es gibt zwei Betrachtungsweisen, um die Phasenverschiebung zu erklären.
Eine Variante ist die Erklärung mit Kreiseleffekten.
Ich persönlich finde es aber einfacher, sich die Schlagbewegung des Rotors (Aufwärts/Abwärts) als schwingungsfähiges System vorzustellen. Unter gewissen Umständen ist dieses System in Resonanz. Resonante Schwinger (ganz allgemein) haben die Tendenz, der Anregung mit einer Phase von 90° zu folgen (solche Sätze sind prima fürs Schubladendenken.. passt für E-Technik wie Hubschrauberrotoren genauso).
Ein Rotor, bei dem dies zutrifft, heisst deshalb auch Resonanzrotor.
In der Realität ist bei vielen Rotorsystemtypen die tatsächliche Phase KLEINER als 90°, da die Eigenfrequenz der Schlagbewegung höher ist als die Drehgeschwindigkeit. Dies folgt aus der Tatsache, dass oftmals die Schlaggelenke (sofern vorhanden) nicht ecakt auf dem Rotormast sitzen sondern weiter aussen. Das schlagende Rotorblatt ist "kürzer" und somit jenseits der REsonanzfrequenz. Dasselbe gilt für gelenklose und lagerlose Rotoren. Deren (im Fachjargon sog.) "fiktiver Schlaggelenksabstand" ist größer Null, und zudem besitzen sie noch eine rückstellende Federsteifigkeit. Beides führt zu einer Erhöhung der Schlageigenfrequenz und damit zu einer Verkleinerung der (im Resonanzfall 90°)-Phase.
Mit der Betrachtungsweise der Schlagbewegung lässt sich die Phasen <90°einigermassen erklären (zumindest hab ich das gerade versucht). Mir der Kreiselpräzessionsmethode lässt sich das nur schwer verständlich machen.
Noch ein paar Details am Rande... "echte" Resonanzrotoren sind z.B. die sog. "Teetering"-Zweiblattrotoren wie man sie z.B. bei Jetranger und Robinson antrifft. Dort ist die 90°-Phase bereits mechanisch fest eingebaut, und zwar als Winkel zwischen Rotorblatt-Längsachse und relativer Position des Gestängeanlenkpunktes am Blatthalter. Neigt sich die Taumelscheibe nach vorne, so wird der Einstellwinkel am vorlaufenden (=rechten) Rotorblatt verkleinert, und nicht etwa, wie man zunächst meinen könnte, am VORDEREN.
Bei der Betrachtung der Phasen kommen aber mehrere Dinge von sekundärer Bedeutung dazu:
-Kleine Phasendifferenz zwischen Einstellwinkeländerung und Luftkraftänderung (ein rein aerodynamischer Effekt; die dynamische Polare ist anders als die statische Profilpolare... eine "Trägheit" der Strömung)
-Konuswinkelanregung... wenn die Blätter einen starken Konuswinkel bilden, so trifft im Vorwärtsflug eine Anströmkomponente von UNTEN auf das vordere Blatt. Die Reaktion des Rotorsystems kommt wieder um (etwa) 90° verzögert und führt zu einem leichten seitlichen Kippen der Blattspitzenebene in Richtung res VORLAUFENDEN Blattes.. diese sekundärphase kann ggf. auch durch die eingebaute Ansteuerungsphase ausgeglichen werden, ist aber leider gewichts- bzw. rotorschubabhängig.
Um aber die Eingangsfrage zu beantworten: Die Phasenverschiebung ist tatsächlich ein massendynamischer Effekt, deine Schlussfolgerung, dass es sich um einen aerodynamischen Effekt handelt ist falsch. Zwar kann auch die Aerodynamik eine Phasenverschiebung erzeugen, diese liegt aber in den für Modellhubschrauber relevanten Strouhal-Zahlen und maximal-Anstellwinkeln höchstens bei ein paar Grad, und kann unter seltenen Umständen sogar "voreilend" sein... d.h. die Luftkraft erreicht ihr Maximum VOR dem Anstellwinkel.