ChrisMAg2 schrieb:
Konstruktiv/ bautechnisch war er komplett. Unfertig war er -so weit ich mich erinnere- nur noch in kleineren Details der techn. Ausrüstung. Flugzeuge die vom Deck hätten starten können gab es, aber die wurden als der Träger eigentlich nicht mehr verwendet werden konnte /sollte, abgezogen und zu anderen Einheiten "versetzt". Ab 43/ 44 ist es als Lager /Wohnschiff eingesetzt worden.
Gruß
Christian M. Aguilar
Hi Christian,
ganz so weit war der Träger noch nicht. Im Frühjahr 1940 war laut Siegfried Breyer "zu rund 85% fertig". Man hatte mit ersten Kesselerprobungen begonnen, aber die Schiffsschrauben waren noch nicht montiert, wurden es auch nie. Auf Fotos von 1942 sind sie auf dem Deck festgezurrt. Daher glaube ich auch nicht, daß Flugzeuge schon starten konnten - auch wenn das Deck frei gewesen wäre. Es gab ja auch nach Kriegsausbruch weiter Erprobungen der Trägerflugzeuge, das passierte aber immer an Land, in Travemünde. Immerhin lag das Schiff 1940 - 42 in Gdingen bzw. Stettin, da hätte man bei der damaligen "Luftlage" sicher ungestört fliegen können.
Im April 1940 beantragte die Marine selbst einen Baustop (!). Man wollte Arbeitskapazität für den U-Bootbau frei bekommen. Damals rechnete man damit, daß das Schiff nicht vor Sommer 1941 einsatzbereit sei, da die Erprobung länger dauern würde als sonst. Man hatte ja keine Erfahrung im Trägerbetrieb.
Im Frühjahr 1942 forderte Hitler dann die Fertigstellung des Schiffes und den Bau weiterer Träger. Nach der Rollle der Trägerflugzeuge bei der Versenkung der "Bismarck" und nachdem die "Tirpitz" im März 42 nur knapp einen Torpedoangriff britischer Trägerflugzeuge entkam, hatte auch der "Führer" erkannt, wie nützlich solche Schiffe sein könnten. Das führte zu einer Reihe von merkwürdigen Projekten. So sollte der zu 90% fertige schwere Kreuzer "Seydlitz" zum Träger umgebaut werden. Dafür mußten alle Waffen und die gesamten Aufbauten wieder abgebaut werden, um dann einen Träger draus machen zu können. Eine irrsinnige Vergeudung von Material und Arbeitszeit.
Außerdem wurden Pläne gemacht, die Passagierschiffe "Europa", "Potsdam" und noch eines zu Trägern umzubauen. Und als ein findiger Marine-Mensch daran erinnerte, daß in einer französischen Werft noch der Rumpf des Kreuzers "De Grasse" unfertig herumliege, machte man auch dafür einen Plan.
Die "Graf Zeppelin" wurde erst am Jahresende 42 von Stettin nach Kiel geschleppt, um an ihr weiterzubauen, vorher blockierte die Reparatur des Schlachtschiffs "Scharnhorst" das einzige dortige Trockendock. Aber nachdem ein Kreuzerverband der Kriegsmarine beim Angriff auf einen Murmansk-Konvoi an Silvester eine Niederlage erlitten hatte, bekam der "Führer" einen Anfall und befahl den Baustop aller großen Schiffe und deren Verschrottung, da sie nutzlos seien. Die Marine konnte zwar verhindrrn, daß die aktiven größeren Einheiten abgewrackt wurden, die "Graf Zeppelin" wurde wieder nach Stettin geschafft, wo sie die Russen erbeuteten. Die "Seydlitz", bzw. ihr "rasierter" Rumpf fiel ihnen 1945 in Königsberg in die Hände. An der "Europa" rumzumurksen, hatte man zum Glück keine Gelegenheit gehabt (sie war das Schwesterschiff der berühmten "Bremen" und eines der größten Passagierschiffe ihrer Zeit), sie überstand den Krieg unbeschadet und wurde als Reparation den Franzosen übergeben.
Was die Trägerflugzeuge betrifft, so wurden die meisten BF 109 T ohne Trägerausrüstung fertiggestellt und dienten meist beim JG 77 in Norwegen, einige sogar bis Frühjahr 44, als die BF 109 E (aus der die "Toni" abgeleitet worden ist) längst nicht mehr im Frontdienst war.
Literatur: Von Siegfried Breyer gibt es zwei Bücher aus der Reihe "Marine Arsenal" sowie ein neueres Buch in polnisch-englisch, mit tollen Plänen und Zeichnungen der "Graf Zeppelin", den Verlag weiß ich momantan nicht, kann ich daheim nachsehen. Außerdem gibt es von Ulrich Israel ein Buch zu Schiff und Flugzeugen, erschienen bei Koehler, später dann billiger bei "Weltbild", müsste noch zu haben sein. In FliegerRevue Extra Bd. 1 gibt es einen längeren Artikel zum Thema.
Zur BF 109 T gibt es zwei Bücher:
Messerschmitt Bf 109 T. Die Jäger der Graf Zeppelin von Francis L. Marshall Marshall Verlag
und
Messerschmitt Bf 109T von Kjetil Aakra, Arild Kjaeraas Marshall (2004)
Broschiert
beides bei amazon zu bekommen.
Ich hoffe, das war jetzt nicht zu "erschöpfend":D
Gruß
PeWi