Warum Stoffbespannte Ruder?

Diskutiere Warum Stoffbespannte Ruder? im WK I & WK II Forum im Bereich Geschichte der Fliegerei; Vielleicht genau auf grund des Massenausgleichs? Damit der Massenschwerpunkt nahe der Drehachse des Ruders liegt, braucht es manchmal gehörige...
gero

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Alien
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Aber Ju88 und 188 hatten tonnenschwere Ruder/Klappen
Vielleicht genau auf grund des Massenausgleichs? Damit der Massenschwerpunkt nahe der Drehachse des Ruders liegt, braucht es manchmal gehörige Ausgleichsgewichte.
heutzutage kommt da sogar gelegentlich Uran zum Einsatz, nicht selten mindestens Blei oder Eisen. Und das alles weit weg vom Flugzeugschwerpunkt.

gero
 
Susie-Q

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Stoffbespannung vielleicht deshalb:
Weil Ruder keiner wirklich hohen Materialbelastung ausgesetzt sind.
Im Gegensatz zu den Klappen!
 
HoHun

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Moin!

Um zu raten: Es ging wahrscheinlich um eine Reduktion der Massenträgheitsmomente, um die Wahrscheinlichkeit des Flatterns zu verringern.
Ich habe es jetzt mal bei Dan Raymer, "Simplified Aircraft Design for Homebuilders" nachgeschlagen:

"Viele Flugzeuge aus der Ära des zweiten Weltkrieges hatten stoffbespannte Steuerflächen, um den Massenschwerpunkt vorne zu behalten und so das Flattern zu vermeiden."

Illustriert wird diese Aussage mit dem Bild des Höhenleitwerks einer P-51, das über einen vorneliegenden Masseausgleich verfügt, der in Neutralstellung im Straak der Höhenleitwerkskontur liegt.

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
Doppelnik

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Ich denke auch das Flattern der einzige wesentliche Grund war an einer Stoffbespannung festzuhalten. Reine Spekulation von mir, vielleicht war es nicht alleine die geringe Massenträgheit um die Drehachse sonder auch die Nachgiebigkeit der Bespannung könnte für eine Dämpfung gesorgt haben, jede Deformation bei den Flatterbewegungen entzieht dem System Energie.
 
Gilmore

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Zudem habe ich in der Zwischenzeit erfahren, dass erst in den 50er Jahren die Blindniete, auch Popniete genannt, zum Einsatz kamen, um auch da nieten zu können, wo man von der anderen Seite nicht herankam, was ja spez. bei Ruderflächen der Fall war.
Aber dennoch denke ich inzwischen, dass die Flatterneigung von Ruderflächen der Grund für die damalige Konstruktionsweise war.
 
FREDO

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Mit den Popsen hast du so recht, aber Blindnietungen gab es auch schon früher, jedoch auf andere Art. Da waren die Schäfte "aufgebohrt" und eine kleine Treibladung trieb durch Erwärmung mit einem "Lötkolben" den Schaft auf der "unsichtbaren" Seite auseinander. Eben ein Sprengniet
 

78587?

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Zudem habe ich in der Zwischenzeit erfahren, dass erst in den 50er Jahren die Blindniete, auch Popniete genannt, zum Einsatz kamen
...will dich Berichtigen,:wink2:... gab es schon in den 30er Jahren. Das nannte sich "Dornnietung", und er einzige Unterschied war, dass man den Dorn nach dem Abreißen nochmals mit der seitlich an der Zugzange befindlichen Schneidzange auf richtige Länge kürzen, zudem nochmals gegen herausfallen Quetschen musste:



Zur Sprengnietung:

Im Bild ist ein Rep-Blech zu sehen (Vermutlich Beschuss-Schaden), dieses stammt von einer Lancaster. Kanten sind Ringsherum mit einer Fase versehen, was bedeutet, man es auf eine Aussenhaut aufgebracht. Auch die Briten nutzten Verfahren zur einseitigen Nietsetzung:


Koffer mit diversen Sprengniete für Feldinstandsetzung, alle Dosen sind noch gefüllt:


Copy: Ich


.
 
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Wilbur

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Soweit ich weiß, gab es bis in den zweiten Weltkrieg hinein kaum servounterstützte Ruderflächen, der Pilot musste also reine Muskelkraft aufwenden. Jedes eingesparte Gramm an den Rudern verringerte also die Betätigungskräfte.
 
