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Der verbale Schlagabtausch zwischen Nordkorea und den USA erreicht neue Schärfe.
Am 5. August hat der UN-Sicherheitsrat neue Wirtschaftssanktionen beschlossen. Exportverbote für Kohle, Eisenerz, Blei und Fischereiprodukte dürften Nordkoreas staatliche Einnahmen um etwa ein Drittel schmälern. Grund für die doch überraschende und sogar einstimmig(!) verabschiedete Resolution dürften zunehmend unverhohlene Warnungen der USA sein, dass ohne international abgestimmte Maßnahmen kaum noch eine Alternative zu militärischen Optionen bleibe.
Zumindest kurzfristig dürften die neuen Sanktionen allerdings wirkungslos verpuffen, und verhandeln will Nordkorea erst wenn die “Bedrohung durch die USA vollständig beseitigt” ist (Abzug von US-Truppen aus Südkorea, keine bilateralen südkoreanisch-amerikanischen Manöver mehr, kompletter Verzicht auf Raketenabwehrsysteme). Die eigenen Atomwaffen- und Raketenprogramme seien allerdings nicht verhandelbar, und man sei jederzeit bereit vorbereitet, die USA in nuklearen Erstschlägen zu vernichten.
US-Präsident Trump sieht in diplomatischen Floskeln keinen Sinn mehr. Lautstark erklärte er, jeder nordkoreanische Angriff werde unverzüglich “mit Feuer und Wut” beantwortet. Wie nicht anders zu erwarten, legte Nordkorea verbal nach und kündigte seinerseits eine Demonstration der Fähigkeiten zu einem Angriff (NICHT wie in einigen Medien berichtet einen Angriff) auf die zu den USA gehörende westpazifische Insel Guam an. Operative Planungen zu einem gleichzeitigen Start von vier Mittelstreckenraketen Hwasong-12 (Reichweite 4.500km) seien abgeschlossen; die Aktion solle “ab Mitte August” durchgeführt werden. Alle vier Raketen würden über japanisches Gebiet hinweg in Richtung Guam geschossen; ihr Zielgebiet liege etwa 30-40km vor der US-Insel in internationalen Gewässern. Allerdings ist bislang nur von “abgeschlossener Planung” die Rede, was darauf hindeutet, dass Diktator Kim Jong-un noch kein grünes Licht gegeben hat.
International abgestimmte politische Lösungen sind nicht in Sicht. China hätte wohl die größten Möglichkeiten, Nordkorea zum Einlenken zu bringen, aber die zurzeit von Peking ausgesandten Signale dürften dazu wenig taugen. Unverändert sieht man die Schuld an der Entwicklung ausschließlich im bilateralen Verhältnis der USA zu Nordkorea. Am 10. August schrieb eine staatliche(!) chinesische Zeitung, bei einem nordkoreanischen Angriff auf US-Gebiet werde China neutral bleiben, jeden US-Erstschlag oder auch Versuch zu einem gewaltsamen Regierungswechsel aber stoppen. Diese Haltung dürfte das Regime in Nordkorea in seiner aggressiven Politik nur noch bestärken.
Die US-Regierung hält denn auch an militärische Optionen fest. Natürlich könne jeder Militärschlag katastrophale Konsequenzen haben, nicht zuletzt Bevölkerungszentren in Südkorea und Japan zum potentiellen Ziel nordkoreanischer Vergeltungsschläge machen. Klar sei aber auch, dass man - so wörtlich - „Opfer außerhalb der USA denen im eigenen Land deutlich vorziehe“.
Die US Navy verzichtet zurzeit auf sichtbare Präsenz in der Region um die koreanische Halbinsel; momentan operiert im Westpazifik kein einziger Flugzeugträger. Die permanent in Japan stationierte „Ronald Reagan“ ist nach Abschluss einer dreimonatigen „Indo-Asia-Pacific Patrol“ und Übungen vor Australien am 9. August in ihren Heimatstützpunkt Yokosuka (bei Tokio) zurückgekehrt, bleibt dort aber sicher in kurzfristiger Bereitschaft.
Vor der kalifornischen Küste führt die „Theodore Roosevelt“ Carrier Strike Group mit einem mehrwöchigen „Composite Training Unit Exercise“ (COMPTUEX) ein abschließendes operatives work-up für einen Einsatz durch, der im September beginnen könnte.
Verschiedene Quellen lassen erkennen, dass die USA und Japan sich zumindest vorbereiten, auf den angekündigten nordkoreanischen Raketenstart mit dem Einsatz von see- und landgestützten Raketenabwehrsystemen zu reagieren. In den kommenden Tagen dürften daher Raketenabwehr-fähige Aegis-Kampfeinheiten und zur Zielverfolgung geeignete Schiffe beider Marinen in Seegebieten zwischen der koreanischen Halbinsel und Guam Position beziehen.
Experten hegen allerdings sowohl an der angekündigten nordkoreanischen Raketen-Demonstration als auch am tatsächlichen Einsatz von Raketenabwehrsystemen gehörige Zweifel. Für alle Seiten bestehe ein extrem hohes Risiko von mit katastrophalem Gesichtsverlust verbundenen technischen Fehlschlägen.