Ganz kann ich es mir allerdings nicht vorstellen.
Wenn, dann hat die Regierung die Faktenlage ziemlich verdreht gesehen. Trotz Anfangserfolgen stand man in der SU Anfang der 60er noch erheblich hinter dem Westen. Erfolge wie Sputnik und Wostock haben gezeigt, dass neue Technologiefelder durchaus erfolgreich besetzt werden können (wobei auch hier die Tiefe und Breite speziell der US-Industrie schnell überholte, sobald Ressourcen konzentriert wurden).
Die Tu-144 war natürlich ein Gebiet, in dem noch Mangel herrschte. Zu der Zeit der Entscheidung (1962) gab es kaum Flugzeuge die überhaupt Mach2 erreichten (namentlich die MiG-21 so mit Ach und Krach, die Su-11 wohl etwas zuverlässiger, die YE-15X Reihe - allerdings keine seriennahen Produkte). Mangel war sowohl die Aerodynamik und Konfiguration, aber besonders bei den Triebwerken.
Also sehe ich zwei Optionen:
Option 1: im eigenen Machbarkeitswahn - natürlich kompatibel mit dem Zeitgeist - wollte man mit einem ergeizigen Projekt einen Sprung nach vorne erreichen. Die Verkennung der Schwierigkeiten und notwendigen Entwicklungsschritte, konkurrierend um Ressourcen zu mindestens einem halben Dutzend anderer, höher priorisierter Programme (u.a. MiG-23, MiG-25, Su-15, etliche weitere), ließen diesen "Zombie" entstehen. Am Ende außer Spesen nichts gewesen. Viel Parallelarbeit und Technologien für nicht existente Probleme entwickelt.
Option 2: man wollte ein Technologie-Programm und Kosten der Rüstung elegant als zivile Entwicklung deklarieren. Dann kann man von Erfolg sprechen: Mitte der 70er Jahre waren Triebwerke deutlich weiter, und ab 1967 wurde das Tu-160 Programm gestartet und war ja am Ende erfolgreich (sehr sogar: die -160 ist nach der B-58 der einzige wirkliche Überschall-Bomber - auch wenn man sich fragt wozu man das überhaupt braucht).