STS-114 - Discovery "Return to Flight" Shuttle Mission Juli 2005

Diskutiere STS-114 - Discovery "Return to Flight" Shuttle Mission Juli 2005 im Raumfahrt Forum im Bereich Luftfahrzeuge; Ganz so einfach ist es wirklich nicht. Es gab bis zu Challenger überhaupt keinen Start bei Temperaturen unter der von Thiokol empfohlenen...

Andi Wuestner

Fluglehrer
Dabei seit
19.07.2001
Beiträge
221
Zustimmungen
5
Ort
Aachen
mcnoch schrieb:
Wenn die NASA gewollt hätte, dass das System auch bei Minusgraden fehlerfrei funktioniert, dann hätten sie es so spezifizieren müssen. Es wird wohl so sein, dass man damals schlicht und ergreifend nicht an so etwas gedacht hat. Als das Wissen um diese Probleme dann kam, hat die NASA nicht danach gehandelt.
Ganz so einfach ist es wirklich nicht. Es gab bis zu Challenger überhaupt keinen Start bei Temperaturen unter der von Thiokol empfohlenen. Trotzdem sind mehrere frühere Flüge haarscharf an der Katastrophe verbeigeschrammt, eben weil die Segmentverbindung unabhängig von der Temperatur nicht ordnungsgemäß funktionierte. Willst Du jetzt der NASA vorwerfen, dass sie Thiokol nicht noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Verbrennungsgase nur hinten aus den Boostern austreten dürfen und nicht seitlich?
Alles, was Du zur juristisch/moralischen Verantwortung der NASA geschrieben hast, sehe ich übrigens genau so.

mcnoch schrieb:
Das Problem mit NASA-Dokumenten ist, dass sie zwar theoretisch verfügbar aber praktisch monatelang nicht aufzufinden sind, weil die Indizierung bei der Masse von Daten so lange braucht. Wenn das Heizelement nur eine nette, neue Zusatzentwicklung gewesen wäre, dann hätte man ET-121 planmäßig für den Start der Atlantis benutzt und nicht all die Verzögerungen verursacht.
Also falls Du mal über Quellen zum Thema stolperst, setzt Du den Link wahrscheinlich sowieso hier rein, oder? :)

Andi
 
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
Nach einem kurzen Telefonat (Rückruf um 2:15 Uhr, man pflegt dort den direkten und persönlichen Kontakt) mit einer Mrs. Treffin von einer mir bislang unbekannten Unterorganisation der NASA, die mit der Bearbeitung von Anfragen zur technischen Dokumentation betraut zu sein scheint, habe ich nun ein paar neue Informationen zum Umbau des ET-121 und der Eisproblematik bei der Columbia. Ich hoffe, ich habe in meinem leicht schlaftrunkenen Zustand alles ordnungsgemäß notiert.

1.) Das von der BBC gezeigte Bildmaterial von der Falschfarb-Analyse ist tatsächlich NASA-Material, die damit befasste Task Group aus NASA und Hersteller hat sich in ihrer Interpretation – anders als die BBC –aber noch nicht abschließend festgelegt. Tatsache ist, es wurde durch diese Analyse eine größere Menge zerstobenes Wassereis nachgewiesen. Es ist aber nach wie vor unklar, wann und wo sich dieses Eis gebildet hat und welche Auswirkungen es auf die Konsistenz und flächenmäßigen Ausformung des abgefallenen Isolierteils gehabt habe. In Betracht kommt neben der Außenoberfläche wohl auch die Innenoberfläche (zum Tank selber), was auf einen Produktionsfehler des von Hand aufgeschäumten Isoliermaterials hindeuten würde. Wegen der großen juristischen Bedeutung genau dieser Frage, hat es noch keine Veröffentlichungen der Task Group hierzu geben. Es ist derzeit nicht klar, ob und wenn wie zusätzliche Erkenntnisse zu dieser Frage gewonnen werden können, die diese Frage entscheiden könnten. Erst danach sei mit einer Veröffentlichung zu rechnen. Die NASA untersuche auch heute noch viele einzelne, ungeklärte Fragen der Columbia-Katastrophe, insbesondere wenn die Fragestellung über die reine Untersuchungsarbeit hinaus für den Betrieb oder die Konstruktion eine unmittelbare Bedeutung habe.

2.) Sie konnte nicht sagen, wie sehr die obige Fragestellung in die Entscheidung zur Modifikation der Externen Tanks eine Rolle gespielt hat. Diskutiert wird dieses Problem von Anfang an. Die Neubewertung der Modifikation sei aber anhand der neuesten Erkenntnisse zur Gesamtproblematik gefallen.

