Militärflugplatz Elstal

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Heute ein Artikel in der Märkischen Allgemeinen vom 10./11.04.2021

Vom Zentrum der deutschen Fliegerei zum vergessenen Feld bei Elstal
Die MAZ-Serie „Historisches Havelland“ lüftet die Geheimnisse von alten Bauwerken und historischen Standorten vor der eigenen Haustür – heute: der ehemalige Militärflugplatz Döberitz in Elstal
Von Max Braun


Elstal. Gleich hinter Karls Erlebnis-Dorf finden sich zahlreiche Wanderwege, die allesamt in die Döberitzer Heide führen. Vom Parkplatz aus zeigt sich zunächst ein unspektakuläres Feld von etwa 1000 Metern Länge und 1300 Metern Breite. Anfang des vergangenen Jahrhunderts donnerten hier Jagdflugzeuge des deutschen Kaiserreiches über die Landschaft. Der Flugplatz Döberitz wurde im Frühling 1910 als „Provisorische Fliegerschule Döberitz“ eröffnet und stellte somit den ersten militärischen Flugplatz des Kaiserreiches dar. Bereits am Vorabend des Ersten Weltkrieges entwickelte sich der Flugplatz nicht nur zu einem Ausbildungszentrum für Jagdpiloten, sondern auch zu einem Technologiezentrum, in dem unter anderem einer der ersten Flugsimulatoren der Welt genutzt wurde. Pilot und Beobachter saßen dabei in einem Rumpf, der in einer beweglichen Konstruktion aufgehängt war. So konnte sich der Rumpf nach rechts und links neigen und Flugmanöver imitieren.

Obwohl auf Luftaufnahmen des Geländes schnurgerade Wege auf dem Flugplatz zu sehen sind, starteten die Flugzeuge damals nicht auf geraden Startbahnen, sondern nutzten die gepflasterte Startbahn, die sich einmal fast komplett um den Flugplatz herum bog. Je nach Windverhältnissen wurde eine andere Strecke der somit eiförmigen Startbahn genutzt. Noch heute finden sich unmittelbar auf den Wanderwegen Überreste der doppelt gebrannten Ziegel, auf denen einst die Jagdpiloten mit ihren Propellermaschinen abhoben.

„Viele historische Überbleibsel werden einfach übersehen“, erklärt Johannes Westerkamp, der seit knapp zehn Jahren touristische Führungen unter anderem im Havelland anbietet. „Mit meinen Touren möchte ich gerade das militärgeschichtliche Geschehen wieder ins Gedächtnis holen, das bei vielen im geschichtlichen Wissen vernachlässigt wird“, fügt der 60-Jährige mit Blick auf die steinernen Überreste im Boden hinzu. Neben solchen unscheinbaren Hinweisen auf die Militärgeschichte des Geländes gibt es allerdings noch drei auffällige Kolosse aus Stahlbeton, die an das Trainings- und Technologiezentrum von einst erinnern. Nur wenige hundert Meter neben dem ehemaligen Flugfeld liegen die gut zehn Meter hohen, sogenannten Justierschießanlagen, bei denen die Maschinengewehre der Jagdflugzeuge vor dem Start auf ihre Zielgenauigkeit getestet wurden. Die Zielscheiben wurden vor der großen Öffnung der Gebäude platziert und die massive Konstruktion aus Beton und Stahl diente als Kugelfang.

Die Spuren dieser Aufgabe sind noch heute eindeutig an den Wänden zu erkennen. An den Justierschießanlagen befindet sich darüber hinaus ein Grabensystem, das wohl die Mechaniker und Arbeiter nutzten, um vor Kugeln und Splittern geschützt die Anlage zu durchqueren.

Auf der anderen Seite der B 5, auf der später auch das olympische Dorf entstand, baute man die Kasernen der Soldaten, einschließlich des sogenannten Fliegercasinos, das als Freizeittreffpunkt für die Soldaten fungierte.

Im Jahr 1930 wurde die sogenannte „Reklamestaffel Mitteldeutschland“ an den Flugplatz Döberitz verlegt. Im Rahmen des Luftsportverbandes bildeten die Deutschen damals heimlich neue Kampfpiloten aus, was ihnen nach dem verlorenen Weltkrieg eigentlich verboten war. Offiziell wurden die Piloten ausgebildet, um mit ihren Maschinen Werbebanner, also Reklame durch die Luft zu fliegen.

Der Flugplatz Döberitz sollte im weiteren Verlauf eine Keimzelle für die Luftwaffe des Dritten Reiches werden. Dabei wählten die damaligen Verantwortlichen um Hermann Göring als Oberbefehlshaber der Luftwaffe den Döberitzer Flugplatz nicht ohne Grund aus. Im Ersten Weltkrieg waren hier bekannte Kampfpiloten stationiert. Aus diesem Grund benannte man die Kaserne der Soldaten auf der anderen Seite der B 5 nach dem verstorbenen Piloten und Kommandeur Manfred von Richthofen.

Ab 1931 entstehen auf dem Flugplatz Döberitz drei Hangars, die der Form eines Flugzeugflügels nachempfunden sind, eine im Boden eingelassene Betankungsanlage sowie einen Tower zur Flugkontrolle. Als der Flugplatz im März 1935 fertig ausgebaut war, inspizierten Hitler und Göring noch am Tag der Fertigstellung den Flugplatz und die umliegenden Gebäude. Bereits kurz nach seiner Fertigstellung zählte der Flugplatz Döberitz zu einem der wichtigsten Stützpunkte der deutschen Luftwaffe und beherbergte etwa 130 Jagdpiloten.

Zum Ende des Zweiten Weltkrieges nahm die Sowjetische Armee das kaum zerstörte Gelände kampflos in Besitz. Obwohl das Areal den Alliierten als militärischer Standort bekannt war, war es nie massiv bombardiert worden. Die Sowjets konnten dem Flugplatz, im Gegensatz zur Döberitzer Heide, als Übungsgelände offensichtlich wenig abgewinnen und legten ihn 1960 still.

Tatsächlich sind heute von den Hangars und dem Tower nichts außer Fundamentrückstände zu erkennen. Die drei flügelförmigen Hallen wurden um die Jahrtausendwende abgerissen. Seitdem sind die drei massiven Justierschießanlagen die letzten auffälligen Bauten, die an die Flugplatzgeschichte in Elstal erinnern.
 
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Da gibt es auch etwas als Buch zum Thema:

Biermann, Kai; Cielewicz, Erhard: Flugplatz Döberitz: Geburtsort der militärischen Luftfahrt in Deutschland.
Ch. Links, Berlin, 2005.

ISBN-10: 3861533715
ISBN-13: 978-3861533719
 
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Behandelt wird der Flugplatz Döberitz auch bei Nauroth "Jagdgeschwader 2 »Richthofen« - Eine Bildchronik" aus dem Motorbuchverlag (1999).
Es gibt dort auch zahlreicher Bilder.

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