AW: Benötige Hilfe bei Arbeit
Wieso Zahlen ohne Kontext ? Sagen 7 Millionen Tonnen Bomben über die Intensität nichts aus im Vergleich zu vorherigen Kriegen ?
Sie sagen nichts über die Qualität des Luftkriegs aus. Der war teilweise doch sehr stumpf:
Irgendjemand berichtet vermeintliche VC-Truppenaktivitäten in Gebiet XY - Stunden Später pflügen ein paar B-52 das Gebiet (hauptsächlich bestehend aus Dschungel) großflächig um.
Versuchen wir es doch mal in aller Kürze:
Nordvietnam wurde besonders während Rolling Thunder nach Listen im Weißen Haus bombardiert. Diese Listen richteten sich nicht primär nach Sinnhaftigkeit, sondern hauptsächlich danach, dass der Krieg nicht vorschnell eskaliert werden durfte.
Aus Angst vor Involvierung der Sowjets (etwa analog zu den Chinesen in Korea) nach dem Tod von sowj. Beratern hat man beispielsweise lange im Bau befindliche Flugabwehrstellungen nicht angreifen dürfen. Erst nachdem sie das Feuer eröffnete, durfte die konkrete Stellung beschossen werden. Präventivangriffe gab es nicht. Angriffe auf Nachschubdepots oder kriegswichtige Infrastruktur ebenfalls nicht. Hanoi, der Hafen von Haiphong und Flugplätze waren "off limits" und wurden höchstens versehentlich bombardiert.
Informationen über den Aufenthalt von Truppen/ Material waren oft alt oder falsch, also verpuffte die abgeworfene Tonnage im Niemandsland. Es gab - aus Angst vor Grenzverletzungen hinein nach China - eine 20nm breite Pufferzone, in die beispielsweise MiGs nicht hinein verfolgt werden durften.
Anflugrouten glichen sich meist. Ebenso Callsigns, Einflugzeiten, -höhen, -geschwindigkeiten und Formationen, was die Vorhaben der Air Force recht durchschaubar machte.
Angriffe von Flugzeugträgern waren durch die Launch- und Recoveryzyklen recht vorherbestimmt. Alpha Strikes waren demnach ebenfalls vorhersagbar.
Es gab keine Bemühungen, die viet. Armee zu zerschlagen, stattdessen ermöglichte man während Feuerpausen/ Waffenstillständen die Wiederaufrüstung des Gegners. Nach dem "Bombing Halt" sprossen in NV die SA-2-Stellungen nur so aus dem Boden.
Fliegerisch war man auf den Atomkrieg eingestellt. Einsatzparameter für konventionelle Waffen mussten erst wieder erflogen werden. Die Ausbildung war realitätsfern. Die Bewaffnung und Auslegung der Flugzeuge war teils nicht optimal, ebenso die Trainingssyllabi, die auf minimalen Material-/ Pilotenverschleiß aus waren, statt auf maximalen Ausbildungsstand.
Anstatt den Vietcong da zu schnappen, wo man ihn erwischen kann - beispielsweise beim Nachschub durch den Hafen von Haiphong - konzentrierte man sich auf den kostspieligen Krieg auf dem Ho-Chi-Minh Pfad, wo teils Unsummen für High-Tech Lösungen ausgegeben wurden (seismische Sensoren, Minen, etc.), die aber auf diese Weise nichts ausrichten konnten, da der Feind einfach auszuweichen brauchte. Gerade die innovativen und pragmatischen Vietnamesen haben es den Amerikanern zusätzlich schwer gemacht.
Viele Dinge wurden improvisiert und die Hochtechnologie zeigte sich manchmal sehr anfällig (z.B. DIANE der A-6A, oder das AWG-10 der F-4J) . Da man politisch nicht bereit war*, die Initiative zu ergreifen, konnte man den Krieg auch nicht mit seiner möglichen Effizienz führen. Die wesentlichen Ziele sind daher nicht erreicht worden.
Die paar ungeordneten Gedanken sollen jetzt erstmal reichen. Andere User können da sicherlich noch wesentlich mehr drüber schreiben.
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* Man hatte eben auch Angst davor, als moralische Höchstinstanz ein Drittweltland völlig in eine Mondlandschaft zu verwandeln. Man musste sich seiner außenpolitischen Verantwortungsrolle entsprechend verhalten.