Warum Stoffbespannte Ruder?

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speciman

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Warum wurden auch bei ansonsten komplett in Duralumin gefertigten Flugzeugen oftmals stoffbespannte Ruder verwendet? Vielen Dank für eine gute Antwort!
 
HoHun

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Moin!

Warum wurden auch bei ansonsten komplett in Duralumin gefertigten Flugzeugen oftmals stoffbespannte Ruder verwendet? Vielen Dank für eine gute Antwort!
Um zu raten: Es ging wahrscheinlich um eine Reduktion der Massenträgheitsmomente, um die Wahrscheinlichkeit des Flatterns zu verringern. Vielleicht kam dazu, dass stoffbespannte Ruder sich bei höheren Geschwindigkeiten aeroelastisch verformen und dadurch an Wirksamkeit verlieren, was die Wahrscheinlichkeit einer durch Steuereingaben hervorgerufenen Überlastung des Flugzeugs verringert.

Die NACA-Berichte, die über die NASA-Seiten gefunden werden können, könnten da genauere Auskunft geben, wenn man bereit ist, da ein bißchen tiefer zu bohren. Ich suche auch gern über MAGiC NACA Archive

Das hier könnte ganz interessant sein, was die Steuerkräfte angeht: NACA UK Mirror report description page

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
Whisky Foxtrott

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Oft aus Gründen der Schwerpunktlage.
 

jackrabbit

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Hallo,

Vielleicht kam dazu, dass stoffbespannte Ruder sich bei höheren Geschwindigkeiten aeroelastisch verformen und dadurch an Wirksamkeit verlieren, ...
ich meine mich zu erinnern, dass man im WK II deswegen bei einigen Jagdflugzeugen von den stoffbespannte Rudern wegging (Schwierigkeit beim Steuern im Sturzflug => kann jetzt aber die Typen nicht benennen).

Grüsse
 

Jubernd

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Bei Querrudern z.B. dürfte die Schwerpunktlage aber ja keine große Rolle gespielt haben.
Könnten es nicht einfach Kostengründe sein? Bei unserer Gaststätten-IL14 hing bald die Klappenleinwand in Fetzen herunter. (Man nahm Blechstreifen und befestigte sie einfach mit Blechtreibschrauben). Bei dem Querruder der Ju188, welches kurze Zeit bei mir im Garten stand, ging das natürlich aus Belastungsgründen nicht. Das Teil war dafür tonnenschwer.
 
A.G.I.L

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Hallo,



ich meine mich zu erinnern, dass man im WK II deswegen bei einigen Jagdflugzeugen von den stoffbespannte Rudern wegging (Schwierigkeit beim Steuern im Sturzflug => kann jetzt aber die Typen nicht benennen).

Grüsse
Z.B. P-51 D Mustang. Frühe D-5: stoffbespannte HR, ab D-10 metallbeplankt. Meines Wissens waren hatten metallbeplankte Höhenruder bessere/exaktere Steuerfolgsamkeit insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten..
 
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Hallo,
ich meine mich zu erinnern, dass man im WK II deswegen bei einigen Jagdflugzeugen von den stoffbespannte Rudern wegging (Schwierigkeit beim Steuern im Sturzflug => kann jetzt aber die Typen nicht benennen).

Grüsse
Das ist richtig. Und zwar beispielsweise bei der Me 109, die stoffbespannt mit etwa 600 PS begann und mit erheblich über 1200 das Entwicklungsende erreichte. Zur stufenweisen Leistungserhöhung kam irgendwann die Aluhaut-Beplankung, um mit den leistungsbedingten hohen Steuerkräften mehr Stabilität/Exaktheit zu gewährleisten. -

Richtig, beim Querruder spielt die SP-Abhängigkeit keine oder lediglich untergeordnete Rolle.
 
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Das ist richtig. Und zwar beispielsweise bei der Me 109, die stoffbespannt mit etwa 600 PS begann und mit erheblich über 1200 das Entwicklungsende erreichte. Zur stufenweisen Leistungserhöhung kam irgendwann die Aluhaut-Beplankung, um mit den leistungsbedingten hohen Steuerkräften mehr Stabilität/Exaktheit zu gewährleisten. -

Richtig, beim Querruder spielt die SP-Abhängigkeit keine oder lediglich untergeordnete Rolle.
 
