Hubschrauber mit gegenläufigen Rotoren

Diskutiere Hubschrauber mit gegenläufigen Rotoren im Hubschrauberforum Forum im Bereich Luftfahrzeuge; Gerade mit dem Koaxialrotor ist es nicht ganz so einfach. Da beide Rotoren übereinander liegen, also gewissermaßen eine Abschattung bringen bzws...
Hirsch

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Gerade mit dem Koaxialrotor ist es nicht ganz so einfach.
Da beide Rotoren übereinander liegen, also gewissermaßen eine Abschattung bringen bzws. den unteren Rotor in etwas ungünstigere Arbeitsbedingungen versetzen, ist faktisch nicht die doppelte effektive Fläche erreichbar.
Ich habe dazu Dank Sealaunchers Hilfe mal ein Essay von Kamow übersetzt. Daraus gehen auch sehr interessante (numerische) Ansichten zur Entwicklung der Ka-50 hervor. In Summe liegt der Auftrieb eines Koaxial-HS gegenüber dem mit einer Tragschraube um 30..40% höher (gleicher Durchmesser der Tragschraube(n)). Siehe hier.
 

Gelöschtes Mitglied 7691

Guest
Hallo nochmal.

eine verdoppelung der Fläche ist definitiv deutlich daneben.
Wie oben schon angedeutet.. was recht brauchbar funktioniert ist die Aufaddition der Rotorblätter (bei Beibehaltung der EINFACHEN Fläche).
Das funktioniert in dem Fall recht gut wo dier Abstand der Rotorebenen vergleichsweise gering ist, da in diesem Fall der vertikale Verlauf des Geschwindigkeitsfeldes von einem Rotor zum anderen nur wenig ändert.
Die Idee dahinter ist, dass am oberen Rotor zwar ein Druchsprung, aber kein merklicher Geschwindigkeitssprung stattfindet (übliche Annahme der Blattelementenmethode), und dass dieser Drucksprung bis zum UNTEREN Rotor hin noch keine so große Änderung um Nachlauffeld bewirkt hat dass man eine erhöhte Induktionswirkung auf den unteren Rotor annehmen müsste.

Auch sollte die Kreisflächenbelastung gering genug sein um die Umfangskomponente des Downwash vernachlässigen zu können, denn der untere Rotor "sieht" strenggenommen im Schwebeflug eine höhere effektive Anströmgeschwindigkeit infolge des Dralls, den der obere Rotor verursacht.

Wenn man also eine funktionierende Ein-Rotoren-Blattelementmethode a la Xrotor zur Verfügung hat kann man den Koax einigermassen brauchbar dadurch simulieren dass man einen Einfachrotor desselben Durchmessers mit der summierten Anzahl der Blätter BEIDER Ebenen eingibt.

Das berechnete Ergebnis der BEM ist in diesem Fall um einige Prozent zu PESSIMISTISCH, der Fehler ist aber nicht gravierend im Vergleich zu den Ungenauigkeiten, die die BEM an sich schon mitbringt.

Die Leistungsberechnung (Antriebsdrehmoment) ist bei dieser Methode leider weniger genau als die Schubberechnung, das kommt aus der Interaktion der Blattspitzenwirbel (besonders bei der Verwendung empirischer oder Free-Wake-Blattspitzenverlustmodellen).



gruß

A.P.
 
grinch

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wahrscheinlich irgendein Flugplatz
Der Leistungsvorteil von Koaxialrotoren gegenüber den weit verbreiteten Hauptrotor/Heckschraube Systemen (bei gleicher Triebwerksleistung und Gewicht) ensteht sowohl durch den 2. Rotor (Vergrößerung der Rotorkreisfläche) als auch durch den Wegfall der Heckschraube. Diese Heckschraube erzeugt ja keinen Auftrieb sondern verbraucht nur gewaltig Triebwerksleistung. Üblicherweise ca. 20-30% der verfügbaren Triebwerksleistung gehen nur für den Drehmomentausgleich drauf. Besonders die Fenestronvarianten (Dauphin, EC 135) haben einen sehr schlechten Wirkungsgrad. Der Wirkungsgrad eines Koaxialrotors beträgt etwa das 1,5 bis 1,6 fache eines in Kreisfläche vergleichbaren Einzelrotors. Der theoretische Doppelwert (2 Rotoren) kann nicht entstehen, da insbesondere der untere Rotor sehr stark von den am oberen Rotor entstehenden Strömungen beeinflusst wird. Wie stark er beeinflusst wird hängt besonders vom Abstand zwischen Ober- und Unterrotor ab. Hier gibt es aber konstruktiv und materialtechnisch (Blattbiegung) starke Einschränkungen.

Von der Gesamt-Leistungsbilanz ist daher das Doppelrotorsystem wie am Chinook verwendet das günstigste (ca. 1,8).

Negativ zur "Hebeleistung" bei Doppelrotoren/Koaxialrotor macht sich aber auch das wesentlich höhere Systemgewicht bemerkbar, da in Punkto Getriebe, Kraftübertragung, Steuerung und Hdyraulik wesentlich mehr, größere und schwerere Bauteile benötigt werden. Ein sehr großes Problem sind weiterhin das wesentlich höhere Vibrationsniveau und die Steuerung des Hubschrauber bei Doppel/Koaxialrotor.
 
