Hier ein detaillierter Artikel zu den Auswirkungen der voraussichtlichen Verstaatlichung und Entschädigungen für ausländische Unternehmen. Zumindest deutsche Unternehmen haben demnach aufgrund eines Vertrags mit Russland einen klaren rechtlichen Anspruch auf volle Entschädigung - werden diese aber in der Praxis vor einem internationalen Gericht einklagen müssen, da sich Russland erfahrungsgemäß nicht daran hält. Nach Verstaatlichungen auf der Krim gab es schon entsprechende Verfahren. Es läuft am Ende auf Pfändung von russischen Auslandsvermögen hinaus - wobei nun die Frage ist, ob die bestehenden pfändbaren russischen Auslandsvermögen den Wert der verstaatlichten Werte decken werden. Zu solchen Verfahren dürften es dann zu unterschiedlichen Werten (Unternehmen, Flugzeugen, ...) kommen.
Russland droht auch deutschen Unternehmen mit Verstaatlichung. Dagegen können sie sich vor Schiedsgerichten zur Wehr setzen. Ein Gastbeitrag.
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Enteignungen würden das Vertrauen ausländischer Investoren in den Standort Russland zerstören. Sie wären aber keine Überraschung. In den Neunzigerjahren sind die heutigen Oligarchen durch ähnliche Verkäufe von Staatseigentum reich geworden. Wie man mit unliebsamen Unternehmen umgeht, hat der Yukos-Fall gezeigt, bei dem über fingierte Steuerforderungen die Yukos-Gruppe in die Insolvenz getrieben und dann zu einem Schnäppchenpreis aufgekauft wurde. Es wäre daher durchaus möglich, dass die russische Regierung die Gelegenheit nutzen wird, um weite Teile der Wirtschaft unter russische Kontrolle zu bekommen.
Deutsche Unternehmen stehen diesen Maßnahmen jedoch keineswegs schutzlos gegenüber. Der deutsch-russische Investitionsschutzvertrag von 1989 schützt deutsche Kapitalanlagen in Russland und schreibt insbesondere das Recht vor, Kapital und Gewinne frei zu transferieren und bei Enteignungen mit dem vollen Wert entschädigt zu werden. Ähnliche Verträge gibt es zwischen Russland und vielen europäischen Staaten.
Was nützt das deutschen Unternehmen? Sie können, wenn Russland nicht freiwillig eine Entschädigung zahlen sollte, eine Klage vor einem internationalen Schiedsgericht erheben. Inwieweit eine Währungskrise staatliche Maßnahmen rechtfertigen kann, ist Anfang des Jahrtausends im Kontext der argentinischen Währungskrise von Schiedsgerichten geklärt worden.
Diese Investitionsschiedsverfahren sind grundsätzlich effizient und können auch stattfinden, wenn Russland sich am Verfahren nicht beteiligt. Das haben Schiedsverfahren gegen Russland infolge von Enteignungen auf der annektierten Krim gezeigt. Selbstverständlich würde Russland, zumindest unter der aktuellen Regierung, einen solchen Schiedsspruch niemals freiwillig erfüllen. Das hat Russland in der Vergangenheit nicht getan, und es gibt keinen Grund, wieso dies jetzt anders sein sollte.
Ein Schiedsspruch wäre aber in den 169 Vertragsstaaten der New Yorker Konvention über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen vollstreckbar. Das ist nicht nur etwas für Großunternehmen, da heutzutage Schiedssprüche auch an spezialisierte Fonds verkauft werden können, und es kann letztlich auch gegen Russland zum Erfolg führen.
Bestes Beispiel dafür ist die Klage von Franz Sedelmayer gegen Russland, die jedem deutschen Unternehmen Mut machen sollte. Der deutsche Geschäftsmann baute in den Neunzigerjahren, als Wladimir Putin Bürgermeister der Stadt war, in Sankt Petersburg ein Unternehmen der Sicherheitstechnik auf. 1994 wurde sein Unternehmen verstaatlicht und ihm eine Entschädigung verweigert. Franz Sedelmayer erstritt dann 1998 einen Schiedsspruch zu seinen Gunsten. Obwohl sich Russland nach Kräften gegen die Vollstreckung wehrte, konnte der deutsche Unternehmer schließlich gegen den russischen Staat erfolgreich vollstrecken.