Moin.
Die Zeitmarge zum Einleiten und durchführen der Autorotation hängt bei Modellen wie bei den "manntragenden" sehr stark von den Größen- und Massenträgheitsverhältnissen ab.
Modellhelis sind aus folgenden Gründen überhaupt autorotierbar:
-Der Massenanteil der Rotorblätter ist gegenüber dem Gesamthubschrauber deutlich größer ist als bei den Vorbildern
-Man kann mit dem Kollektivpitch SEHR viel weiter runter (heutzutage sind da -14° durchaus üblich, während bei den "Großen" meist so gut wie gar kein echter Negativpitch relativ zur Nullauftriebsrichtung möglich ist)
-Der fliegbare Drehzahlbereich ist bei den Modellen sehr viel größer, meist fliegt man heutzutage fast 50-100% ÜBER der Drehzahl, welche notfalls noch zum hovern genügen würde. Damit hat man mehr Zeit zum Einleiten, und man braucht auch nicht wirklich darauf achten, ob man mit der Drehzahl oben durch die Decke schießt.
-Blätter von Modellhelis haben fast nie Verwindung und sind fast immer Rechteckblätter. Damit ist das Verhältnis von "antreibendem" zu "angetriebenem" Teil der Rotorkreisfläche viel günstiger für die AuRo als bei den Vorbildern, welche deutlich mehr auf Performance als auf AuRo-Fähigkeit ausgelegt sein müssen
-Die Kreisflächenbelastung ist insgesamt VIEL geringer.
Bei den Modellen merkt man den Größenunterschied innerhalb der eigenen Branche auch nochmal deutlich. Von der 450er-Klasse abwärts (ca. 0,8m Rotordurchmesser) ist eine Auro was für Profis und nur nach Ansage (d.h. Einleiten mit laufendem Antrieb, dass beim Abrotieren ebreits die ideallage eingenommen ist) vernünftig durchführbar.
Mit einer 800er Klasse (1,6-1,8m Rotor) kann man nach Motorausfall erst nochmal ein paar Loops drehen
bevor man den Pitch ganz entspannt zur Auro runternimmt.
Was die Steuerbarkeit, Stabilität und Reaktionsfähigkeit angeht gibt es auch entscheidene Unterschiede aus den Skalierungsgesetzen.
- Modellhelis haben VIEL schlagsteifere Rotorsysteme und steuern sich zu mindestens 90% aus dem freien Mastmoment, während "manntragende" zu einem deutlich geringeren Anteil (bei R-22, R-44, Jetti und co. sogar zu 0%) aus dem freien Moment, sondern vom Offset Schwerpunkt/Rotorkopfzentrum gerollt und genickt werden.
- Konuswinkel sind viel geringer beim Modell (aufgrund der geringeren Belastung und hohen Drehzahl). Dadurch gibt es einige "Dreck-Effekte" (Kopplungen) weniger in der zyklischen Steuerung.
Bei all diesen Vergrößerungs- und Verkleinerungsgedanken darf man aber nicht vergessen, dass eine entscheidende Größe NICHT skaliert wird - die Schwerkraft.
Wenn ich ein Modell eine Sekunde lang mit 15° nose down beschleunige, kommt es dabei näherungsweise genauso weit wie ein "großer" und erreicht dabei auch näherungsweise die Endgeschwindigkeit. Nur entspricht das dann bei dem Modell vielleicht 5 Rumpflängen und beim Original nur einer halben, weshalb es dort viel behäbiger aussieht. Ist also auch ganz stark mit der Wahrnehmung verbunden.
Auch Modellhelis kann man komplett ohne elektronische oder mechanische Stabilisierungs-Hilfsmittel fliegen. Das ist aber Übungssache und schränkt sehr stark ein, was Manöver und fliegbare Umweltbedingungen (Wind) angeht und ist deshalb schon lange völlig unüblich geworden.
Ein wichtiger Unterschied ist dabei die Trimmsituation. Beim Modell haben wir mechanisch-federzentrierte Cyclic sticks ohne irgendein Feedback vom Heli. Wenn der Heli beim Vorwärtsflug seiner natürlichen Nose-up-Tendenz folgt, fühlt sich das sehr unangenehm an, weil man ständig gegen die Feder arbeiten muss um die Nase level zu halten. Das könnte man theoretisch zwar wegtrimmen, ist aber in der Praxis keine Lösung, da man ja immer nur ein paar Sekunden geradeaus fliegt und spätestens in der aus Sichtgründen anstehenden Wende wieder eine völlig andere Situation hat.
Bei den "großen" wird der Stick halt gehalten und ggf. für die nächsten paar Reiseflugminuten weggetrimmt.
Das Ergebnis dieser Sache ist, dass ein "unassistierter" Modellheli bezüglich der Nickstabilität sehr, sehr zickig erscheint.
gruß
a.p.