Vorüberlegungen zeichnen sich derzeit für mich nur drei konkrete Einsatzszenarien ab:
1.
Im Bürgerkrieg von Libyen, wo die Türkei als Unterstützer der Machthaber in Tripolis auftritt
1.1. wie von
@Sens o.g. schon geschrieben
(dafür aber dann gleich zwei so teure Großkampfschiffe?) und
1.2. evtl. tief im Süden noch aktive Einsätze unterstützt werden könnten
(damit in Konkurrenz zu den Ägyptern und Russen, die die Gegenregierung in Bengasi stützen) sowie
2.
auf der Seite der Saudis im Roten Meer gegen die Huthis im Bürgerkrieg im Jemen - und somit ggf. auch gegen den regionalen Rivalen "Iran" und
3.
evtl. vom Golf aus im Irak, wo die schiitischen, mit dem Iran verbundenen Kräfte genauso wie die Kurden bereits von Norden her durch türkische Luftangriffe bedroht sind.
Ein anderer Aspekt könnte auch noch eine Rolle spielen:
Die Türkei versucht, sich als Waffenexporteur zu etablieren. Mit den Drohnen ist sie schon recht erfolgreich. Bemannte Luftfahrzeuge werden in beeindruckendem Tempo entwickelt. Da sollte die Werftindustrie nicht zurück bleiben.
Potentielle Abnehmer finden sich dann überall auf dem Globus, etwa im Bereich der "BRICs-Staaten" wie z.B. Brasilien oder Indien.
