Hallo,
ein Follow-Up zu meinem letzten Posting; es haben 73,4% für ein Offenhalten von THF gestimmt:
++ ICAT-Ticker ++ 21.11.06 ++
Leserbrief an den Tagesspiegel, betr. Pro/Contra "Soll der Flughafen Tempelhof [...] geöffnet bleiben?"
Der Tagesspiegel hat am Sonntag, den 19.11. eine Umfrage unter seinen Lesern durchgeführt, bei der per TED-Abstimmung für oder gegen die Offenhaltung von Tempelhof gestimmt werden konnte. Das Ergebnis ist beeindruckend klar:
"Die Meinung vieler Tagesspiegel-Leser dazu ist sehr deutlich: Bei unserer Pro & Contra-Umfrage vom vergangenen Wochenende haben 73,4 Prozent der Anrufer dafür plädiert, Tempelhof für Geschäftsflieger offen zu lassen."
(Quelle: Tagesspiegel 21.11.06/Berlin:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/archiv/21.11.2006/2910946.asp)
Parallel haben zwei Redakteure des Tagesspiegels pro bzw. contra Offenhaltung Stellung genommen. Wir dokumentieren den Leserbrief, den die ICAT an den Verfasser der "Contra"- Position geschrieben hat. Diese Stellungnahme darf exemplarisch Antworten geben auf die teils wirren Fragen und Spekulationen der letzten Tage betr. Investorenprojekt dür den Flughafen Tempelhof.
Lieber Herr Hasselmann, Sie haben in der Frage "Soll Tempelhof offen bleiben", contra geschrieben.
http://www.tagesspiegel.de/berlin/archiv/19.11.2006/2908333.asp
Im folgenden möchten wir auf ihre Argumente im einzelnen eingehen.
Hier der Beginn Ihres Textes, den wir Zeile für Zeile kommentieren:
"Warum ist es in Berlin nicht möglich, eine Entscheidung einmal durchzuhalten?"
Völlig korrekte Frage. Wenn die Entscheidung eine gute ist, wirtschaftlich sinnvoll, von allen getragen, sollte man dabei bleiben. Sonst nicht.
"Nach jahrelanger Diskussion hatten wir uns auf die Schließung von Tempelhof geeinigt."
Wer ist "Wir" ? Tatsächlich haben sich drei Politiker im Jahre 1996 auf etwas geeinigt, von dem bis heute unbekannt ist, was eigentlich der Beweggrund für diese Einigung war. Dass später im Abgeordnetenhaus dieses bestätigt wurde, heißt immer noch lange nicht "wir" Tatsächlich gibt es in Berlin eine Mehrheit "pro" Tempelhof.
"Viel hängt von ihr ab, unter anderem der Neubau von BBI in Schönefeld."
Woher haben Sie diese Meinung? Niemand, außer den o.g. Politikern bzw. ihren Nachfolgern, behauptet das. Ob die Planfeststellung auf die Schließung angewiesen ist, ist höchst zweifelhaft. Denn die Schließung von Tempelhof sollte zum Bedarfsnachweis beitragen. Inzwischen, nicht zuletzt dank der Billigflieger, hat das Aufkommen vin Berlin so zugenommen, dass der Anteil von Tempelhof rechnerisch und besonders wirtschaftlich (kleine Flugzeuge bringen noch kleineres Geld) keine Bedeutung mehr hat, um den Bedarf für BBI nachzuweisen.
"Nun wird der Name eines angeblichen Investors in die Welt geblasen - und wieder wird diskutiert."
Es wird nichts in die Welt geblasen. Besonders von dem Investor schon gar nicht. Vielmehr hat wohl der Investor Frau Merkel gebeten, das Thema mit Herrn Wowereit zu diskutieren. Danach gab es von keiner Seite ein Statement. Dass dann die Presse etwas herausgekriegt zu haben glaubt, ist Sache der Presse.**
"Eine Nebelkerze:"
Was ist denn das für ein Ausdruck? Wie kommen Sie darauf? Wer hat das gesagt? Wowereit? Merkel? Wohl kaum. Vielleicht ein gewisser Herr Gaebler von der SPD zum Beispiel, aber nicht objektiv abgewogen sondern subjektiv festgestellt. Niemand weiß Näheres, selbst die Pläne in der B.Z. stammen nicht vom Investor, sondern wurden irgendwie zusammengeschustert. Da von dem Gespräch nichts bekannt ist, ist zur Frage, welchen Flugbetrieb man wünscht, ebenfalls nichts bekannt.**
"Angeblich soll ein Krankenhaus gebaut werden, der geheimnisvolle US-Investor hat angeblich das Geld, um Europas größtes Gebäude zu kaufen - aber keine 1,5 Millionen Euro, die für den Flugbetrieb im Jahr nötig sind."
Der geheimnisvolle Investor ist die Firmengruppe [Estée] Lauder. Und dass die Geld haben, können Sie im Internet lesen. z.B. hier [...]:
http://www.aicgs.org/about/board/langhammer.aspx /
http://de.wikipedia.org/wiki/Ronald_Lauder
"Da soll die Allgemeinheit einspringen."
Wer hat das gesagt? [...] Jedenfalls steht das überhaupt nicht fest und kann daher auch nicht von Ihnen als Fakt kommentiert werden.**
"Und warum braucht dieses Krankenhaus einen Miniflughafen?"
