Turbinenlager. Aufbau, Schmierung, Dichtung?

Diskutiere Turbinenlager. Aufbau, Schmierung, Dichtung? im Luftfahrzeugtechnik u. Ausrüstung Forum im Bereich Grundlagen, Navigation u. Technik; Hallo hier ist ein Neuer! Erst mal Schöne Grüße aus Sachsen von einer vielseitig interessierten Person! Bin relativer Laie in Sachen Flugzeuge...
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Hallo hier ist ein Neuer!
Erst mal Schöne Grüße aus Sachsen von einer vielseitig interessierten Person!
Bin relativer Laie in Sachen Flugzeuge, aber nebenbei doch etwas dafür interessiert. (Beruf: Teilkonstrukteur Maschinenbau (TKM) )

Jetzt habe ich eine Frage: Wie genau sind die Lager der Jet-Triebwerke nun aufgebaut?
An unseren Maschinen haben wir bekanntlich Trilob-Lager die vorgespannt sind. Grund: Normale Wälzlager haben natürlichs Spiel und gewähleisten nicht die erforderliche Laufpräzision der Maschinenspindeln und der Revolver an den CNC-Drehmaschinen. Und ab einer bestimmten Maximaldrehzahl können die Wälzkörper nicht mehr folgen und das Lager beginnt zu "schlupfen", verbunden mit starkem Verschleiß. (Was wir auch bei unseren Simson S-51-Mokicks mit den überdimensionierten "8-15-Rillenkugellagern" an der Kurbelwelle erleben durften: Nach 6000 km schon so viel Lagerspiel dass die Kurbelwelle wackelte und Schwungscheibe an den Spulen der Grundplatte schleiften und dabei die Elektronik ausfiel. Soweit der Motor nicht schon vorher blockierte!)

Ich weiß nun dass bei Turbinentriebwerken ebenfalls vorgespannte Wälzlager verbaut werden. Die hohen Unfangsgeschwindigkeiten würden herkömmliche Dichtungsringe durch Reibungswärme zerstören. (Turbofan je nach Größe wohl N1 so 2500-5000 rpm (Nierderdruckturbine-Fan) und N2 (Hochdruckturbine-Verdichter) etwa 3*N1 ?)

Mir selbst erarbeitet habe ich:

-Vorgespannte Wälzlager (Kugel, Rollen)
- Ölnebelschmierung mit Druckluft im Lagergehäuse
- Ein weiteres äußeres Lagergehäuse das mit Druckluft gefüllt wird und die das Öl innen und die Außenluft mit Feuchtigkeit und Schmutz draußen hält. - - Dichtungen die Berührungslose Labirynthe oder Spaltdichtungen.

Stimmt das? Ich habe zudem Bedenken wegen der Komplizertheit des Systems und möglicher Ausfälle.

Und wie sind die Lager extrem hochdrehender (wie schnell etwa?) Turbinen diverser "Düsenjäger" aufgebaut? Etwa Gleitlager, wie in meiner Firma behauptet wurde?

Ich würde mich über ein bisschen Informaton und wenn möglich Fotos und kleine Zeichnungen freuen! Das Thema interessiert mich als Maschinenbauer!

Viele Grüße aus Chemnitz, der Stadt der Moderne, der Wissenschaft und des Maschinenbaus!:TOP:
 
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Hi,

Turbofan je nach Größe wohl N1 so 2500-5000 rpm (Nierderdruckturbine-Fan) und N2 (Hochdruckturbine-Verdichter) etwa 3*N1 ?
Kann man so ganz grob sagen, ich für einfach mal das Trent700 (A330) an:
N1: 3900
N2: 7000
N3: 10600

jeweils 100% Drehzahl, die wirklich gefahrenen Drehzahlen bzw. Limits könne auch anders liegen, N3 hat zb. ein Redline-Limit von ~103,3%, N2 von wirklich 100% und N1 von 99%.
Zudem werden vom Triebwerk nur die Drehzahlen angefahren, die nötig sind um den garantierten Schub zu liefern.

