EPR
Hallo,
ich misch einfach auch mal meinen Senf dazu - ohne Anspruch auf Rechthaberei.
Mal erst meine ich mich daran zu erinnern, daß der Druck tatsächlich "nur" statisch abgenommen wird. Warum sollte er dann negativ werden? Die Geschwindigkeit in den Brennkammenr darf gar nicht so hoch sein, daß der Totaldruck hauptsächlich durch die kinetische Energie gebildet wird. Da muß ja auch noch was in Ruhe abbrennen können. Die Zapfluft wird auch nicht mit kunstvoll ausgebildeten Krümmern entnommen, sondern "einfach so" Der Verdichter beschleunigt die Luft nicht, sondern verdichtet sie (wobei freilich auch eine gewisse Geschwindigkeit erreicht wird)
Anders gesagt, wenn der statische Druck abgenommen wird, gibt es eine Verfälschung, aber nicht in dem Maße, daß die Messung ungeeignet wäre. Da der Fehler reproduzierbar ist und die Elektronik geduldig (und schnell) rechnet, geht das alles.
Das Ding an den hochfliegenden Triebwerken war ja, daß in der Höhe nicht einfach die gleiche Menge Treibstoff zudosiert werden kann und darf. Wonach sollte man jetzt also regeln ? Wenn ein Begrenzer bei Erreichen der Max.Drehzahl einfach abgeregelt, ist das Triebwerk zwar außer Gefahr, aber die Leistungssteuerung für den Piloten ziemlich ungeeignet. Bei zunehmender Fluggeschwindigkeit, wo immer mehr Luft dem Verdichter angeboten wird, kann auch wieder mehr Brennstoff zudosiert werden - ohne daß man es an der Drehzahl o.ä. überhaupt sähe. Seit die ersten Leitschaufelverstellungen eingebaut wurden, war die Drehzahl nicht mehr für den Luftdurchsatz der Gradmesser - auch, wenn die früheren Maschinen durchaus die N1 per simplen Regler geregelt haben.
Bei der Kolbenmaschine ist die Leistungsverstellung einfach eine Öffnung im Ansaugsystem, gleich, ob nun dort auch Benzin mit angesaugt und verdüst wird oder ob es durch extra Düsen und Einspritzpumpe zudosiert wird. Somit sinkt bei Kolbenmaschinen mit der Höhe auch automatisch der Luftdurchsatz und die Leistung, ohne daß sich aber das Verhalten über die Hebelverstellung grundsätzlich ändert.
Die Düsenmaschinen sollten ebenfalls ein nachvollziehbare Verhalten bekommen. Da ist halt das Druckverhältnis ein Maß für die "Füllung", immer bezogen auf die maximal mögliche Füllung bei der entsprechenden Außendichte bzw. Flughöhe.
Somit kann das Druckverhältnis nicht das Maß für den Schub sein. In großer Höhe kann es einen großen Wert annehmen (also z.B. "Vollgas"), wobei aber real in dem HD-Bereich der Druck nur noch sehr moderat ist. Wenn überhaupt, müßt man von der Druckdifferenz sprechen, die vermutlich abschnittsweise wirklich proportional zur Schubkraft verläuft. Das ist aber dann für die Flugdynamik so nicht einsetzbar. Der Pilot will Schub geben können und dann wissen, daß er z.b. halbe Hebelstellung, halber Schub (auch wenn das rechnerisch gar nicht stimmt) immer klar kommt, wenn mal alle möglichen Geräte versagen sollten. Daß der Airliner oben nicht mehr die Beschleunigung entwickeln kann, weil dem Triebwerk "die Puste" ausgeht, ist dem Piloten nicht nur bekannt, sondern auch in Fleisch und Blut übergegangen. Das stört aber weit weniger, als wenn man bis zu einer bestimmten Stellung noch den vollen Schub spüren würde und dann bei weiterer Verschiebung nichts mehr käme.
Bodenlaufende Triebwerke in Kraftwerken etc. haben einfach nur den Brennkammerdruck. Wo der jetzt genau abgenommen wird, weiß ich nicht, bin aber sicher, daß der Hersteller für die Generatoren nicht extra Löcher bohrt. Einzig die Meßtechnik dahinter kann einfacher ausgestaltet werden. Ein simpler Druckaufnehmer, der immer als Differenzdruck zur Atmospähre mißt, ist ein Maß für die Leistung. Drehzahl immer konstant entsprechend 50 Hz.
Beim Druckverhältnis muß etwas gerechnet werden und es muß der Absolutdruck verwendet werden. Meines Wissen wird der Außendruck absolut gemessen. Die Druckaufnehmer gibts für 10 EURO bei Conrads, will sagen, sowas kann man preiswert und -zigfach redundant ausführen.
Und dann wird, basierend auf dem Außendruck die Druckdifferenz gemessen und das ganze auf ein Verhältnis umgerechnet. Absolutdruckmessungen sind teuer und müssen sorgfältig gewartet werden. Wird die Zelle undicht, ists mit der Messung vorbei.
Fällt aber eine Außendruckmessung aus, so findet sich garantiert ein Ersatzwert, der erstmal so gut ist, daß man weiterfliegen kann. Ich weiß nicht, wie diese Absolutdruckchips arbeiten. Ich habe mir selbst mal einen gekauft, um den "Ladedruck" meines Benzinmotors im Doppeldecker anzuzeigen. Die Dinger sind supergut und superbillig. Im Auto habe ich so ein Dingelchen dann gleich wieder entdeckt. Da nimmt wohl jeder das gleiche.
FADEC versucht heut, Triebwerke im Teillast sehr mager laufen zu lassen. Unter anderem ist das Ergebnis, daß man heute landende Airliner bei schlechtem Wetter nicht mehr an den schwarzen Abgasfahnen ausmachen kann. Hab vor Jahren mal einen Fluglotsen darüber fluchen hören :D .
Damit müßte im Teillast eigentlich der Druck im Triebwerk relativ hoch sein und die Temperatur relativ niedrig. Ergebnis: Druckverhältnis rel. hoch, Schub rel. gering.
Langer Rede kurzer Sinn: ich denke, daß das Druckverhältnis eingeführt wurde, um ein Pendant zum Ladedruck einer Kolbenmaschine zu schaffen. Meiner Einschätzung nach verhält sich der Schub nur ungefähr proportional zum absolut gemessenen Druck. Genauso, wie das Drehmoment einer Kolbenmaschine auch nur näherungsweise dem Ladedruck proportional ist.
Beide sind aber ein gutes Maß für die "gefühlte" Leistung.
Gruß
und Freigabe zum Zerfetzen
Werner Schulte