Es gibt gute Geschäftsideen, schlechte Geschäftsideen und gar keine Geschäftsideen. Hier kommt jemand und hat als Idee genau das zum Thema, was heute Leute mit Geld (muss nicht mal viel sein, auch ganz normale Geschäftsleute) am meisten nervt: Das Chaos auf Flughäfen, das Anstehen, das "Stürmen" von Flugzeugen, weil es keine Sitzvergabe gibt, das Latschen über das Vorfeld. Das Warten aufs Gepäck. Miniflughafen beim Krankenhaus heißt, ich bin in maximal 10 Minuten, vielleicht sogar 5 Minuten samt Gepäck in der Klinik. Gegenfrage: Warum haben Kliniken einen Hubschrauberlandeplatz? Man könnte doch auch mit dem Krankenwagen durch die Stadt fahren, oder?
"Die erhofften reichen Scheichs würden mit einer großen Maschine einfliegen - nach Schönefeld."
Falsch. Die "reichen Scheichs" haben Privatflugzeuge. Alle derzeitigen Größen von dieser Kategorie können in Tempelhof landen und starten.
"Was soll überhaupt eine Klinik mit 49 Gebäuden und 9000 Räumen? Tempelhof ist nach dem Pentagon das größte Gebäude der Welt. So viele kranke Scheichs gibt es nicht."
Wie kann ein normal denkender Journalist im vermuteten Vollbesitz seiner geistigen Kräfte so etwas schreiben? Niemand hat davon gesprochen, dass das ganze Gebäude eine Klinik werden soll. Selbst die falsche Darstellung der B.Z. sieht nur einen kleinen Teil als Klinik. Ordnungsruf, Herr Hasselmann!
"Zudem würde die selten genutzte Landebahn die Umwandlung des Areals in einen Park blockieren - von dem hunderttausende Berliner was hätten."
Sie waren offenbar nicht in der "Nachnutzungskonferenz", die die Senatorin Junge-Reyer einberufen hatte. Sogar die Senatorin sagte, eigentlich bräuchte Berlin keine neuen Parks. Die Ratlosigkeit war groß. Niemand hatte ein sinnvolles Konzept. Im Gegenteil, selbst SPD-Leute aus dem Bezirk fürchteten sich vor Verwahrlosung und Kosten. Und - es gibt Pläne, nur noch die südliche Bahn zu nutzen. Wenn Sie sich ein Bild des Areals ansehen, erkennen Sie, dass dann mehr als die Hälfte immer noch in einen Park verwandelt werden könnte.
"Die Klinikidee ist ein Traum, er wird schnell platzen."
Das muss man als wirklich konstruktiven Satz bezeichnen. Sie kennen den Investor nicht, sein Konzept nicht, waren beim Gespräch Merkel/Wowereit nicht dabei, aber wissen es jetzt schon ganz genau. Dieses ist genau die Mentalität, die Berlin schadet: Nichts Genaues wissen, aber drüber reden und vorweg schon mal miesmachen.
"Ebenso wie das Gerücht, dass die Flugbereitschaft der Bundeswehr nach Tempelhof ziehen will."
Dieses war nicht ein "Gerücht", sondern es wurde und wird weiterhin diskutiert - und zwar von den dafür zuständigen Stellen.
"Wenn sich der Rauch dieser Nebelkerzen verzogen hat, wird man sich vielleicht des Unglücks von 2001 erinnern, als ein Privatflieger in ein Neuköllner Wohnhaus krachte."
Es handelte sich hier um das erste Unglück seit der Luftbrücke 1948. Das sind fast 50 Jahre. Es wurde niemand Außenstehendes verletzt oder geschädigt. In derselben Zeitspanne sind im Berliner Straßenverkehr wohl 5000 Menschen getötet worden. Alle 5 Tage stirbt weiterhin ein Mensch im Berliner Straßenverkehr. Gasexplosionen jagen Häuser in die Luft (Sie erinnern sich sicher an die Lepsiusstraße) Würden Sie mit derselben Logik den Straßenverkehr oder das Heizen und Kochen mit Gas verbieten?
"Ein Flughafen mitten in der Stadt ist gefährlich und unnötig."
Bitte erinnern Sie sich an die Entscheidung, den BBI in Schönefeld zu bauen. Dort wohnen in den Einflugschneisen etwa 50.000 Menschen. Es wird dort 360.000 Flugbewegungen pro Jahr mit großen bis größten Flugzeugen (Tankinhalt einer B747 sind 228.000 Liter) geben. In Tempelhof sind es derzeit 35.000 Flugbewegungen maximal mit einem Tankinhalt eines Businessjets von rund 10.000 Liter. Die Frage der Sicherheit wurde auch vor dem Bundesverwaltungsgericht diskutiert, aber im Vergleich zu einer zusätzlichen Reisezeit der Passagiere nach Sperenberg von 10 Minuten als nachrangig eingeordnet. Wo war Ihr Kommentar damals?
"Tempelhof wird 2007 geschlossen, so ist es beschlossen."
Bleiben Sie bei der Wahrheit. Es gibt einen Bescheid der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Dieser Bescheid ist nicht rechtskräftig. Die in Tempelhof verkehrenden Fluggesellschaften sowie eine Gruppe der General Aviation haben Klage eingereicht. Selbst wenn das OVG am 19.12. die Schließung für rechtens erklärt (was zunehmend zweifelhaft wird), werden die Kläger in die nächste Instanz gehen.
[...]
Lieber Herr Hasselmann: Gegen etwas zu sein, darf nicht dazu führen, dass alle journalistische Sorgfalt zur Seite geschoben wird.
Wir werden Ihnen unseren letzten* "Ticker" schicken. Davon kann man lernen - wenn man dazu bereit ist.
Ihre ICAT