AW: Flugzeugabsturz am Brocken
Ist man erst einmal in eine solche Scheiße geraten und die Umkehrkurve ist als Option nicht mehr greifbar, dann gibt es erst einmal nur eine sinnvolle Option, nämlich der Funkruf an die FIS. Die finden einen erst einmal im Luftraum und checken die Optionen. Zu allererst die Option "ob die Luft rein ist" und keine Kollisionswahrscheinlichkeit besteht. Man glaubt nämlich nicht, was sich alles in Wolken aufhalten kann, nicht nur Berge und Antennen.
Danach suchen die Jungs von der FIS den kürzesten und sichersten Weg in VMC anhand ihres Wetterzugangs. Dort wird man ganz vorsichtig hin geleitet. Wer so einen Vorgang mal live im Funk miterlebt(gehört) hat, weiß wie mit unendlicher Ruhe und Geduld der Unglücksrabe wieder auf den rechten Weg gebracht wird. Das war für mich auch psychologisch ganz interessant. Danach wird ein geeigntes Flugziel unter VMC condition gesucht. Falls keines gefunden wird, geht's zum Cloudbraking an einen geeigneten Flugplatz.
Die Grundregel heisst aber immer "Aviate, navigate, communicate--First fly the plane". Wenn man das Flugzeug im Griff hat (und sei es mit dem Autopiloten) dann tief durchatmen und sammeln. Dann an den Funk und Hilfe rufen.
1000% Zustimm!
Auf der AERO hat H.Goldbach von der DFS mal wieder seine beeindruckenden Vorträge über genau dieses (und angrenzende) Themen gehalten. Tenor: Traut Euch FIS zu rufen, wir sind da, Euch zu helfen!
In einem Nachbarforum wird der gleiche Unfall auch sehr kontrovers diskutiert. Dort gehen die Ideen hin zu Kunstflugfiguren wie Hammerhead oder Buschfliegerwende. Mir graust vor solchen Könnern.
Häufig wird die psychologische Komponente dieser Situation nicht beachtet. Es ist etwas anderes, eine Umkehrkurve am Schreibtisch, im Simulator, unter der Haube oder in VMC zu üben im Vergleich zu einer wirklichen, (selbstverschuldeten) Notlage.
Schon das Erkennen der Notlage ist nicht einfach. Soo schlecht sieht die Suppe doch gar nicht aus. Letztens war sie doch viel dichter. Da vorne ist doch noch was zu sehen. So dick kann die Schicht ja nicht sein, auf dem Wetterbild war ja deutlich zu sehen. Und dann hab ich ja mein GPS mit Terrain, das zeigt ja alles an...
Und dann treibt die Situation selbst einigen Unsinn mit dem Zwischenohrcomputer. Die Prioritäten verschieben sich, Nebensächlichkeiten beanspruchen Denkleistung, Tunnelblick und Tunneldenken u.s.w. Irgendwann schaltet dann das Gehirn auf die uralten Grundprogramme (Höhlenmensch/Säbelzahntiger). Wenn z.B. das Auge nichts zum fokussieren findet (Nebel/Wolkensuppe) fokussiert es automatisch auf den vorgeblichen Gefahrenbereich bei etwa 3m. Ein Wolkenloch, ein verschwommener Horizont u.s.w. kann dann gar nicht mehr gesehen werden.
Dazu gibt es interessante Untersuchungen. Nein, all die Unfallopfer sind nicht doof gewesen. Nein, das kann mir auch passieren. Die besten Chancen, so einen Unfall zu verhindern bestehen darin, die Fehlerkette auf dem Weg zur Katastrophe irgendwo, möglichst früh zu unterbrechen. Bei der Flugvorbereitung, der Wetterberatung und Beobachtung. Beim Plan B und C und der Bereitschaft, den Plan B auch umzusetzen.
We can turn back, land and fly another day.
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gero