3.) Beim ET-121 befindet sich an der kritischen Abbruchregion nun keine aufgesprühte Isolierabdeckung mehr. Zuvor waren nur einzelne, kleinere Flächen ohne diese Isolierung gewesen. Dies war in der Vergangenheit notwendig, wenn sich dort Ausrüstungsteile befanden, die während des Betankungs- oder Startvorganges gewisse Veränderungen in ihrer Größe durchlaufen, wie z.B. ein Druckausdehnungsgefäß und bestimmte Pumpen, die im Betrieb stark zu vibrieren anfangen. An diesen unisolierten Flächen bestand schon immer ein besonders erhöhtes Eisbildungspotenzial, welches nicht nur die Gefahr des Eisschlages beinhaltete, sondern auch die Möglichkeit der strukturellen Beschädigung des Isoliermantels in angrenzenden Flächen. Auch wenn nicht abschließend geklärt werden konnte, ob und wenn wie Eisbildung zum Abbruch eines Teils der Isolierung geführt haben könnte, entschied man sich doch zu einer grundlegenden Neubewertung der Risiken in dieser Region. Eine Verhinderung der Eisbildung ist nach derzeitigem Stand durch eine (rein passive) Isolierung nicht in dem erforderlichen Wirkungsgrad zu erreichen. Ein Aufbringen von Isolierschäumen auf den bekannten Problemzonen hätte zwar die reine Eisbildung reduzieren können, durch die Vibrations- und Temperaturentwicklungen sowie die Ausdehnung der Bauteile das Risiko eines Abbruches von Isoliermaterial allerdings gleichzeitig stark erhöht. Ein Beheizungssystem könnte der Eisbildung begegnen und so die Gefahr von Eisschlag und struktureller Beschädigung der umgebenden Isolierung vorbeugen, weist allerdings eine Reihe eigener Risiken auf. Diese Risken hat sie mir zwar nicht genannt, aber man wechselt bekanntlich bei solchen Entscheidungen oftmals nur die Fehlerquellen. Wie es scheint, hält man die Risken für geringer als bei bestehenden System.

Für alles weitere, sei ich an die in den nächsten Tagen folgenden Presse-Erklärungen der NASA zu diesem Thema verwiesen. Man habe ein erhöhtes Informationsbedürfnis der Medien festgestellt und werde hierauf gerne eingehen.

Das kommt dabei raus, wenn man mal ein paar eMails an die NASA schreibt.
 
Zuletzt bearbeitet:
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
NASA'S SPACE SHUTTLE PROCESSING STATUS REPORT: S05-023

NASA's Shuttle fleet is housed and processed at the Kennedy Space Center (KSC), Fla.

Discovery (OV-103)
Mission: STS-114 - 17th ISS Flight (LF1) - Multi-Purpose Logistics Module
Location: Vehicle Assembly Building (VAB) Launch Date: Launch Planning Window: July 13 to 31 Launch Pad: 39B
Crew: Collins, Kelly, Noguchi, Robinson, Thomas, Lawrence and Camarda Inclination/Orbit Altitude: 51.6 degrees/122 nautical miles

On Tuesday in the VAB, Discovery was mated with a new External Tank (ET-121). Final closeouts and integration tests are being performed. Discovery is scheduled to begin the four-mile journey to Launch Pad 39B at 3 a.m. EDT, June 14.
After several weeks of data evaluation from two previous tanking tests, program managers decided not to do another one prior to Discovery's launch. They reviewed data from two previous tests on ET-120, Discovery's original tank.
One major change to Discovery's new ET is the addition of a heater on the feedline bellows to prevent ice forming during fueling and launch. The bellows is a joint on the outside of the tank, not insulated with foam, to allow expansion, contraction and movement during fueling of super-cold liquid oxygen before launch. The line feeds oxygen to the Shuttle main engines at start-up and throughout the 8.5 minute climb to orbit.
Another change to the ET is in the hydrogen diffuser. A diffuser is a fabricated tube, which consists of a core and screen assembly. It diverts the flow into radial jets that are dispersed by the wire screen. There are two diffusers per ET at the top of the hydrogen and oxygen tanks. Discovery's new ET uses a certified plain, two wire weave. ET-120 had a tighter woven mesh than was expected. The data review showed the out-of-specification diffuser may have been the contributing cause of a liquid hydrogen pressurization problem. A vent valve cycled 13 times during the tanking tests, versus the standard eight to nine times. The valve opens and closes to ensure the liquid hydrogen stays at the correct pressure in the final two minutes prior to launch.
Discovery's new ET originally was planned to fly with Atlantis on the second Return to Flight mission, STS-121. A decision will be made next week as to which External Tank, ET-120 or 119, will be used for STS-121.
In the Space Station Processing Facility, work on resupply stowage rack fasteners inside the Multi-Purpose Logistics Module Raffaello is complete. The hatch was closed for flight Monday. Raffaello is scheduled to be installed in the Payload Transportation Canister today, and it is set to be rotated to the vertical position over the weekend. Payloads transfer to Launch Pad 39B is scheduled for June 13. Discovery's launch date will be selected after the Flight Readiness Review June 29-30.