-Vorgespannte Wälzlager (Kugel, Rollen)
Muss ich passen, so genau kann ich das nicht sagen, nur das immer jeweils 1 Festlager in Form eines Kugellagers verbaut ist und dann je nach Bauart diverse Rollenlager, welche die temperaturbedingte Ausdehnung kompensieren sollen.
Beim Trent 700 ist in der Tat hinten im letzten Lagersumpf ein, durch ein Federpacket vorgespanntes, Kugellager verbaut, weil man das von dir angesprochene "skidding" festgestellt hat, allerding nur bei bestimmten Leistungs/Temperaturkombinationen des Triebwerks.
Ich denke (meine Meinung), das ein explizites Vorspannen der Lager nicht nötig ist, da die Wellen ja ohnehin immer in die gleiche Richtung belastet werden und so die Lager unter Belastung halten. (einzelne Ausnahmen siehe oben).
Die Lager werden zudem oft von Aussen (äusserer Lagerring) mit Öldruck beaufschlagt um Vibrationen zu dämpfen

- Ölnebelschmierung mit Druckluft im Lagergehäuse
Erkläre das bitte genauer. Auch auf die Gefahr hin, das wie das Gleiche meinen:
Üblicherweise ist der Lagersumpf selbst nicht sonderlich Druckbeaufschlagt, das geschieht quasi Zwangsgesteuert durch die Lagerdichtluft. Das Schmieröl wird mittels Düsen direkt im flüssigen Zustand auf die Lagerstellen gesprüht (oder etwas Komplizierter über die N1, wenn man mehr als 2 Wellen zu versorgen hat)

Ein weiteres äußeres Lagergehäuse das mit Druckluft gefüllt wird und die das Öl innen und die Außenluft mit Feuchtigkeit und Schmutz draußen hält.
Kann man so sagen, wobei Schmutz und Feuchtigkeit eher nicht so gravierend sind, weil das Triebwerk relativ geschlossen gebaut ist.
Durchgesetzt haben sich die genannten Labyrinth-Dichtungen, schleifende Kohleringdichtungen die mittels Sperrluft oder Federn vorgespannt werden und auch geschmiert werden oder Bürstendichtungen.

Ich habe zudem Bedenken wegen der Komplizertheit des Systems und möglicher Ausfälle.
Die Systeme arbeiten recht zuverlässig und in den seltesten Fällen sind defekte Dichtsysteme der Grund für einen Austausch des Triebwerks, i.d.R. ist die Turbine derart mitgenommen bzw. abgenutzt, dass Sie entweder "out of limit" ist, der Schub bei bestimmter Aussentemperatur nicht mehr halten lässt, weil die Abgastemperatur zu hoch ist (weil mit zusätztlichem Kraftstoff komensiert werden muss) oder es sich nicht mehr rechnet so ein Triebwerk auf Dauer zu betreiben.
Der Ölverbrauch hält sich auch in Grenzen, selten ein Triebwerk gesehen, das wirklich einen erhöhten Ölverbrauch hatte und das nicht irgendwo "rausgedrückt" hat. Wenn, dann waren immer externe Leckagen der Grund.

Etwa Gleitlager, wie in meiner Firma behauptet wurde?
Mit den Strahltriebwerken der Jäger hab ich nichts am Hut, allerdings kenne ich nicht ein Triebwerk, welches ein Gleitlager besitzt.
 
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So ungefähr dachte ich mir das schon. Normale Wälzlager würden bei den benötigten Durchmessern der schnellen Rotation nämlich nicht folgen können.
Bei Rollenlagern müsste es sich um Kegelrollen handeln, wenn sie ebenfalls durch die auftretenden Kräfte "vorgespannt" werden sollen.

Das T-500 ist eine Dreiwellenmaschine, ich weiß. Ergibt noch besseren Wirkungsgrad.
Die Drehzahlen sind ein ganz schöner Affenzahn wenn man die Größe der Motoren bedenkt. Wenn ein Fan mit 1.75m Durchmesser, bei dem jedes Fanblade so 4 kg wiegt, mit 5500 rpm dreht (Irgendwein Airbus-Triebwerk über das ich gelesen habe im Zusammenhang mit den Fanblade Failure Containment Tests!) und an jeder Schaufel 60 Tonnen ziehen ist das nicht so ganz ohne! Nur lassen sich Zugbelastungen technisch mit am besten beherrschen. Es gab in der Vergangenheit einzelne böse Unfälle, weil schnelldrehende Teile auseinanderflogen. Etwa bei der MD-80, wo Einzelteile bis 700m(!) weit flogen und 3 Paxe getötet wurden...

Bei unseren Maschinen sind sehr richtig Trilob-Lager an den Spindeln verbaut, wenn auch höhere Drehzahlen nötig sind als die in den Tabellen angegebene Höchstdrehzahl. Und Sperrluftabdichtung gibts auch - es kann kein Dichtring verschleißen weil es eben keine reibenden Teile an Labyrinth-Dichtungen gibt.

Wird Skidding (den Begriff kannte ich nicht) aber sicher verhindert ohne Vorspannung der Lager? Ist ja mit hohem Verschleiß verbunden und sicher unerwünscht.

