Ist das die neue Informationspolitik des VBS? - Vogel Strauss Politik...
Ungereimtheiten über ungereimtheiten... oder schon wieder ein Mirageskandal... aber diesesmal günstiger....
© NZZ am Sonntag; 11.09.2005; Nummer 37; Seite 17
Schweiz
Nationalräte prüfen Heli-Akten
Kritik an Helikopter-Kauf hält an - neu auch Zweifel an 50 Millionen teurem Simulator
Nachdem beim geplanten Kauf von Armeehelikoptern
Unstimmigkeiten zutage
getreten sind, prüfen Nationalräte die Akten des VBS. In die Kritik gerät jetzt auch der Kauf eines Flugsimulators für 50 Millionen Franken.
Der geplante Kauf von 20 Helikoptern der Marke Eurocopter für die Schweizer Armee kommt nicht aus der Kritik. Parlamentarier von SP bis SVP haben nun beschlossen, dem 310-Millionen- Franken-Geschäft auf den Grund zu gehen und die Akten in der zum Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) gehörenden Dienststelle Armasuisse eingehend zu prüfen. Genau wissen wollen es insbesondere die Nationalräte Pirmin Schwander, Theophil Pfister (beide svp.), Paul Günter und Margrit Kiener Nellen (beide sp.). Ebenfalls für die Akten interessieren sich die Grüne Pia Hollenstein und der SP-Nationalrat Werner Marti, der die Papiere «allenfalls» sichten will.
Als Mitglieder der nationalrätlichen Kommissionen für Sicherheitspolitik beziehungsweise Finanzen haben sich all diese Nationalräte bereits mit dem Rüstungsprogramm befasst und sich teilweise gegen den Helikopter-Kauf ausgesprochen. Mehrheitlich unterstützte die Sicherheitspolitische Kommission jedoch den Kaufantrag des VBS. Um die Bedenken der kritischen Parlamentarier zu zerstreuen, hat das VBS ihnen Akteneinsicht angeboten.
Kritik an Simulator-Kauf
SP-Nationalrat Paul Günter, der die Papiere bereits gesichtet hat, berichtet, was er gesehen habe, habe seine Bedenken gegen das Geschäft verstärkt. Es sei aufgrund der Unterlagen «offensichtlich», dass das VBS von Anfang an gewusst habe, welchen Helikoptertyp es anschaffen wolle. Eine Evaluation sei folglich nur «pro forma» durchgeführt worden.
Günter vertritt die Meinung, dass das VBS damit Möglichkeiten verspielt habe, den Preis für die Helikopter herunterzuhandeln: «Es braucht eine weitere Angebotsrunde. Ich bin sicher, dass da noch 10 bis 15 Prozent drinliegen», sagt er - bei einem Gesamtwert des Geschäfts von 310 Millionen Franken wäre das ein stattlicher Betrag.
Sparmöglichkeiten sehen Parlamentarier zudem beim geplanten Kauf eines Flugsimulators für das Training der Helikopterpiloten. Für den Simulator inklusive einer Lernsoftware sind im Rüstungsprogramm 50 Millionen Franken vorgesehen - das entspricht dem Preis von 5 Helikoptern. «Dass man einen eigenen Simulator kauft, ist vollkommen überflüssig. Für die Ausbildung von sechs bis sieben Piloten im Jahr lohnt sich das schlicht nicht», sagt SVP-Nationalrat Roland Borer. Auch SP-Nationalrat Günter hält die Anschaffung angesichts der Finanzlage des Bundes für nicht vertretbar.
Dass die Schweizer Luftwaffe nicht zwingend einen eigenen Simulator braucht, hat das VBS selber schriftlich festgehalten. In der Offertanfrage, die Armasuisse am 10. Dezember 2004 verschickte, heisst es: «Falls ein solcher Flugsimulator durch die Schweizer Luftwaffe in Zusammenarbeit mit Ihrer Firma und/oder den Streitkräften Ihres Landes benützt werden kann, würde der Flugsimulator nicht benötigt, und die entsprechenden Kosten würden nicht zum Beschaffungsbudget hinzugefügt.»
VBS gibt keine Auskunft
Von den beiden Anbieterinnen hat mindestens eine - die unterlegene Firma Agusta - eine solche Möglichkeit angeboten: Sie schlug der Schweizer Armee vor, einen Flugsimulator in Norditalien, nahe der Schweizer Grenze, mietweise zu benützen. Das geht aus einem Schreiben hervor, das Agusta an verschiedene Stellen im VBS und im Parlament schickte. Ob auch Eurocopter ein ähnliches Angebot machte, ist nicht bekannt. Eurocopter reagierte am Freitag nicht auf entsprechende Anfragen. Zur Frage, aus welchen Gründen das VBS für 50 Millionen Franken einen eigenen Simulator anschaffen wolle, nahm VBS-Sprecher Martin Bühler keine Stellung.
Ebenfalls nicht beantwortet werden vom VBS neu aufgetauchte Fragen, die das militärische Pflichtenheft des Helikopters betreffen. Dieses Pflichtenheft trägt das Datum vom 18. Mai 2005, wie aus einem «Fact Sheet» hervorgeht, das das VBS der Sicherheitspolitischen Kommission unterbreitet hat. Wenn diese Datierung korrekt ist, heisst das, dass das Pflichtenheft für den zu beschaffenden Helikopter erst rund drei Monate nach Abschluss der Evaluation verfasst wurde. Fragen, die die Datierung dieses Dokuments betreffen, beantwortete VBS-Sprecher Martin Bühler nicht. Mit mehreren öffentlichen Orientierungen habe das VBS seine Informationspflicht erfüllt, sagt Bühler. Noch offene Fragen könnten im Parlament gestellt werden.