Atlantis (OV-104)
Mission: STS-121 - 18th ISS Flight (ULF1) - Multi-Purpose Logistics Module
Location: Orbiter Processing Facility Bay 1 Launch Date: Lighted Launch Planning Window: September 9 to 24 Launch Pad: 39B
Crew: Lindsey, Kelly, Sellers, Fossum, Nowak and Wilson Inclination/Orbit Altitude: 51.6 degrees/122 nautical miles

Power-up system testing is 95 percent complete on Atlantis. Forward, mid-body and aft-area closeouts continue. Atlantis is scheduled to be rolled from the processing facility to the VAB in mid-July.

Technicians continue to bond Thermal Protection System tiles to Atlantis, with only nine tiles remaining. Work on the Rudder Speed Brake (RSB) is complete. The 14-month process included removing, inspecting and reinstalling the four RSB actuators and panels, and the Thermal Protection System blankets. While the panels were removed, they were bead blasted and painted for additional corrosion control.

Technicians began cleaning the payload bay in preparation for final door closing June 14. The landing gear functional test is scheduled for next week.
 

Andi Wuestner

Fluglehrer
Dabei seit
19.07.2001
Beiträge
221
Zustimmungen
5
Ort
Aachen
mcnoch schrieb:
Das kommt dabei raus, wenn man mal ein paar eMails an die NASA schreibt.
Danke für die ausführliche Info. Habe eben bei www.ksc.nasa.gov gelesen, dass die Heizelemente sowieso für den dritten Flug nach Columbia geplant waren. Das kommt mir ehrlich gesagt ein bisschen seltsam vor. Wenn sowieso geplant, warum dann nicht sofort?

Gruß
Andi
 
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
Tja, dazu kann ich auch nichts sagen, aber am Shuttle wird ständig rumgeschraubt, erneuert und ergänzt. Wie es scheint, wollte man wohl, wenn die Technik schon in der Pipeline war, hier kein Risiko mehr eingehen. Hätte es wieder Probleme gegeben, würden sonst alle sagen: "Hättet ihr nur gewartet, die Technik war doch fast fertig. Wie kann man nur so ein Risiko unnötig eingehen?!" Zögerlichkeit verursacht immer mehr Zögerlichkeit. Zu viele Interessen-Gruppen pushen derzeit nur ihre eigenen Projekte und zapfen die RTF-Budgets nach allen Regeln der Kunst an.

Ansonsten hier noch ein Update

The Space Shuttle Discovery is set to roll out to Launch Pad 39B at KSC with an upgraded External Tank (ET). First motion is targeted for 3 a.m. EDT, Tuesday, June 14.

The cargo for the Space Shuttle Discovery's historic Return to Flight mission (STS-114) arrived yesterday at Launch Pad 39-B at NASA's Kennedy Space Center, Fla.

Discovery's payload includes the Multi-Purpose Logistics Module Raffaello, the Lightweight Multi-Purpose Experiment Support Structure Carrier (LMC), and the External Stowage Platform-2 (ESP-2).

NASA's Italian-built Raffaello will carry 12 large racks filled with food, clothing, spare parts and research equipment to the International Space Station. Included in the cargo is the Human Research Facility-2 that will expand the Station's capability to support human life sciences research.

The LMC will deliver a Control Moment Gyroscope to replace an inoperable one that failed in August 2002. Gyroscopes provide attitude control for the Station keeping it properly oriented without use of rocket fuel.

A Thermal Protection System repair sample box containing pieces of the Shuttle's heat-shielding tile is also installed on the LMC. The samples will enable crew members to test new on-orbit repair techniques.

The ESP-2 will carry replacement parts to the Station. The platform will be deployed, attached to the Station's airlock, and serve as a permanent spare parts facility.
 
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
NASA'S SPACE SHUTTLE PROCESSING STATUS REPORT: S05-024

NASA's Shuttle fleet is housed and processed at the Kennedy Space Center (KSC), Fla.

Discovery (OV-103)

Mission: STS-114 - 17th ISS Flight (LF1) - Multi-Purpose Logistics Module
Location: Launch Pad 39B
Launch Date: Launch Planning Window: July 13 to 31 Launch Pad: 39B
Crew: Collins, Kelly, Noguchi, Robinson, Thomas, Lawrence and Camarda Inclination/Orbit Altitude: 51.6 degrees/122 nautical miles

Discovery was rolled out Wednesday to Launch Pad 39B on a Crawler Transporter. The four-mile journey began at 1:58 a.m. EDT and ended at 12:17 p.m.

The payload canister, including NASA's Italian-built Multi-Purpose Logistics Module Raffaello, was transferred to the launch pad on June 13. Payload installation began today. Payload connections are scheduled this weekend. Payload/orbiter interface testing begins early next week.

Loading hypergolic propellants is scheduled for June 22. This process includes loading the propellants, monomethyl hydrazine and nitrogen tetroxide, into the Orbiter Maneuvering System and the Forward Reaction Control System.

Atlantis (OV-104)

Mission: STS-121 - 18th ISS Flight (ULF1) - Multi-Purpose Logistics Module
Location: Orbiter Processing Facility Bay 1 Launch Date: Lighted Launch Planning Window: September 9 to 24

Launch Pad: 39B
Crew: Lindsey, Kelly, Sellers, Fossum, Nowak and Wilson Inclination/Orbit Altitude: 51.6 degrees/122 nautical miles

Power-up system testing is nearly complete for Atlantis' mission to the Space Station.
The payload bay was cleaned for flight and the doors closed. Around the hinge line of the doors, technicians installed the Shuttle's Thermal Protection System (heat shield tiles). The doors were opened to perform tile checks and closed for the final time prior to flight.

Technicians continue performing nose and main landing gear cycles to check compression of new thermal barrier seals. The landing gear functional test is scheduled for the middle of next week.

In the Vehicle Assembly Building (VAB), the External Tank (ET-120) and Solid Rocket Boosters originally scheduled to fly with Shuttle Discovery are in high bay 1. This stack will fly with Atlantis for STS-121. The liquid oxygen feedline bellows heater has been added to this tank and final foam closeouts are progressing.

Endeavour (OV-105): In Orbiter Major Modification period (begun in December 2003).

External Tank/Solid Rocket Booster

The third redesigned External Tank (ET-119) arrived today at KSC. It will be offloaded Monday and transferred to the VAB. ET-119 is scheduled to fly with Atlantis on mission STS-115.
 
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
Die NASA wird am 30. Juni im Anschluß an den zweitägigen Flight Readiness Review (FRR) in einer Pressekonferenz die Details zum nächsten Shuttle-Flug bekanntgeben, u.a. den Starttermin.
 
Schorsch

Schorsch

Alien
Dabei seit
22.01.2005
Beiträge
12.782
Zustimmungen
5.770
Ort
mit Elbblick
Sag mal mcnoch, was hat es eigentlich mit diesen Startfenstern auf sich? Könnten die Shuttle nicht jederzeit starten?
 
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
Schorsch schrieb:
Sag mal mcnoch, was hat es eigentlich mit diesen Startfenstern auf sich? Könnten die Shuttle nicht jederzeit starten?
Hallo Schorsch,

vom rein technischen Standpunkt aus gesehen, könnte jede Rakete zu jedem Zeitpunkt starten, vorausgesetzt natürlich, dass alle sonstigen Start-Parameter (wie z.B. Windbedingungen, etc..) eingehalten werden. Ein bestimmter Zeitpunkt spielt für den reinen Weg ins All keine Rolle.

Will man allerdings nicht nur einfach geradeaus von der Erde wegfliegen, sondern sich mit einen anderen Objekt - sei es nun der Mond oder die ISS - treffen oder schlicht einen bestimmten Punkt in einem bestimmten Orbit um die Erde (z.B. bei geo-synchronen Satelliten) ansteuern, so wird es etwas komplizierter, schließlich müssen sich zwei bewegliche Objekte treffen. Man errechnet also einen Rendezvous-Kurs, an dessen Endpunkt sich beide (die eigene und die des Zielobjektes) Umlaufbahnen so kreuzen oder zumindest soweit annähern, dass man sich mittels der eigenen Steuerdüsen an diesen Zielpunkt bewegen kann. Dabei ist heutzutage auch auf immer mehr große Objekte in erdnahen Umlaufbahnen Rücksicht zu nehmen, mit denen man auf dem Weg ja nicht kollidieren darf. Kurz, diese Berechungen sind sehr komplex und führen bei den in die Rechnung einzustellenden Geschwindigkeiten und Entfernungen zu einem sekundengenauen Wert.

Das wäre nicht nur der optimale Start-Zeitpunkt, sondern für Objekte ohne eigene Steuerungsmöglichkeiten oftmals auch der einzige Start-Zeitpunkt, weil sie sonst keine Chance haben ihr Ziel zu erreichen. Rund um diesen optimalen Start-Zeitpunkt öffnet sich dann das jeweilige Start-Fenster. Wie groß das jeweilige Startfenster ist, hängt einmal von den Besonderheiten der jeweiligen Anflugbahnen und einige weitere Faktoren ab und zum anderen - und dies ist der eigentliche Hauptfaktor - von der Steuerungsfähigkeit der ins All geschossenen Nutzlast.

Satelliten sind meist klein, haben also nur wenig Platz für Treibstoff und sollten daher nur ganz wenig Treibstoff für den Anflug verbrauchen, da ihnen sonst der verbrauchte Treibstoff während ihrer Einsatzzeit für die immer mal wieder notwenigen Positionskorrekturen fehlt. Kann ein Satellit seine Position nicht mehr genau genug einhalten, wird er in den meisten Fällen unbrauchbar. Gesparter Treibstoff bedeutet hier also gewonnene Lebens- bzw. Einsatzzeit. Daraus ergeben sich die sehr kurzen Startfenster bei Satelliten, meist nur einige Sekunden, und die gehen oftmals auch eher auf die Steuerungsfähigkeit des Trägersystems denn der Nutzlast zurück.

Das Shuttle und andere Systeme (z.B. Progress) hingegen sind auf mehrere Kurskorrekturen ausgelegt und haben daher auch mehr Treibstoff für solche Manöver zur Verfügung. Die werden deshalb trotzdem nicht wie Harry auf die Tube drücken und sofort auf Abfangkurs gehen und das Ziel ansteuern, schon allein weil sie dann bei Erreichen der Position sehr viel Energie aufwenden müssten, um sich auf die für diese Zielumlaufbahn erforderliche Geschwindigkeit wieder einzubremsen. Aber sie können häufiger die eigene Umlaufbahn verändern und sich so über mehrere kleine Korrekturen und die damit verbundenen Umlaufbahnen optimal ans Ziel hangeln. Im Endergebnis ist dies nicht immer schneller als bei einem optimalen Startzeitpunkt, aber es ermöglicht ein wesentlich breiteres Startfenster, da man ja eine größere Zahl an Umlaufbahnen ausnutzen kann, um ans Ziel zu kommen.

Sollten wir irgendwann mal Weltraumfahrzeuge haben, bei denen ein sparsamer Einsatz der vorhandenen Energie nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, dann werden auch Startfenster keine Rolle mehr spielen. Solange aber die Trägheit der Masse und die Gravitation noch die Weltraum-Navigation bestimmen, wird es Startfenster geben. Verpasst man eines, muss man auf das nächste warten.

Darum ist diese ganze Debatte um einen Notstart eines zweiten Shuttles auch sehr fadenscheinig, es ist nämlich leider - auch bei vollem Treibstoffeinsatz - nicht gesagt, dass man selbst mit einem Shuttle schnell genug an den Rendezvous-Punkt kommen könnte. Bei zwei voll beweglichen Shuttles wäre dies allerdings schon recht schnell möglich. Aber es kommt eben auf den Notfall an.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schorsch

Schorsch

Alien
Dabei seit
22.01.2005
Beiträge
12.782
Zustimmungen
5.770
Ort
mit Elbblick
Danke für die Erklärung! Soweit ich weiß ist der erste Flug doch wirklich nur eine Probeflug, also es wird kein Rendevous mit irgendjemanden stattfinden, oder doch?
Wie hoch ist die Inklination des Shuttles beim Start von Cap Canaveral? In etwa 20°?

-edit-
Habe gerade im anderen Thread rausgelesen, dass das Shuttle doch zur ISS fliegt. Damit hat sich das Thema weitestgehend erledigt.
 
Zuletzt bearbeitet:
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
Lang war die Liste der Forderungen, die die CAIB-Komission der NASA zur Erfüllung aufgab, ehe sie die bemannte Raumfahrt wieder aufnehmen solle/dürfe. Aber einige dieser Forderungen erwiesen sich als leicht niederzuschreiben denn zu realisieren. Entsprechend bildeten sich mittlerweile zwei Lager innerhalb der NASA, die nun nicht teilweise sehr heftig um das Für und Wider der Umsetzung solcher als problematisch erkannten Punkte streiten. Derzeitiger Streitpunkt ist die Entscheidung die Entwicklung eines geforderten Kontrollsystems für die rund 375 km Kabel in jedem Shuttle nun nicht mehr fortzusetzen. Besonders diejenigen, die im Falle einer neuerlichen Katastrophe auch juristisch belangt werden könnten, wie die leitenden Mitarbeiter im NASA Office of Inspector General schlagen Alarm. Probleme in der Verkabelung hat es immer mal wieder gegeben. Teilweise liegen Kabelbündel offen und können so bei Arbeiten leicht versehentlich und unbemerkt beschädigt werden, teilweise sind die Kabelbäume kaum erreichbar und damit auch nur schlecht zu überprüfen. Gerade bei solchen Systemen ist die Gefahr groß, dass im Laufe der Zeit das Isoliermaterial Schaden nimmt und es zu gefährlichen Kurzschlüssen kommen kann, insbesondere das im Shuttle überwiegend verwendete Isoliermaterial Kapton ist hiervon betroffen. Das US Militär hat daher seine Verwendung in neuen Flugzeugen schon vor Jahren verboten. Das dies potenziell fatale Auswirkungen haben könnte zeigte sich schon im Juli 1999 als beim Start der Columbia durch solch einen Kurzschluss fünf Sekunden nach dem Start zwei der fünf Hauptcomputer ausfielen. Entsprechend schnell waren diese Kurzschlüsse auch ganz oben auf der „Verdächtigenliste“ für das Columbia-Unglück von 2003. Zwar konnte man einen solchen Fehler nicht feststellen, aber musste dabei auch feststellen, dass man solche Fehler im Prinzip mit den derzeitigen Mitteln gar nicht feststellen kann.

Die CAIB-Komission ging bei ihrer Forderung nach Entwicklung solch eines aufwendigen Systems allerdings davon aus, dass das Shuttle noch bis 2020 im Dienst sein würden. Für einen Einsatz nur bis 2010 steht die Entwicklung wohl außer Verhältnis und würde womöglich nicht mal bis dahin vollständig fertig. Beim of Inspector General würde man trotzdem eine Weiterentwicklung befürworten, damit für die Zukunft zumindest ein gewisser Erfahrungsbestand vorhanden sei. Einstweilen gibt sich die NASA aber mit genauen Inspektionen und verschiedenen Riskioreduktionsmaßnahmen zufrieden.

http://www.space.com/missionlaunches/ft_050626_rtf_wiring.html
 
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
Die Veröffentlichung dieser Komissions-Ergebnisse ist nur ein juristischer Schritt, die wirkliche Arbeit lief sehr konstruktiv zwischen der Komission und den beteiligten Abteilungen ab. Die Komission selber hat dreimal so viel gekostet, wie erwartet, 6 Millionen statt 2 Millionen US$. Man hat nun alle möglichen Schwächen aufgezeigt, an den meisten Stellen Verbesserungen vorgenommen, aber eben an den grundsätzlichen Problemen, die schon im Entwurf dieses Systems verwurzelt sind, nichts ändern können. Im Land der Schadensersatzprozesse hat die NASA als Organisation nun der juristischen Form genüge getan. Wenn bestimmte erkannte Mängel aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht zu beheben sind, dann ist dies nicht "Fahrlässigkeit" sondern eine technische bzw. wirtschaftliche Grenze.

Donald Adams, einer der Sicherheitsverantwortlichen hat offen gesagt, dass die Shuttle in ihrer jetzigen Form das Beste wären, was man den Astronauten anbieten könne, dass man sich weiter um Verbesserungen bemühen werde, aber die Grenzen nun sehr viel klarer kenne als zuvor, diese aber in bestimmten Bereichen einfach nciht überwinden könne. Er sagte auch, dass das Risiko der bemannten Raumfahrt wohl größer sei, als die meisten, auch er selber, geglaubt hätten, aber dass er und sein Team auch weiterhin bereit wären, ihren Teil der Verantwortung für die Shuttle-Missionen zu übernehmen, solange Astronauten bereit wären, dieses Risiko einzugehen. Den Astronauten wurde ebenfalls gestern ein juristisches Schriftstück zur Unterschrift übergeben, welches die bekannten Schwächen aufzählt und sie somit offiziell mit den Risiken bekannt macht. Zwar haben nicht alle das Dokument sofort unterschrieben, aber doch die meisten.
 
