Cessna 172 - Teil I
Hier nun zu einem Flugzeug das jeder kennt – und über das viele Leute was erzählen können… dem meistgebauten Flugzeug der allgemeinen Luftfahrt überhaupt. Bis heute wurden über 43.000 Einheiten der Cessna 172 „Skyhawk“ und T-41 „Mescaloero“ gebaut. Ein Rekord der sicherlich auf absehbare Zeit nicht zu brechen ist.
Begonnen hat alles im Jahre 1954: Die hervorragenden Flugeigenschaften der C-180 sorgten für die Notwendigkeit einer Produktpflege bei der Cessna 170. Die C-170B wurde mit einem rechteckigeren Leitwerk ausgestattet um die Stabilität zu vergrößern. Zusammen mit der Installation eines 155 hp starken Continental O-300 (der jedoch unter Probleme bei der Ölkühlung litt) ergab dies die sehr attraktive C-170C. Als die Flugversuche im Januar 1955 begannen, war allen Beteiligten klar, dass es für das nächste Jahr noch keine 3-Bein-Version der C-170 geben würde – auch, wenn Obed Wells (Projektingenieru der C-170/ C-180) bereits ein Mock up der Konstruktion herstellte….
Die Probleme mit dem neuen Leitwerk waren überraschend groß – so dass der Aerodynamiker Harry Clements und der Ingenieur Ralpf Price das Team unterstützen und das neue „square tail“ für die C-172 optimieren mussten.
Cessna hatte zu dieser Zeit bereits einige Erfahrung mit Dreibeinfahrwerken – vora allem an der C-310 und der T-37. Allerdings gab es große Vorbehalte gegen diese Fahrwerksauslegungen vor allem in Bezug auf Roll- und Landeverhalten auf weichem Untergrund und bei Seitenwind. Um mehr Erfahrungen mit Dreibenfahrwerken in Leichtflugzeugen zu gewinnen, charterte Cessna vom 28. September ´53 bis in den Oktober ´53 hinein eine Piper Tri-Pacer – deren große Verkaufserfolge von der Cessna Geschäftsleitung besorgt registrierte wurden.
Met-Co-Aire – eine Firma für Flugzeugmodifikationen in Fullerton, Kalifornien, entwickelte ein Dreibenfahrwerk für die C-170 – und hofften auf gewinnbringende Verkäufe der Konstruktion an Cessna. Leider (für Met-Co-Aire) beauftragte das Management Ende März oder Anfang April 1955 die Entwicklungsabteilung von Cessna offiziell mit der Entwicklung einer Dreibenversion der C-170C (deren geplante Produktion sofort eingestellt wurde).
Den Prototyp der C-172 brachte wieder einmal Testpilot Fritz Feutz am 12. Juni 1955 in die Luft. Die Maschine trug die Registrierung N41768.
Das Fahrwerk war zunächst das größte Problem. Mit dem Bestreben den Schwerpunkt des Flugzeugs so weit wie möglich zu senken, wurde das Haupt- und Bugfahrwerk so niedrig wie möglich ausgeführt – das Bugfahrwerk mit einem Öl-Stickstoffdämpfer, das Hauptfahrwerk mit den bekannten Stahlschwingen und der größten möglichen Spurbreite versehen. Überlegungen das Bugfahrwerk weit vor dem Brandschott zu befestigen, wurden wegen des zu großen konstruktiven Aufwandes verworfen.
Unter den Testpiloten gab es weiterhin große Vorbehalte… Allein der Einstieg war für große Piloten sehr ungewohnt – und dann diese seltsame Typennummer, mit einer 2 statt mit einer 0 oder 5 endend! „Einfach unglaublich!!“
Als Ausgleich für die durch das Bugfahrwerk herbeigeführte laterale Instabilität musste das Seitenleitwerk (und –Ruder) vergrößert werden (was späteren Schwimmervarianten zum Vorteil gereichen sollte…). Auch das Höhenleitwerk musste vergrößert werden – vor allem in Bezug auf die Problematik eines evtl. in weichen Untergrund einsinkenden Bugrades. Schließlich wirkte ein 600 lbs Schub-Vektor nur einige Inches über diesem Fahrwerk – die Gefahr eines Überschlags war also nicht weg zu diskutieren!
