So rießig waren seine Fehler übrigens nicht, das eigentlich grausame am Vietnamkrieg war...
Das mit dem Vergleich von Kriegen ist immer schwer, und Gräßlichkeiten lassen sich schlecht in Statistiken ausdrücken.
Aber Mr. McNamaras Fehler halte ich dennoch für
so riesig: nicht nur, weil er in seinen fast neun Amtsjahren die Möglichkeit gehabt hätte, Dinge anders zu entscheiden oder auch zu revidieren, nein, er hätte auch als Vorgesetzter von Militär und Geheimdienst die Möglichkeit gehabt, die Fehler aus seinem untergebenen Bereich zu korrigieren. Das nennt man Verantwortung.
Ein Lamettaträger an der Front oder im Planungsstab oder auch ein Militärattaché haben nur begrenzten Einfluss auf die Außenpolitik. Dass ein fachfremder Minister eine Fehlbesetzung im Amt sein kann und somit eine Besetzungsfehlentscheidung war, ist ein etwas schwaches Fazit. Grds. gelten Spitzenpolitiker ja als Allroundtalente, und dass McNamara gewissen Sachverstand hatte, zeigt seine Reform der Mehrfachstrukturen in den Teilstreitkräften von 1962.
Von einem intelligenten Menschen mit dem Tatendrang und den Chefallüren eines McNamara muss man allerdings auch erwarten, dass er als 'treibende Kraft im Amte' mit Bedacht und Überblick entscheidet und befiehlt. Er galt als jemand, der nicht auf den Rat der Generalität/Admiralität hörte, sondern recht autoritär seine eigene Linie befahl. Anschaulich wird dieses Verhältnis beim Projekt TFX (der Einführung der F-111B in der Navy). Admiral George W. Anderson als damaliger Chief of Naval Operations kannte die Verhältnisse aus erster Hand, und er hat später in seinen Memoiren auch aus dem Nähkästchen geplaudert.
Was den Umgang mit fremden Staatschefs angeht, so hab' ich mal einen Filmausschnitt in einer TV-Reportage gesehen, wo Mr. U. S. Secretary of Defense beim Staatsbesuch in Saigon den südvietnamesischen Ministerpräsidenten
Ngô Đình Diệm, zweifellos selbst eine Marionette der US-Außenpolitik, im Beisein der Presse wie (s)einen Schuhputzer behandelt hat.
Sowas hab' ich sonst noch nicht gesehen.
Fakt bleibt, als Chef ist man verantwortlich für alles, was im eigenen Zuständigkeitsbereich gelingt oder missglückt. Wenn wir mal den Arbeits- und Umgangsstil von McNamara außen vor lassen, so hat er die Invasion in der Schweinebucht im April 1961 (wenigsten mit-) zu verantworten. Und das war nicht nur eine misslungene Geheimoperation, sondern der Auslöser der eigentlichen Kubakrise. Im Englischen heißt sie "Cuban Missile Crisis", aber es war keine pure Raketenkrise, sondern das Problem war ja der Versuch der USA, mit Hilfe von Exilkubanern das Castro-Regime zu entfernen. Das war nicht nur völkerrechtswidrig und ist militärisch misslungen (auch wegen der Fehleinschätzung der Lage), sondern hätte fast einen Atomkrieg nach sich gezogen.
Der zweite große politische Höhepunkt des Herrn SecDef war der Südostasienkrieg. Das Ausmaß der späteren Eskalation war 1961 gewiss noch nicht absehbar, aber die US-Außenpolitik hat mehr Fehler begangen, als nur vietnamesische Zivilisten im Napalmfeuer sterben zu lassen. Ich werfe den Herren im Kartenraum des Weißen Hauses auch vor, die gesamte Region destabilisiert zu haben. Man schaue sich die jüngere Geschichte Kambodschas mal an.
Das ist vor allem das Ergebnis rücksichtsloser US-Außenpolitik.
Ich finde es nicht hilfreich, über Tote nur Gutes zu reden, sondern besser, sie ehrlich zu würdigen. Hier ist jemand am Ende eines langen Lebens gestorben, der unmittelbar verantwortlich für den frühen Tod vieler Menschen war.
:(
PS: Dieses Foto aus der Wikipedia drückt ungefähr das aus, was ich im historischen Rückblick ihres politischen Schaffens so denke: