BOBO
Astronaut
Lorant/ Goyat
Eagle Editon Ltd. USA 2005
Jagdgeschwader 300 „Wilde Sau“
(Vol. I: Juni 1943 – September 1944), 75 $, englischer Text, ca. 200 Bilder
Nach 25 Jahren Vorankündigung hat der französische Luftfahrthistoriker Y.E. Lorant endlich seine Drohung wahr gemacht. Damals - als Bildersammler durch Deutschland tingelnd - besuchte er eine ganze Reihe ehemaliger Flugzeugführer und deren Angehörige, immer mit dem Versprechen auf den Lippen, das Andenken und Wirken in einem Buch über diese Flieger zu würdigen. Nachdem dann jahrelang nichts passierte, ab und zu ein Artikel in französischen, englischen und deutschen Fachjournalen zu sehen waren, gab es ziemlichen Unmut und auch Wut unter den ehemaligen Fliegern. Einer nach dem anderen starb und somit verschwanden viele originale Bilder und Dokumente in den Archiven von Lorant und Frappe.
Vor wenigen Tagen nun erhielt ich mit verspäteter Post ein Exemplar, dass ich hier nun genauer unter die Lupe genommen wollte. Der erste Eindruck ist gewaltig: 400 Seiten Kunstdruckpapier sind nicht so schnell durchzusehen, geschweige in Englisch zu lesen (und auch zu verstehen). Also habe ich mir die Bilder, die enorm reichhaltig sind, deren Bildunterschriften und den kurzen Bemerkungen dazu, die Verlustliste, die Tabellen und Farbgrafiken angeschaut, sowie Textpassagen zu einigen wichtigen Fakten.
Nachdem ich vor ca.10 Jahren angefangen hatte, unbewusst in den Fußstapfen von Lorant der Geschichte des JG300 auf den Grund zu gehen, habe auch ich bis heute eine recht unfangreiche Bilder- und Dokumentensammlung zusammengetragen die aus ganz wenigen aber rechtmäßig erworbenen Originalen besteht und zu 95% aus Kopien zweiter, dritter und vierter Ordnung. Viele dieser Bilder, die ich mit entsprechenden Hintergrundwissen zusammengetragen habe, sind im Buch wieder zu finden, aber – teilweise in enttäuschender Qualität – dagegen sind meine Vorlagen besser. Der Grund ist mir nicht bekannt, denn das Verlagshaus Eagle Edition Ltd. ist für seine grafisch hochwertigen Bildwiedergaben bekannt.
Andererseits muss ich eingestehen, nicht erwartet zu haben, dass es noch dermaßen viele auch für mich unbekannte Bilder des JG300 gibt und - vorausschauend auf den zweiten Band - noch geben wird. Bezüglich Umfang, Papier- und Bildqualität ist die gewaltige Menge an Seiten und Bildern für einen Preis von ca. 75€ durchaus gerechtfertigt.
Trotz alle dem ist es mir gelungen, doch noch einige neue Bilder und Erinnerungen ausfindig zu machen, die meine Arbeit an einer deutschen Chronik des JG 300 nicht im Schatten von Lorant/ Goyat stehen lässt.
Aber dieses Buch von Lorant/ Goyat birgt auch einige kleine Mängel in sich, die nur einem Fachmann auffallen - aber für eine nächste Generation an Luftfahrtinteressenten u.U. als „Gesetz“ stehen bleiben. ("Das habe ich doch da und dort gelesen, da waren doch auch noch Garfiken dazu ....")
Alle Farbgrafiken sind sehr beeindruckend, aber leider mit Fehlern behaftet, die sich dann auch in den Bildtexten und Bemerkungen, auch in den dazugehörigen Textpassagen niederschlagen. Die Grafiken leiden ab und zu unter der künstlerischen Freiheit des Grafikers und spiegeln eine entscheidende Unsicherheit bei der Bestimmung und dem Umgang mit historisch verbürgten bzw. beweisbaren Fakten wider. Ich will mal sagen, diese Fakten hätten entweder auf der Website JG300.de oder bei Fachleuten erfragt werden können. Aber hier sind halt die Grenzen des Werkes zu sehen. Bisher sind nur ganz ganz wenige Flugbücher auszugsweise dazu zitiert/ veranschaulicht worden, teilweise stützt man sich auf Quellen, wie die Memoiren von Hajo Herrmann, die z.Bsp. eine Me-109T hervorzaubern, die er im scharfen Einsatz geflogen haben will. Und – plötzlich ist eine Grafik dafür vorhanden, obwohl bereits andere Quellen wissenschaftlich bewiesen haben, dass diese Erinnerung falsch ist.