Gute N8 für heute!
1 Stunde hamm'se uns vorhin grad gemopst ......:rolleyes:
 
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die Rollenlager selbst werden nicht vorgespannt, wär mit nichts bekannt. Ist recht "ordinär" aufgebaut, mit einem etwas breiterem inneren Lagerring, damit Temperaturausdehnungen mitgemacht werden können.

aber mal ne andere Frage: sind den knapp über 10600 1/min so heftig? Meine uralt-DR350 (Suzuki Einzylinder) hat auch eine Kugelgelagerte Kurbelwelle und dreht in etwas gleich hoch.

Etwa bei der MD-80, wo Einzelteile bis 700m(!) weit flogen
davon gibts (leider) noch mehr Fälle, einer der immer wieder auftaucht und gerne mal zur Demonstration der herrschenden Kräfte rangezogen wird: http://www.amtonline.com/article/article.jsp?siteSection=1&id=2404
 
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10 000 rpm sind zumindest "heftig" genug um so etwas auszulösen was Dein Link zeigt und wo auch Bruchstücke über einen halben km weit davonschossen.
Und die Turbine Disk ist sicher bissi größer und schwerer als Deine Kurbelwelle samt Kolben!

Wenn so etwas beim Testlauf passiert, kann es auch erst nach dem Testlauf beim Start passieren wo die Maschinen unter Volllast laufen.

Die Turbinen der Turboprop IL-18 liefen mit satten 16 000 rpm, wenn beim Start "voll aufgedreht" wurde.

Das Rollenlager so einfach ohne Skidding laufen konnte ich mir bisher nicht vorstellen. Die Schaufeln haben zur Gehäusewand ja nur Millimeterabstände. Ist der Motor in Betrieb sind es sogar nur Zehntel mm und da darf kein Lager merkliches Spiel haben.
Wenn Ihr Bilder habt, dann bitte zeigen, Danke!

Ich glaube es sind auch schon Propeller zerlegt worden, bei denen ganz ähnliche Kräfte auftreten. Der größte Turboprop aller Zeiten, der in die legendäre TU-114 eingebaut wurde (Einziger Prop mit Jet-ähnlichen Eigenschaften!) hatte immerhin Luftschrauben von 5 Meter Durchmesser.

Wie löst man das Problem der Verbindung Turbine-Getriebe? Auch mit Sperrluftabdichtung?

Drehzahl der Propeller?

So leicht findet man nicht alles selber, selbst wenn ich "Frau Google" so trieze dass sie zu kratzen und zu keifen anfängt ... :D

Ich kenne übrigens einen Bericht wo einer 4 starke Modellturbinen benutzte um sein Fahrrad anzutreiben. Ergebnis: Ein Flächenbrand auf den Feldern und eine abgefackelte Scheune...:HOT::rolleyes:
 
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10 000 rpm sind zumindest "heftig" genug um so etwas auszulösen was Dein Link zeigt und wo auch Bruchstücke über einen halben km weit davonschossen.
Das sind die Auswirkungen, aber das Lager war nicht schuld.

Wie löst man das Problem der Verbindung Turbine-Getriebe? Auch mit Sperrluftabdichtung?
nach Aussen sind hier ja keine drehenden Teile abzudichten, erst wieder am Getriebe selbst zu den Nebenaggregaten, da kommen wieder Kohleschleifringe zum Einsatzt.
Wie das im Detail aussieht -> bin ich zu wenig Triebwerker, hab sowas auch noch nicht life gesehen.

Bilder?
-> PW4000
recht simpel aufgebautes Triebwerk, läuft aber ganz gut. -> Amis halt

-> Trent500
durch die 3-Wellen einfach komplizierter im Aufbau, ausserdem mögen die Engländer irgendwie komplizierte Sachen, auch in der Regelung :D
dafür sparsamm und leistungsstark.
 
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T-64-7

Hallo,

beim T64 Wellenleistungstriebwerk gibt es die Kombination Kugellager/ Rollenlager
Die Kugellager (2 Stück) sind Festlager welche Axial- und Radialkräfte aufnehmen sollen. 3 der übrigen Lager sind elliptisch um das bereits erwähnte Skidding zu verhindern.

Die Abdichtung erfolgt hauptsächlich über Kohledichtungen und Dichtluft. Aber auch Radialwellendichtringe finden Verwendung. So bei der Abdichtung des Austritts der Nutzleistungsturbinenwelle am vorderen Ende des Triebwerks. Diese dreht mehr oder weniger konstant mit 13.600 U/min.

Ich hoffe ich konnte ein wenig weiterhelfen!
 
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