Zu dieser Zeit glaubte keiner unter den Konstrukteuren und Testpiloten, dass dieser „hässlichen“ Maschine, die so viel anders war als ihre eleganten Vorgänger, ein größerer Erfolg beschieden sei. Tatsächlich erwirkte das Verkaufsteam, dass die Testflüge nicht in Wichita durchgeführt wurden: Die Gefahr von Gerüchten über ein neues Flugzeug hätten die gut laufenden Verkäufe der C-170 negativ beeinflusst – eine Beeinflussung zudem durch ein Flugzeug, dem kein großer Erfolg zugeschrieben wurde!
Also bekam das neue Modell „top secret-Status“! Ein verlassenes Feld 50 Meilen westlich von Wichita in der Nähe von Kingman, Kansas wurde auserwählt um das neue Flugzeug in einer gut mit Bäumen getarnten alten Scheuen zu verstecken. Der erste Flug von dort fand am frühen Morgen eines Sonntags statt – mit Obed Wells in einer C-170 als Begleitflugzeug. Jeder war sich sicher, dass die Geheimhaltung gelungen sei! Jahre später, so erinnert sich Fritz Feutz, zeigte ihm Smitty Smith, Chef der Flugerprobungsabteilung von Piper, ein Foto dieses ersten Fluges!! So geheim war es also doch nicht….
Über die nächsten Wochen lagen die Hauptprobleme in der Abstimmung von Seitenruder und Bugradsteuerung. Hier wurde das heute bekannte Prinzip von einer indirekten Ansteuerung und Federzügen (im Gegensatz zur direkten Anlenkung bei der Piper Tri Pacer) entwickelt (Ableitung vom System der C-310) und zur Einsatzreife gebracht. Bugradflattern gehörte bis zur Adaption des Shimmy-Dämpfers der C-310 ebenfalls zu den alltäglichen Problemen der Testcrew in ihrer einsamen Scheune.
Eines Tages kam sogar Dwane Wallace mit einer C-195 auf zu einem unangemeldeten Besuch vorbei – flog eine Runde zusammen mit Fritz Feutz in der C-172 und verschwand dann wieder mit den Worten „Ich bin mir sicher, dass Del und Du (Fritz Feutz) alle Probleme lösen werden.“
Vom Erstflug am 12. Juni bis zur Ausstellung des ersten Type Inspection Reports der FAA am 26. Juli 1955 notierte Fritz Feutz 40 Flugstunden in 45 Tagen. Die Maschine war jedoch noch nicht völlig ausgereift – und es kam auf dem rauhen „Geheim-Flugplatz“ zu häufigen Bodenberührungen des Propellers. Leider war man schon so weit hinter dem engen Zeitplan, dass keine Neukonstruktion mehr möglich war. Man ging einfach optimistisch davon aus, dass die Maschinen hauptsächlich von Flugplätzen mit befestigten Landebahnen aus operieren würden.
Es folgte ein beschleunigtes Erprobungsprogramm mit geplanten 1.000 Starts- und Landungen sowie diversen kleinen Änderungen an der Maschine. Problematisch erwies sich die nicht ausreichend starke Struktur des Brandschotts, Probleme mit der Ausrichtung des Hauptfahrwerks und andere Dinge – die unbedingt schnellstens behoben werden mussten. Tatsächlich umfasste das beschleunigte Testprogramm 2.318 Starts und Landungen – gleichbedeutend mit 500 bis 1.000 Betriebsstunden im „normalen“ Flugzeugleben. Die Cessna Crew schaffte diese hohe Anzahl an Starts und Landungen in nur 157 Stunden und 45 Minuten!
Cessna ging davon aus, dass sich Käufer über folgende Punkte beschweren würden:
- Durch Schlagen des Bugraddämpfer verursachter Lärm (auf rauem Untergrund)
- Probleme mit Bugradflattern
- Klappern der Bremsen
- Starker Verschleiss von Bremsen und Reifen.
Ein Abfluggewicht von 2.200 lbs und eine Motorleistung von 145 hp wurden von der C-170B übernommen. Der zusätzliche Widerstand des Bugfahrwerkes kostete 5 mph – und brachte die C-172 auf eine Geschwindigkeit von 135 mph – die Dienstgipfelhöhe sank von 15.500 auf nur noch 14.300 ft.
Dieses erste Modell war allen Unkrufen zum Trotz mit 1.178 im Jahre 1956 ausgelieferten Exemplaren – zu einem Verkaufspreis von 8.750 Dollar.
Weiter geht’s im Teil II…