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alois

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War es nicht so, dass stoffbespannte Steuerflächen an Metallflugzeugen eine Übergangstechnologie war die den Sprung in die Moderne noch nicht geschafft hatte, die noch aus der Vorgängergeneration stammt? Ich denke man wollte Material sparen bis man merkte, dass es technisch nicht mehr weiter ging (z.B. flattern bei hohen Geschwindigkeiten usw).
 
Transporter

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ein verkastetes und somit steifes Ruder aus Blech verbiegt und verwindet sich weniger und entwickelt damit ein geringeres, unkontrolliertes aerodynamisches Eigenleben. Die Steuerung wird präzieser und seine größere Massenträgheit wirkt dem Flattern zusätzlich entgegen. Dazu kommt die Verwendung von aerodynamischen, auf Massenausgleich oder auf Federkraft basierende "Dämpfer", die verhindern, dass sich Flattern "aufschaukelt" und gleichzeitig die Steuerkräfte reduzieren. Es ist, wie hier schon dargestellt, eine Frage der Geschwindigkeit. Dass heute auch im niedrigen Geschwindigkeitsbereich vornehmlich Ruder aus Blech (oder Kunststoff) verwendet werden, dürfte, so meine Vermutung, eher mit dem geringeren Wartungsaufwand und Lebensdauer zu tun haben.
 
Junkers-Peter

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Die eigentliche Frage ist doch nicht, warum man vom stoffbespannten Ruder zum Blechruder übergegangen ist, sondern warum hielt man so lange am Stoff fest? Stoff muss also Vorteile gehabt haben. Junkers, der Metallflugzeugbaupionier schlechthin, hat z.B. bei der Ju 88-Serie noch bis 1940 stoffbespannte Ruder benutzt, erst ab Mitte 1940 ging man komplett zum Blech über. Stichhaltige Gründe habe ich dafür noch nicht finden können, also für die ursprüngliche Konstruktion mit Stoff.
 
gero

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Flattern ist en sehr kompliziertes Phänomen. Da spielt die Masse eine Rolle, aber auch die Masseverteilug (Trägheitsmoment). Je weiter der Messeschwerpunkt von der Drehachse entfernt ist, umso kritischer wird es mit dem Flattern (das ist sehr vereinfacht, aber darauf läuft es hinaus). Die Steifigkeit von Ruder und Anlenkung ist auch wichtig. Ein leichtes Ruder ist also in vielen Fällen weniger flatterkritisch bzw. kann leichter "entschärft" werden.

Aus obigem Grunde werden / wurden gelegentlich Ausgleichsgewichte im Ruder eingebaut, die den Rudermasseschwerpunkt an die Drehachse verschieben. Die sind u.U. gehöriges Zusatzgewicht. Un das ganze weit vom Flugzeugschwerpunkt entfernt ...

gero
 
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Die eigentliche Frage ist doch nicht, warum man vom stoffbespannten Ruder zum Blechruder übergegangen ist, sondern warum hielt man so lange am Stoff fest?
Na das ist leicht beantwortet: Stoff ist extrem leicht. Und billig.
 
Junkers-Peter

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Für mich kein Argument. Wenn ich eh schon ein Flugzeug ganz aus Metall baue, dann fallen die paar dm² für die Ruderabdeckung auch nicht mehr ins Gewicht. Dann könnte man zur Gewichts- und Kosteneinsparung auch noch andere Aluteile durch Stoff ersetzen. Für die Kosten sehe ich das ähnlich.

Anbei als Beispiel ein frühes Höhenruder der Ju 88. Die rot umrandeten Teile hat man mit Stoff bespannt. Bringt das wirklich Gewichts- und Kostenvorteile? Das spätere Ruder ganz aus Dural war umkonstruiert und die Haut wurde als Teil des Festigkeitsverbandes genutzt. Ich habe jetzt keine Zahlen, aber vielleicht war das reine Duralruder sogar leichter?



