"Keine Alternative zum Eurofighter"
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STANDARD: Wenn es keinen Minister Platter mehr gibt, gibt es auch keinen Eurofighter?
Platter: So ist das sicher nicht. Es hat sich ja in der ersten Verhandlungsrunde mit der SPÖ gezeigt, dass sie ein klares Bekenntnis zur Luftraumüberwachung abgelegt hat. Und sie hat keine Alternative zu den Eurofightern – man kann die Luftraumüberwachung nicht durch die Schweiz oder durch Nato-Staaten bewerkstelligen. Das ist rechtlich nicht möglich. Daher wird es für eine allfällige andere Regierungskonstellation keine Alternative zum Eurofighter geben.
STANDARD: Es gibt Überlegungen, dass Österreich aus dem Eurofighter-Geschäft herauskäme, wenn es ihn weiterverkauft – Saudi-Arabien beschafft gerade ein paar Dutzend Eurofighter und würde wohl auch unsere 18 akzeptieren.
Platter: Das ist unrealistisch. Faktum ist: Zur Wahrung der Souveränität braucht Österreich eine Luftraumüberwachung – und es müsste dafür andere Flugzeuge beschaffen. Inklusive einer neuen Zwischenlösung, weil die mit den Schweizer F-5 ja ausläuft. Es würde jede Variante teurer als die mit dem Eurofighter.
STANDARD: Warum klammert sich die ÖVP so an den Eurofighter? Hat sie etwas zu verbergen?
Platter: Aber nein! Auch dass die ÖVP wegen des Eurofighters die Wahl verloren hat, stimmt nicht: 2002, nach der Entscheidung für den Eurofighter, hatte die ÖVP einen grandiosen Wahlsieg. Aber festzuhalten ist: Die ÖVP ist eine staatstragende Partei – und kann daher nicht immer nur das Populäre tun.
Wir haben zu tun, was das höchste Maß an Sicherheit gewährleistet, egal, was uns vorgeworfen wird. Die Gefährdung gibt es heute eben vor allem aus der Luft – und wir stellen fest, dass die Zahl der Luftraumverletzungen in den letzten Jahren zugenommen hat.
STANDARD: Diese Bedrohung versteht aber kein Mensch: Wir sind von einem neutralen und mehreren Nato-Staaten umgeben. Diese Luftraumverletzungen werden wohl kaum große Gefährdungen dargestellt haben. Vielleicht durch Privatflugzeuge, mit denen der Funkkontakt abgerissen ist. Dass das eine Bedrohung für die Sicherheit der Republik darstellt, ist schwer vorstellbar.
Platter: Da geht es um unterschiedliche Fälle – aber die größte Gefahr ist der internationale Terrorismus. Da ist es notwendig, dass man im Falle einer Luftraumverletzung mit diesen Flugzeugen aufsteigen kann, um die Bedrohung unter Kontrolle zu bringen.
Unser Neutralitätsgesetz verpflichtet uns, das selbst zu tun. Man könnte das durch die Nato machen lassen – aber das würde Beitritt bedeuten, das will niemand. Und es würde bedeuten, dass wir viel zahlen müssten und gleichzeitig Arbeitsplätze verlieren. Wir würden Anschluss an die europäische Hochtechnologie verlieren.
STANDARD: Wie viele der rund 150 Luftraumverletzungen im Jahr stellen eine Bedrohung der Republik Österreich dar?
Platter: Es stimmt, dass das in vielen Fällen Privatflugzeuge waren, die in Zonen geflogen sind, wo keine Erlaubnis gegeben war.
Aber seien wir doch froh, dass wir nicht eine unmittelbare Bedrohung gehabt haben! Das heißt ja nicht, dass es solche Bedrohungen nicht gibt und dass wir die Mittel, sie abzuwenden, nicht sehr plötzlich brauchen. Man kann nicht ein Ereignis abwarten, um dann Beschaffungsmaßnahmen einzuleiten.
STANDARD: Auch um den Preis, dass es keine Koalition gibt?
Platter: Es kann sein, dass der SPÖ das Konkurrenzprodukt lieber gewesen wäre – aber das Konkurrenzprodukt war minimalst billiger, obwohl die Leistungsfähigkeit und die Lebensdauer des Eurofighter deutlich höher sind.
STANDARD: Wenn er aber von der jetzigen Parlamentsmehrheit nicht gewünscht wird, müsste man doch aussteigen.
Platter: Das wäre ein ökonomischer Schildbürgerstreich. Ich habe zu den Kosten aufgrund des Entschließungsantrags Informationen eingeholt ...
STANDARD: ...beim Hersteller, der Eigeninteresse hat.
Platter: Wo sonst? Der Hersteller muss einmal eine grobe Beurteilung machen, was er in Rechnung stellen würde – und das heißt: 1,2 Milliarden Euro für nichts. Wenn wir aussteigen und eine andere Lösung suchen, werden die Geräte nicht billiger, das kostet den Steuerzahler mehr.
STANDARD: Der Vertrag scheint so konstruiert zu sein, dass man nur mit hohen Kosten aussteigen kann. Hätte man den nicht kundenfreundlicher abfassen können?
Platter: Der Vertrag wurde ja nicht mit dem Ziel geschlossen, dass er aufgelöst wird. Der Vertrag wurde mit dem Ziel geschlossen, dass wir verlässlich die Flugzeuge bekommen und den Eurofighter zur Verfügung haben. Da ist es doch absurd, Formulierungen zu suchen, die eine Auflösung des Vertrags erleichtern – so etwas erhöht, wie jeder weiß, den Preis enorm: Wenn Sie eine Lebensversicherung abschließen, schließen Sie die auf 30 Jahre ab, und Sie wissen genau, dass sie nur mit enormen Verlusten den Vertrag vorzeitig auflösen können ... (DER STANDARD, Printausgabe, 10.11.2006)