Endlich mal wieder ein interessantes Thema hier im Forum!
Ganz nach meinem Geschmack. Gute Frage also @ mcnoch!
Abgesehen von den Beschädigungen der Struktur die durch Beschuss, Rammen oder Explosion usw. hervorgerufen wurden und teilweise dadurch zum Abreissen von Flügeln oder anderer Baugruppen führten, muss man bei diesem Thema bei Flugzeugen vor 1960 aber auch noch ein anderer entscheidenden Punkt für solches Versagen von Strukturteilen nennen, denke ich.
Die Konstruktion von Bauteilen und Baugruppen hatte vor 1960 eine weitaus andere Ideologie als das Heute der Fall ist.
Bis etwa 1960 nutzte man das:
"Safe-Life" Prinzip.
Das heisst, das die Struktur eine sichere, limitierte Lebensdauer unter
"normalen Umständen" hat, die jedoch nur analytisch und experimentell mit einem relativ hohen Sicherheitsfaktor nachgewiesen wurde.
Eine Struktur, konstruiert in "Safe Life", hat
nur einen Lastpfad, und es kann somit möglich sein und dazu kommen, dass sich die mögliche Risslänge eines dort auftretenden Risses unbemerkt bis zur kritischen Risslänge ausdehnt. Folglich kann dadurch der Bruch eines primären Strukturelementes zum kompletten Versagen einer "Safe Life" Struktur führen mit den entsprechenden fatalen Konsequenzen für das Flugzeug.
Solche "Safe Life" Bauprinzipien sind heute laut JAR-Regeln nur noch bei Fahrwerken erlaubt, da es dort technisch gesehen kaum anders möglich und machbar ist. Darum gelten für Fahrwerksteile auch besondere Rissprüfverfahren in wesentlich kürzerem Abstand als für andere Baugruppen.
Seit etwa 1960 nutzt man nun das:
"Fail Safe" und das
"Damage-Tolerance" Prinzip.
"Fail Safe" heisst, dass die Ausfallsicherheit der Struktur durch
mehrere Lastpfade erreicht wird und so bei dem Ausfall eines oder mehrerer Lastpfade die verbleibenden Lastpfade die zu erwartenden Belastungen übernehmen können. Dadurch haben eventuell auftretende Risse mit kritischer Risslänge nicht automatisch fatale Folgen für das Flugzeug. Auch dann nicht wenn sie lange Zeit unentdeckt bleiben.
Das nun hingegen nennt man "Damage-Tolerance" Prinzip und ist die Fähigkeit einer bereits fehlerbehafteten Struktur, auch weiterhin alle auftretenden "normalen" Belastungen auch über einen längeren Zeitraum hinweg zu ertragen, bis die Fehler durch eine geplante Inspektion oder einen nicht sicherheitsgefährlichen Funktionsausfall entdeckt und repariert werden können.
Jagd- und Kampfflugzeuge die also in der bis 1960 angewandten Bauart "Safe Life" gebaut wurden...
(Und selbst diese steckte in der Zeit des II WK`s ja noch in den Kinderschuhen) ...trugen also schon von vornherein ein enormes Risiko in sich. Für normale Flugzeuge dieser Zeit sicher kein Problem aber für Flugzeuge, welche sich nur allein schon durch ihre Flugmanöver oft im Grenzbereich befanden, sicherlich ein enormes Problem und das eben auch schon nur ohne die Folgen durch Feindbeschuss. Darum hatten auch direkte Treffer am Flugzeug immer gleich so katastrophale Folgen wie das genannte Abreissen eines Flügels und anderer Baugruppen. Schlussendlich war es durch die dauernden Kampfeinsätze und den Zeitmangel für die Wartung eben nur selten möglich, Risse oder Fehler in der Struktur vor dem kritischen Totalversagen dieser Teile zu finden.
Diese Umstände dürften somit auch ganz entscheidend für zahlreiche Abstürze mitverantwortlich sein, glaube ich. Ob es dazu mal genauere Untersuchungen gegeben hat weiss ich leider nicht aber es wäre sicher interessant zu sehen, wie sich diese Ausfallursache in einer Statistik verglichen mit dem Verlust durch Direktbeschuss usw. verhalten würde.