A.G.I.L

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Man kann auch dadurch, dass ein Teil der Ruderfläche vor dem Drehpunkt liegt, eine gewisse "aerodynamische Servounterstützung" erreichen.
 
HoHun

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Moin!

Soweit ich weiß, gab es bis in den zweiten Weltkrieg hinein kaum servounterstützte Ruderflächen, der Pilot musste also reine Muskelkraft aufwenden. Jedes eingesparte Gramm an den Rudern verringerte also die Betätigungskräfte.
Ich glaube, das stimmt so nicht ganz, weil der Löwenanteil der Ruderkräfte auf die aerodynamische Rückwirkung des Luftstroms auf die Ruder zurückzuführen war.

Kann es sein, dass Du an die Situation im beschleunigten Flug denkst, wo das Ruder dazu neigt, sich durch die Fliehkräft selbst zu verstellen? Der Effekt wäre bei schwereren Rudern tatsächlich größer, aber um dem gegenzuwirken, waren die Ruder damals meist vollständig "massenausgeglichen", d. h. sie hatten vor der Ruderachse so viel Gegengewicht, dass die Fliehkraft, die auf das eigentliche Ruder wirkte, vom Gegengewicht ausgeglichen wurde. (Sie wurde natürlich nicht Null, aber das Netto-Drehmoment aufs Ruder wurde Null, so daß keine Kraft auf den Piloten rückwirkte.)

Die Notwendigkeit zum Massenausgleich könnte man allerdings auch so formulieren, daß jedes am Ruder eingesparte Gramm auch ein Gramm am Gegengewicht einsparte :-) Ganz genau stimmt's nicht, weil auch der Hebelarm des jeweiligen Gramms berücksichtigt werden muß, aber es wäre tatsächlich ein zusätzliches Argument, warum stoffbespannte Ruder vorteilhaft sein können.

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
gero

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Soweit ich weiß, gab es bis in den zweiten Weltkrieg hinein kaum servounterstützte Ruderflächen, der Pilot musste also reine Muskelkraft aufwenden. Jedes eingesparte Gramm an den Rudern verringerte also die Betätigungskräfte.
Zum Massenausgleich (und warum der wichtig ist) ist ja schon einiges gesagt. Zur Servounterstützung: Bereits seit 1918 gibt es beispielsweise das Flettner-Patent auf die aerodynamische "Servounterstützung". Ohne solche Tricks wären die Ruder der damaligen Großflugzeuge gar nicht mehr handhabbar gewesen.
Aber die Gesamtaussage ist richtig: Jedes gesparte Gramm an den Rudern ist ein Pluspunkt. Aus vielerlei Gründen (steht alles schon weiter oben).

Das mit dem Energievernichten durch Schwingen der Bespannung gehört in den Bereich der Legende. Wenn man die Energiemenge, die in einem flatternden Ruder steckt, in der Bespannung in Wärme umwandeln würde ...

gero
 
Jety

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......

Das mit dem Energievernichten durch Schwingen der Bespannung gehört in den Bereich der Legende. Wenn man die Energiemenge, die in einem flatternden Ruder steckt, in der Bespannung in Wärme umwandeln würde ...

gero
Genau, wobei genau genommen die Energie (menge) nicht im flatternden Ruder steckt sondern in der Umströmung, die das Ruder u.U. durch aero- elastische Effekte in Schwingungen versetzen kann. Z. B. um so leichter so ein Ruder von seiner Struktur her gebaut ist um so eher können solche Effekte, meist Geschwindigkeitsabhängig, auftreten.
 
A.G.I.L

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...Jedes gesparte Gramm an den Rudern ist ein Pluspunkt. ...
Sicher? Ist es nicht so, dass ein schwereres Ruder wegen der Massenträgheit weniger zum flattern neigt? Aerodynamischer und/oder Massenausgleich mal vorausgesetzt.
 