Die Argumente von @gero klingen da schon plausibler, also die Massenverteilung.
 
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Gilmore

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Ist es vielleicht so, dass die Struktur bei stoffbespannten Ruderflächen mehr Verstärkungen (Diagonalrippen etc.) benötigt? Denn ein stoffbespanntes Ruder neigt ansonsten wohl mehr zur Verformung in Form von Torsion als ein beplanktes Ruder. Somit wären die gewichtsunterschiede dann ja eher marginal. Ob es von den Fluggeschwindigkeiten abhängt, welche Lösung man bevorzugt, kann ich nicht sagen, eine F4U Corsair z. B. hat auch stoffbespannte Ruder und sogar tlw. bespannte Tragflächen.
Um bei WK-II-Flugzeugen zu bleiben: Vielleicht ging es schlicht und einfach darum, möglichst schnell produzieren zu können, ich habe von den Fertigungsmethoden nicht viel Ahnung, aber vlt. ging der Bau von alu-beplankten Ruderflächen ja schlicht und einfach schneller? Würde mich bei der immer mehr gesteigerten Produktion im Laufe des Krieges nicht wundern.
 
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Je weiter der Messeschwerpunkt von der Drehachse entfernt ist, umso kritischer wird es mit dem Flattern (das ist sehr vereinfacht, aber darauf läuft es hinaus). Die Steifigkeit von Ruder und Anlenkung ist auch wichtig. Ein leichtes Ruder ist also in vielen Fällen weniger flatterkritisch bzw. kann leichter "entschärft" werden.
Ich würde es anders formulieren:

  • Je weiter der Masseschwerpunkt von der Drehachse entfernt ist, deso niedriger ist die Eigenfrequenz. Das kann ein "Treffen" der Eigenfrequenz erleichtern.
  • Je schwerer, desto niedriger die Eigenfrequenz (selbe Konsequenz).


War es vielleicht eher eine generelle Technologieträgheit?
Vielleicht war die Herstellung von metallpeplankten Steuerflächen auch einfach bis dahin noch nicht zur Notwendigkeit geworden.

Und schließlich:
Metall zu sparen kann ja auch in strategischer Hinsicht vorteilhaft sein - auch wenn zum Zeitpunkt der Konstruktion noch keine kritische Versorgungslage bestanden hatte. Dazu gab es haufenweise geschultes Personal, das Steuerflächen mit Stoffbespannung herstellen konnte.
 
gero

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Ich würde es anders formulieren:
  • Je weiter der Masseschwerpunkt von der Drehachse entfernt ist, deso niedriger ist die Eigenfrequenz. Das kann ein "Treffen" der Eigenfrequenz erleichtern.
  • Je schwerer, desto niedriger die Eigenfrequenz (selbe Konsequenz).
War es vielleicht eher eine generelle Technologieträgheit?
Vielleicht war die Herstellung von metallpeplankten Steuerflächen auch einfach bis dahin noch nicht zur Notwendigkeit geworden.

Und schließlich:
Metall zu sparen kann ja auch in strategischer Hinsicht vorteilhaft sein - auch wenn zum Zeitpunkt der Konstruktion noch keine kritische Versorgungslage bestanden hatte. Dazu gab es haufenweise geschultes Personal, das Steuerflächen mit Stoffbespannung herstellen konnte.
So richtig widersprochen hast Du mir nicht. Ja, beim Flattern dreht sich alles um Frequenzen. Die Aussage bleibt, leichtere Ruder sind i.d.R. einfacher "flatterunkritisch" zu bekommen.

Gegen das mit der Metallersparnis und dem geschulten Personal spricht die Tatsache, daß man ja von den Rudern abgesehen eine Ganzmetallstruktur hatte und die paar Beplankungsbleche der Ruder nicht wirklich ins Gewicht fallen würden. Andererseits braucht man für das Bespannen eine vollständig andere Fertigungsinfrastruktur. Alles aufgelistete Bleche aber am Ruder Nähen und Spannlack?

gero
 
Thema:

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