Schorsch

Schorsch

Alien
Dabei seit
22.01.2005
Beiträge
12.782
Zustimmungen
5.770
Ort
mit Elbblick
Ich hätte da nochmal eine etwas brisantere Frage: War das Schicksal der Columbia eigentlich für die Verantwortlichen schon absehbar, als das Shuttle im All war? Ich hatte mal Gerüchte gehört, dass nach dem Start die Techniker sagten, eine sichere Rückkehr auf die Erde sei nahezu ausgeschlossen, bin mir jedoch nicht sicher, ob dies in den Bereich der Verschwörungstheorie gehört. Danke für Aufklärung!
 
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
Schorsch schrieb:
Ich hätte da nochmal eine etwas brisantere Frage: War das Schicksal der Columbia eigentlich für die Verantwortlichen schon absehbar, als das Shuttle im All war? Ich hatte mal Gerüchte gehört, dass nach dem Start die Techniker sagten, eine sichere Rückkehr auf die Erde sei nahezu ausgeschlossen, bin mir jedoch nicht sicher, ob dies in den Bereich der Verschwörungstheorie gehört. Danke für Aufklärung!
Nein, man wußte zwar auf den unteren Ebenen, dass die Columbia möglicherweise ernstlich Schaden genommen hat - nach oben soll diese Information erst zu spät bzw. nicht klar genug gedrungen sein - aber es war nicht klar, wie sich der Schaden auswirken würde. Es wurden Warnungen ausgesprochen, inkl. Worst Case Szenario, aber das kam eben nicht in den richtigen Kanal. Ein Wiedereintritt mit "hängendem Flügel" hätte nach neueren Berechnungen wegen der größe des Loches und seiner Positionierung leider auch nichts gebracht. Man hätte das Shuttle nur oben lassen und die Astronauten auf die ISS umsteigen lassen können. Von dort wären dann drei sofort mit dem angedocktem Progress-Modul zur Erde abgestiegen und eine weitere Progress hätte binnen einer Woche hochgeschossen werden können. Die nächste Kapsel hätte dann allerdings erst nach fünf bis sieben Wochen bereit gestanden. Das wäre dann zwar etwas heikel gewesen, weil der ISS Besatzung dann für eine gewisse Zeit die Rettungskapsel gefehlt hätte, aber es wäre wohl das kleinere Übel gewesen. Ein Shuttle hätte man ebenfalls nicht so schnell nach oben bringen können. Ein Absprung war in der Höhe und bei den Umgebungstemperaturen auch noch nicht möglich. Dafür hätte das Shuttle noch länger durchhalten müssen, vielleicht hätte dies sogar mit verändertem Anstellwinkel und hängendem Flügel geklappt. Man hätte wahrscheinlich einiges versucht, aber sicher wäre da nichts gewesen.
 
Schorsch

Schorsch

Alien
Dabei seit
22.01.2005
Beiträge
12.782
Zustimmungen
5.770
Ort
mit Elbblick
Hatte das Shuttle denn überhaupt genug Energie, um die Umlaufbahn der ISS zu erreichen?
 
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
Schorsch schrieb:
Hatte das Shuttle denn überhaupt genug Energie, um die Umlaufbahn der ISS zu erreichen?
Das käme auf den Zeitpunkt an, zu dem eine solche Entscheidung gefallen wäre. Nach Beginn des Wiedereintrittes wäre es nicht mehr gegangen, aber zu einem früheren Zeitpunkt wohl schon. Die Shuttles haben doch recht viel Treibstoff für die Manövriertriebwerke dabei. Genaue Angaben hierzu habe ich aber nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bleiente

Bleiente

Alien
Dabei seit
27.12.2004
Beiträge
6.635
Zustimmungen
1.686
Ort
Nordschwarzwald
Hoffentlich gehts jetzt bald wieder los !
Bin schon ganz gespannt auf den ersten Start nach so langer Zeit.

Sind eigentlich mittlerweile die Sicherheitsvorkehrungen oder Kontrollen für Besucher / Beobachter während des Startes verschärft wurden ?
 
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
Bleiente schrieb:
Hoffentlich gehts jetzt bald wieder los !
Bin schon ganz gespannt auf den ersten Start nach so langer Zeit.

Sind eigentlich mittlerweile die Sicherheitsvorkehrungen oder Kontrollen für Besucher / Beobachter während des Startes verschärft wurden ?
Soweit mir bekannt, hat sich am Sicherheitsregime seit Ende 2001 nichts mehr geändert. Einige beliebte Zuschauerplätze sind damals geschlossen worden, da von dort aus - theoretisch - ein Abschuss des Shuttles mittels schultergestützter SAM möglich wäre.