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TheBurgman

TheBurgman

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Vieln Dank zunächst erstmal...

werde mich ab dem Wochenende dann damit näher beschäftigen. Anbei noch eine nette Seite über Hubschrauber, wie ich finde.

www.stefan.wachsmuth.com

bis dato schöne grüße
TheBurgman
 
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SeaTiger

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KoaxRotor - Drehung um Hochachse

Hallo

Dreht man einen Helicopter mit Koxialrotor (beispielsweise vom Type Kamov) dadurch um die Hochachse, indem man einen unterschiedlichen kollektiven Pitch auf beide Rotorköpfe bringt? Das Gesamtmoment ist dann nicht mehr Null, sondern je nach Situation führt es zu einer Rechts bzw Linksdrehung um die Hochachse. Daraus folgt aber auch, dass das Moment je nach Last (Rotorpitch) unterschiedlich stark ist. Bei gleichen Pedalausschlag müsste die Drehung bei vollem kollektiven Pitch schneller vonstatten gehen, als bei nur beispielsweise 50% Pitch?

Funktioniert dies bei einem Tandemrotor-Heli (Chinook,SeaKnight) genauso?

Dann noch eine allgemeine Frage zum Koxialrotor:
Ist der Anstellwinkel beider Rotorköpfe gleich groß, wenn (bzw. damit) das Gesamtmoment Null ist; der Helicopter sich nicht um die Hochachse dreht.
Oder muss der Anstellwinkel des unteren immer etwas grösser sein, damit dieser ein entsprechend gleich grosses Moment im Rotorabwind des oberen Rotors ereicht?
Wenn ja, ist dazu nur eine einfache mechanische Übersetzung zwischen dem Pitch des unteren Rotorkopfes und dem Pitch des oberen nötig, oder muss eine (mehr oder weniger) komplexe Steuerung eingesetzt werden?

Gruss SeaTiger
 
Hirsch

Hirsch

Flieger-Ass
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Wie Du schon richtig schreibst, ist im Geradeausflug die Summe der Rückdrehmomente des oberen und des unteren Rotors 0, damit dreht die Maschine nicht. Für eine Drehung wird auf die Rotoren ein unterschiedliches Drehmoment gebracht, indem der Einstellwinkel (=Pitch) des einen erhöht, der des anderen vermindert wird. So bleibt die Summe des Auftriebes konstant, aber das Drehmoment dreht halt die Maschine um die Hochachse - ohne die ganzen Nachteile eines Heckrotors.

Die Strömungsverhältnisse des unteren Rotors liegen erheblich anders als die des oberen, da der Abstrom des oberen den unteren eben beeinflusst. Wenn ich mal Zeit habe, werde ich das russische Buch "Aerodynamik der KA-26" übersetzen (welches mir freundlicherweise Ka-26-Freund besorgt hat :) ). Da steht drin, dass man bei den Geschwindigkeiten des Vorstromes (also "ganz oben") und des Abstromes (jeweils zwischen den Rotoren und "ganz unten") von einem Verhältnis 1:2:4 ausgeht. Die Ausgangsbedingungen für den unteren Rotor liegen also in einer doppelt so schnellen Anströmung von oben, was dessen Anstellwinkel bei gleichem Einstellwinkel erheblich verringert und so zu einem ungenügenden Auftrieb führt. In der Praxis werden die unteren Tragschraubenblätter von vornherein höher angestellt, bei der Ka-26 hatte ich (so glaube ich) von 2° gelesen.

Prinzipiell sind die beiden Schrägsteller-Aufbauten oben und unten gleich. Beide werden über ein Differential verkoppelt, also vereinfacht gesagt über eine Wippe. Wenn ich die gesamte Aufhängung der Wippe hebe, verändert sich die Lage der an beiden Enden angeschlossenen Apparate zueinander nicht (das sind der obere Schrägsteller an der einen bzw. der untere SS an der anderen Seite) - das Verhältnis der Einstellwinkel bleibt gleich (wenn keine Drehung um die Hochachse - 0), es wird nur der Gesamtauftrieb erhöht und die Maschine steigt. Bei einem Tritt in die Pedale verändere ich die Lage der Wippe, also das eine Ende steigt gegenüber dem anderen, so dass die eine Tragschraube den Einstellwinkel vergrößert und die andere vermindert.

Es gab mal eine prima Grafik auf Sealaunchers Seite. Leider hat er jedoch im Moment genug andere Sorgen und seine Seite ist nicht mehr erreichbar. Dummerweise hab' ich sie mir auch nicht abgespeichert... Jedenfalls ist die gesamte Konstruktion ein mächtig komplexes Ding und mechanisch nicht zu unterschätzen.

Bei der Chinook dürfte die Drehung etwas anders funktionieren (so wie bei allen HS mit nicht-koaxialen Rotoren). Das hatten wir im Forum schon mal diskutiert, siehe den im letzten Beitrag genannten Link. Bei diesem HS dürfte die Drehung erreicht werden, indem der hintere Rotor über den Schrägsteller ein die eine seitliche Richtung geneigt wird, der vordere in die andere Richtung. Prinzipiell bedingt das aber eine notwendige Leistungserhöhung bei der Drehung, denn durch die Auftriebsvektorneigung verringert sich der vertikale Anteil etwas, und der Hubschrauber müsste sinken. Über die praktische Größenordnung weiß ich allerdings nichts.

Deine Vermutung, dass bei Koaxial-Systemen die Drehung bei vollem Pitch bei gleichem Pedalausschlag schneller gehen müsste, ist wahrscheinlich grundsätzlich richtig. Das Verhältnis der beiden Drehmomente bleibt gleich, aber die absolute Differenz in Nm gemessen ist größer. Also wird die Maschine in eine schnellere Drehung versetzt (beschleunigt). Aber praktisch muss man sowieso alles im gewünschten Rahmen betätigen. Die Grenzen sind zwar beim Koaxial-System viiiel weiter gesteckt als bei einem Heckschraubensystem, aber es muss alles fliegerisch beherrschbar sein.
 
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