Phantom beruhigt Piloten
Zwei Kampfjets aus Neuburg geleiten orientierungsloses Flugzeug sicher zu Stuttgarter Airport
Neuburg/Stuttgart
Um 18.34 Uhr war am Pfingstmontag die Welt nicht mehr in Ordnung. Das Jagdgeschwader 74 im oberbayerischen Neuburg wurde alarmiert, dass ein Flugzeug, zu dem keinerlei Funkkontakt besteht, in den deutschen Luftraum eindringt. Zwar sind alle der rund 50 Piloten und Waffensystemoffiziere, die zur Neuburger Alarmrotte gehören, intensiv geschult; und sie besitzen Routine und Erfahrung. Doch die benachrichtigten Flugzeugbesatzungen der Kampfjets wissen an diesem Abend auch, dass sie es mit einem Ernstfall zu tun haben, nicht mit einer Übung.
Die nötigen Informationen erhalten die vier Bundeswehrsoldaten in der Luft. Ein terroristischer Hintergrund wird von vornherein nicht ausgeschlossen. Doch als sich die beiden Phantom F-4F nach wenigen Minuten der fünfsitzigen Propellermaschine nähern und sich die Piloten per Zeichensprache verständigen, wird schnell klar, dass hier nicht Terroristen am Werk sind. Ein Geschäftsmann und seine Frau, die ihren Pfingsturlaub in Polen verbracht hatten, waren auf dem Weg zurück ins heimische Stuttgart. Doch bereits im polnischen Luftraum hatte die Piper TA 46, die in Wroclaw gestartet war, keine Signale mehr gesendet. Nach ersten Ermittlungen ist die gesamte Bordelektronik samt Funk und Navigation ausgefallen.
Der Pilot des Kleinflugzeugs war nach eigenen Worten beruhigt, "als ich den Jet neben mir sah". Ganz im Gegensatz zu vielen Menschen in der Region Stuttgart. Besorgte Bürger riefen bei Behörden und dem Flughafen an, nachdem sie von den Tieffluggeräuschen der Phantom aufgeschreckt worden waren. Begleitet wurde das Kleinflugzeug in einer Flughöhe knapp unter 2000 Metern - nach Anweisung des Stuttgarter Towers. Geschwadersprecher Pascal May vermutet, dass diese Höhe sicher war, um nicht anderen Maschinen in die Quere zu kommen. Denn "Übungen finden normalerweise in sechs Kilometern Höhe statt", so der Major.
Schwierigkeiten anderer Art hatten alle drei Piloten zu bewältigen. So ist es nicht gelungen, stets in gleichem Abstand zu fliegen, weil die Piper mit 296 Stundenkilometern (160 Knoten) unterwegs war, die Kampfjets aber nicht unter Tempo 370 (200 Knoten) können. Und auch der Geschäftsmann schaffte nicht auf Anhieb die sichere Landung in Stuttgart. Zu allem Unglück klemmte das Fahrwerk. Im dritten Versuch klappte es schließlich - und eine Odyssee, die für viel Aufregung gesorgt hatte, fand um 19.45 Uhr ihr Ende.
Quelle: Augsburger Allgemeine Stand 18.05.2005