Problematisch werden auch künftig die korrekten Angaben zu Flugzeugführern und deren Maschinen sein, ob wirklich weiße, rote, gelbe, grüne, blaue oder schwarze Ziffern auf den Fotos (und damit auch auf den Grafiken) zu sehen sind. Diesbezüglich leidet das Buch unter dieser Unsicherheit, mit Angaben wie I./JG300 anstatt der Staffel, versucht der Autor sich damit aus der Affäre zu ziehen, um sich nicht auf die Farbe der Ziffern festzulegen. Strittig bleiben demnach doch eine ganze Menge Angaben, weil definitiv nicht der Wechsel bzw. die Aufstockung auf 4 Staffeln je Gruppe bzw. 4 Gruppen je Geschwader in der Zeit August – Ende Oktober 1944 voll berücksichtigt wurde. Damit ergaben sich Verschiebungen in den Staffelfarben. Die Personalverlustliste ist dafür ein gutes Mittel zur Prüfung. Obendrein hielten einige Flieger an alten Zöpfen fest und behielten bis zu einer größeren Instandsetzung oder Verlust ihrer Maschine die liebgewordenen Zahlen bei. Die Autoren scheuen sich zuzugeben, dass Lücken in der Bestimmung/ Interpretation vorhanden waren und mutmaßen lieber, als zuzugeben, dass keine gesicherten Angaben nach über 60 Jahren zur Verfügung stehen. Das ist halt typisch für ausländische Historiker. Ehe man Fachleute vor Ort zu Rate zieht, ließ man sich lieber auf Mutmaßungen ein.
Verglichen mit dem bereits erschienenen Werk von Bethke, ist dies ein enooooooooooooormer Qualitätssprung, denn wer mit den kleinen Unzulänglichkeiten umgehen kann, findet in diesem Buch eine reichhaltige Quelle neuer Erkenntnisse, die auch mich etwas aus dem Gleichgewicht brachten.
Das Buch ist eine Bereicherung und kann als heiße Empfehlung ausgesprochen werden.
Eagle Editon Ltd. USA 2005
Jagdgeschwader 300 „Wilde Sau“
(Vol. I: Juni 1943 – September 1944), 75 $, englischer Text, ca. 200 Bilder
Nach 25 Jahren Vorankündigung hat der französische Luftfahrthistoriker Y.E. Lorant endlich seine Drohung wahr gemacht. Damals - als Bildersammler durch Deutschland tingelnd - besuchte er eine ganze Reihe ehemaliger Flugzeugführer und deren Angehörige, immer mit dem Versprechen auf den Lippen, das Andenken und Wirken in einem Buch über diese Flieger zu würdigen. Nachdem dann jahrelang nichts passierte, ab und zu ein Artikel in französischen, englischen und deutschen Fachjournalen zu sehen waren, gab es ziemlichen Unmut und auch Wut unter den ehemaligen Fliegern. Einer nach dem anderen starb und somit verschwanden viele originale Bilder und Dokumente in den Archiven von Lorant und Frappe.
Vor wenigen Tagen nun erhielt ich mit verspäteter Post ein Exemplar, dass ich hier nun genauer unter die Lupe genommen wollte. Der erste Eindruck ist gewaltig: 400 Seiten Kunstdruckpapier sind nicht so schnell durchzusehen, geschweige in Englisch zu lesen (und auch zu verstehen). Also habe ich mir die Bilder, die enorm reichhaltig sind, deren Bildunterschriften und den kurzen Bemerkungen dazu, die Verlustliste, die Tabellen und Farbgrafiken angeschaut, sowie Textpassagen zu einigen wichtigen Fakten.
Nachdem ich vor ca.10 Jahren angefangen hatte, unbewusst in den Fußstapfen von Lorant der Geschichte des JG300 auf den Grund zu gehen, habe auch ich bis heute eine recht unfangreiche Bilder- und Dokumentensammlung zusammengetragen die aus ganz wenigen aber rechtmäßig erworbenen Originalen besteht und zu 95% aus Kopien zweiter, dritter und vierter Ordnung. Viele dieser Bilder, die ich mit entsprechenden Hintergrundwissen zusammengetragen habe, sind im Buch wieder zu finden, aber – teilweise in enttäuschender Qualität – dagegen sind meine Vorlagen besser. Der Grund ist mir nicht bekannt, denn das Verlagshaus Eagle Edition Ltd. ist für seine grafisch hochwertigen Bildwiedergaben bekannt.