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Jety

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Ich denke mal so pauschal lässt sich keine vernünftige Antwort geben, sicher gilt so leicht wie möglich aber auch so schwer wie nötig. Es kommt darauf an an welchem Flugzeug die Steuerfläche eingesetzt wird, oder um es etwas genauer auszudrücken es kommt auf das abgewendet Konstruktionsprinzip für das konkrete Flugzeug an. Da spielen viele Dinge eine Rolle, die hier in der Diskussion zu Teil auch schon angesprochen wurden. Hinzu kommen Dinge wie die Größe des Flugzeuges, der erwartete Geschwindigkeitsbereich, der Höhenbereich und so weiter. Letztendlich kann auf die Eingangsfrage auch keine pauschale Aussage getroffen werden, hier kann eigentlich nur der Konstrukteur eine angemessene Auskunft über die Gründe für stoffbespannte Ruder geben.
 
gero

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Sicher? Ist es nicht so, dass ein schwereres Ruder wegen der Massenträgheit weniger zum flattern neigt? Aerodynamischer und/oder Massenausgleich mal vorausgesetzt.
Das Flattern selbst ist eine ziemlich komplexe Sache, dabei geht es in erster Linie um Frequenzen. Anregungsseitig also um Lufteigenschaften. (Geschwindigkeit) systemseitig um federeigenschaften (z. Lagerspiel) und Trägheitsmoment (bei einer Drehscwingung) in das Trägheitsmoment geht die Masse und der Abstand vom Drehpunkt ein. Ein hohes Trägheitsmoment führt im Schwingungsfall zu größeren Kräften auf Lager und Anlenkung, die damit wieder schwerer sein müssen. Ein Teufelskreis.

Ergo: masseeinsparung ist hilfreich!

Gero
 
Doppelnik

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Flattern entsteht wenn die Anregung aus der Anströmung mit der Eigenfrequenz zusamentrifft. Die Frequenz des Systems liegt umso höher je leichter die Klappe (genauergesagt, je geringer das Massenträgheitsmoment um die Drehachse ist) und je höher die Anströmgeschwindigkeit ist. Mit einer besonders leichten Klappe versucht man sicherlich immer unterkritisch zu bleiben, man könnte aber sicher auch eine Klappe besonders schwer machen um immer überkritisch zu bleiben, klingt aber erst mal nicht so ideal...

Was mir noch nicht klar ist, wie die Anregung zu stande kommt, dafür muss ja die Rückstellkraft größer sein, als der Widerstand bei Auslenken. Da beim Auslenken die relative Geschwindigkeit zur Luft größer ist, als bei der Bewegung Richtung Neutral, müsste man eigentlich immer eine Dämpfung haben und keine Anregung. Hat dies vielleicht etwas mit einem Stall effekt bei Auslenkung zu tun (so in Richtung Karmanscher Wirbelstraße?).
 
HoHun

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Sicher? Ist es nicht so, dass ein schwereres Ruder wegen der Massenträgheit weniger zum flattern neigt? Aerodynamischer und/oder Massenausgleich mal vorausgesetzt.
Die Masse ist einer der Faktoren, die die Eigenfrequenz des Ruders bestimmt. Wenn die anregende Frequenz die Eigenfrequenz trifft, kommt es zu Resonanz, und dann werden die Kräfte so groß, daß es das Ruder zerlegen kann - mit schlimmen Folgen.

Daher ist "schwerer" nicht grundsätzlich "flattersicherer". Durch ihre größere Trägheit müssen bei schwereren Rudern auch alle Betätigungskomponenten stärker dimensioniert werden, also ist ist in mancher Hinsicht "leichter" auch "sicherer". Das könnte sogar die dominante Überlegung sein.

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
Jety

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Das Flattern selbst ist eine ziemlich komplexe Sache, dabei geht es in erster Linie um Frequenzen. Anregungsseitig also um Lufteigenschaften. (Geschwindigkeit) systemseitig um federeigenschaften (z. Lagerspiel) und Trägheitsmoment (bei einer Drehscwingung) in das Trägheitsmoment geht die Masse und der Abstand vom Drehpunkt ein. Ein hohes Trägheitsmoment führt im Schwingungsfall zu größeren Kräften auf Lager und Anlenkung, die damit wieder schwerer sein müssen. Ein Teufelskreis.

Ergo: masseeinsparung ist hilfreich!

Gero
Siehst Du aus diesen Gründen hat ein schlauer Mensch dann die VNE, erfunden. :wink2:
 
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