Zusätzlichen Schutz für Zuschauer vor Shuttle-Explosionen ist eigentlich nicht erforderlich, da die Aufstiegsstrecke über Wasser und Sperrzonen verläuft.
 
Schorsch

Schorsch

Alien
Dabei seit
22.01.2005
Beiträge
12.782
Zustimmungen
5.770
Ort
mit Elbblick
Was genau ist die Mission dieses Fluges? Das Shuttle fliegt zur ISS, nun, wenn man schonmal in der Nähe ist, muss man ja mal vorbei schauen, sonst wird die ISS-Besatzung noch manisch.
Aber welche Nutzlast wird befördert und was sind die genauen Missionziele (OK, Hauptziel ist Rückkehr in einem Stück)?
 
mcnoch

mcnoch

Alien
Administrator
Dabei seit
18.04.2003
Beiträge
10.135
Zustimmungen
6.393
Ort
Nürnberg
Schorsch schrieb:
Was genau ist die Mission dieses Fluges? Das Shuttle fliegt zur ISS, nun, wenn man schonmal in der Nähe ist, muss man ja mal vorbei schauen, sonst wird die ISS-Besatzung noch manisch.
Aber welche Nutzlast wird befördert und was sind die genauen Missionziele (OK, Hauptziel ist Rückkehr in einem Stück)?

ST-114 ist vorwiegend eine ISS-Ausbau-Mission, es werden also hauptsächlich Versorgungsgüter, Ersatzteile und Ausbaumodule zur ISS transportiert.

The STS-114 crewmembers will deliver supplies to the International Space Station, but the major focus of their mission will be testing and evaluating new Space Shuttle flight safety, which includes new inspection and repair techniques.

STS-114 is classified as Logistics Flight 1. Among the Station-related activities are delivering new supplies and replacing one of the orbital outpost's Control Moment Gyroscopes (CMGs). STS-114 will also carry the Raffaello Multi-Purpose Logistics Module and the External Stowage Platform-2.

The crew is slated to conduct at least three spacewalks while at the ISS. The first spacewalk will demonstrate repair techniques of the Shuttle's Thermal Protection System. During the second, the spacewalkers will replace the failed CMG with one delivered by the Shuttle. On the third, they will install the External Stowage Platform.



Wenn Du mehr Details wissen willst, kann ich dir das sog. PressKit (9 MB) anbieten, welches wie immer mehr Informationen beinhaltet, als der normale Mensch wirklich brauchen kann. ;) http://www.nasa.gov/pdf/112301main_114_pk_july05.pdf

Der jetzt ins Auge gefasste Starttermin ist der 13. Juli um 3:51 pm EDT, wie immer von Pad 39B.
 
Thema:

STS-114 - Discovery "Return to Flight" Shuttle Mission Juli 2005

STS-114 - Discovery "Return to Flight" Shuttle Mission Juli 2005 - Ähnliche Themen

  • GPS Störungen im Ostsee-Raum

    GPS Störungen im Ostsee-Raum: Rätselhafte Störungen des GPS-Signals in der Ostsee – Experten finden Quelle (msn.com)
  • Blackdog.cz - erstmals Zurüstsets für Flugzeuge in 1:32

    Blackdog.cz - erstmals Zurüstsets für Flugzeuge in 1:32: Blackdock bietet seit neuestem Zurüstsets für die A-4 Skyhawk und die A-7 Corsair II im Maßstab 1:32 an, wobei mir z.B. der Buckel der Skyhawk...
  • MPA über Nord- und Ostsee

    MPA über Nord- und Ostsee: https://www.nord24.de/landkreis-cuxhaven/fernsehteam-begleitet-nordholzer-marineflieger-128101.html?fbclid=IwAR15hbsyEl2AruhuFO1gSrYqSRJIe-eFJbP47U...
  • Russische Abfangeinsätze über der Ostsee

    Russische Abfangeinsätze über der Ostsee: was das Air Policing Baltikum für die NATO betrifft - da werden wir immer wieder Meldungen haben. Dass es andersrum auch ein russisches Air...
  • Ausnahmeregelung – Luftraum über Alaska wird für Drohnentests freigegeben

    Ausnahmeregelung – Luftraum über Alaska wird für Drohnentests freigegeben: berichtet soldat-und-technik.de:
  • Ähnliche Themen

    Sucheingaben

    https://www.flugzeugforum.de/threads/sts-114-discovery-return-to-flight-shuttle-mission-juli-2005.23134/page-11

    Oben