Andererseits muss ich eingestehen, nicht erwartet zu haben, dass es noch dermaßen viele auch für mich unbekannte Bilder des JG300 gibt und - vorausschauend auf den zweiten Band - noch geben wird. Bezüglich Umfang, Papier- und Bildqualität ist die gewaltige Menge an Seiten und Bildern für einen Preis von ca. 75€ durchaus gerechtfertigt.
Trotz alle dem ist es mir gelungen, doch noch einige neue Bilder und Erinnerungen ausfindig zu machen, die meine Arbeit an einer deutschen Chronik des JG 300 nicht im Schatten von Lorant/ Goyat stehen lässt.
Aber dieses Buch von Lorant/ Goyat birgt auch einige kleine Mängel in sich, die nur einem Fachmann auffallen - aber für eine nächste Generation an Luftfahrtinteressenten u.U. als „Gesetz“ stehen bleiben. ("Das habe ich doch da und dort gelesen, da waren doch auch noch Garfiken dazu ....")
Alle Farbgrafiken sind sehr beeindruckend, aber leider mit Fehlern behaftet, die sich dann auch in den Bildtexten und Bemerkungen, auch in den dazugehörigen Textpassagen niederschlagen. Die Grafiken leiden ab und zu unter der künstlerischen Freiheit des Grafikers und spiegeln eine entscheidende Unsicherheit bei der Bestimmung und dem Umgang mit historisch verbürgten bzw. beweisbaren Fakten wider. Ich will mal sagen, diese Fakten hätten entweder auf der Website JG300.de oder bei Fachleuten erfragt werden können. Aber hier sind halt die Grenzen des Werkes zu sehen. Bisher sind nur ganz ganz wenige Flugbücher auszugsweise dazu zitiert/ veranschaulicht worden, teilweise stützt man sich auf Quellen, wie die Memoiren von Hajo Herrmann, die z.Bsp. eine Me-109T hervorzaubern, die er im scharfen Einsatz geflogen haben will. Und – plötzlich ist eine Grafik dafür vorhanden, obwohl bereits andere Quellen wissenschaftlich bewiesen haben, dass diese Erinnerung falsch ist.
Problematisch werden auch künftig die korrekten Angaben zu Flugzeugführern und deren Maschinen sein, ob wirklich weiße, rote, gelbe, grüne, blaue oder schwarze Ziffern auf den Fotos (und damit auch auf den Grafiken) zu sehen sind. Diesbezüglich leidet das Buch unter dieser Unsicherheit, mit Angaben wie I./JG300 anstatt der Staffel, versucht der Autor sich damit aus der Affäre zu ziehen, um sich nicht auf die Farbe der Ziffern festzulegen. Strittig bleiben demnach doch eine ganze Menge Angaben, weil definitiv nicht der Wechsel bzw. die Aufstockung auf 4 Staffeln je Gruppe bzw. 4 Gruppen je Geschwader in der Zeit August – Ende Oktober 1944 voll berücksichtigt wurde. Damit ergaben sich Verschiebungen in den Staffelfarben. Die Personalverlustliste ist dafür ein gutes Mittel zur Prüfung. Obendrein hielten einige Flieger an alten Zöpfen fest und behielten bis zu einer größeren Instandsetzung oder Verlust ihrer Maschine die liebgewordenen Zahlen bei. Die Autoren scheuen sich zuzugeben, dass Lücken in der Bestimmung/ Interpretation vorhanden waren und mutmaßen lieber, als zuzugeben, dass keine gesicherten Angaben nach über 60 Jahren zur Verfügung stehen. Das ist halt typisch für ausländische Historiker. Ehe man Fachleute vor Ort zu Rate zieht, ließ man sich lieber auf Mutmaßungen ein.
Verglichen mit dem bereits erschienenen Werk von Bethke, ist dies ein enooooooooooooormer Qualitätssprung, denn wer mit den kleinen Unzulänglichkeiten umgehen kann, findet in diesem Buch eine reichhaltige Quelle neuer Erkenntnisse, die auch mich etwas aus dem Gleichgewicht brachten.
Das Buch ist eine Bereicherung und kann als heiße Empfehlung ausgesprochen werden.
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